Vielen Menschen dürfte das Jahr 1999 vor allem als das Ende des zweiten Jahrtausends und einer damit einhergehenden Angst vor dem Millenium-Bug in Erinnerung geblieben sein. Während das befürchtete Chaos ausblieb, gingen zahlreiche andere sportliche, kulturelle und politische Ereignisse in die Geschichte ein: Steffi Graf beendete ihre Tenniskarriere, Günther Jauch moderierte erstmalig "Wer wird Millionär?" und die CDU hatte mit einer Spendenaffäre zu kämpfen. Durchaus als historisch kann auch eine Entscheidung der Deutschen Börse eingeordnet werden. Diese führte am 21. Juni 1999 den SDAX ein. Zwei Monate zuvor hatten die Frankfurter bereits den Startschuss für SMAX, ein Qualitätssegment für Small Caps, gegeben.

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Im Schatten des Neuen Marktes

Sonderlich groß war die Aufmerksamkeit für die neue Plattform und den dazu gehörigen Index zunächst nicht. Schließlich stürzte sich zu dieser Zeit alle Welt auf den voll in der Blüte stehenden Neuen Markt. Die deutsche Wachstumsbörse hatte gerade das 100. Unternehmen begrüßt. Keine zwei Wochen nach dem SDAX erschien der Nemax 50 auf der Kurstafel. Konservative und grundsolide Mittelständler blieben dabei häufig links liegen.

Was sich im Nachhinein als ein großer Fehler entpuppte: Während der Neue Markt längst Geschichte ist, präsentiert sich der SDAX zu seinem 15. Geburtstag stark wie nie. Nicht nur, dass die Small- Cap-Auswahl seit Monaten eine Bestmarke nach der anderen setzt. Der Index überzeugt auch im langfristigen Bild.

Am Tag seiner Einführung ging der SDAX mit einem Stand von 2851 Punkten aus dem Handel. Knapp 15 Jahre später notiert er bei rund 7500 Zählern. Daraus errechnet sich eine Performance von mehr als 160 Prozent. Trotz einiger Rückschläge liegt das durchschnittliche Plus pro Jahr bei stattlichen 6,7 Prozent. Damit haben die vermeintlichen Zwerge des deutschen Aktienmarktes gegenüber den Schwergewichten im DAX klar die Nase vorne. Im Vergleichszeitraum bringt es der Leitindex auf eine annualisierte Rendite von 4,2 Prozent.

Diese enorme Outperformance kommt nicht von ungefähr. Seit jeher finden sich im SDAX Unternehmen, die in der Nische und relativ unabhängig von der weltwirtschaftlichen Großwetterlage gedeihen. Zunächst setzte sich die Benchmark aus 100 in den unterschiedlichsten Branchen tätigen Gesellschaften zusammen. Dazu zählten der Erotikhändler Beate Uhse genauso wie der Gartengerätespezialist Gardena oder der Autozulieferer Schuler.

Immerhin zwölf Titel aus der Startaufstellung sind noch heute im SDAX. Wobei Koenig & Bauer zwei Tage nach dem 15. Geburtstag absteigt. Mit der Deutschen Beteiligungs AG war lediglich ein Unternehmen seit der Indexeinführung ohne Unterbrechung dabei. "Die Mitgliedschaft ist ein Qualitätssiegel", freut sich Finanzvorstand Susanne Zeidler. Vor allem bei Investorengesprächen im Ausland bekomme sie das immer wieder zu spüren. "Vielfach ist die Zugehörigkeit zum SDAX eine Voraussetzung, damit Fondsmanager überhaupt den Kauf unserer Aktie erwägen", ergänzt die Topmanagerin der Private-Equity-Firma. Das Alleinstellungsmerkmal als Dauermitglied dürfte dabei nur den wenigsten bewusst sein.

Derweil sind einige Gesellschaften der ersten Stunde ganz von der Bildfläche verschwunden (siehe: 15 bewegte Jahre SDAX: Kontinuität, Übernahmen und spektakuläre Pleiten). Andere fielen aus dem Index oder stiegen auf. Beispiel Salzgitter: Von Ende 2008 bis Mitte 2010 zählte diese Aktie sogar zum DAX. Heute ist der Stahlkonzern im MDAX zu finden und trifft dort mit Fuchs Petrolub, Gerry Weber und Leoni auf drei weitere Gründungsmitglieder der Small-Cap-Auswahl.

Für den bisher größten Einschnitt sorgte die Deutsche Börse selbst. Im Juni 2002 halbierte sie die Zahl der SDAX-Mitglieder auf 50. Als eine Konsequenz aus dem Debakel am Neuen Markt erfolgte ein Jahr später die große Indexreform. Seither sind Technologietitel im TecDAX angesiedelt, klassische Branchen in MDAX und SDAX. Im DAX kommen die 30 größten Vertreter beider Gruppen zusammen.

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Der erste Run auf SDAX-Aktien

Zu dieser Zeit startete der SDAX seine erste große Aufwärtsbewegung. Bis Mitte 2007 vervierfachte sich der Index knapp, ehe er in den Abwärtssog der internationalen Immobilien- und Finanzkrise geriet. Mit dem jüngsten Höhenflug hat die Benchmark ihre bisher heftigste Korrektur mehr als wettgemacht.

"Der SDAX hat seinen Platz als öffentliches und in Investorenkreisen beachtetes Sammelbecken der größeren Kleinen unterhalb des MDAX gefunden", meint Peter Conzatti, Fondsmanager bei Lupus Alpha. Tagtäglich beschäftigt sich auch Roger Peeters vom Analysehaus Close Brothers Seydler mit der 50er-Auswahl. "Wir covern derzeit knapp die Hälfte der enthaltenen Werte, Tendenz steigend", sagt der Researchspezialist. Zum Jubiläum würde er sich eine deutliche Aufstockung des SDAX auf bis zu 200 Mitglieder wünschen: "Dies würde ihm in der Abgrenzung zu DAX, MDAX und TecDAX eine individuelle Note geben und für eine noch bessere Abbildung der deutschen Wirtschaft sorgen."

Sonderlich wahrscheinlich ist ein solcher Schritt allerdings nicht. Denn eine Ausweitung würde dafür sorgen, dass viele deutlich kleinere Werte in den Gradmesser einzögen. Was wiederum zulasten der Liquidität gehen und eine Abbildung des SDAX, beispielsweise durch passive Fonds, deutlich erschweren könnte. Schon jetzt liegt die durchschnittliche Marktkapitalisierung der frei handelbaren Aktien bei weniger als 400 Millionen Euro.

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Unsere Favoriten

Einzig CTS Eventim kommt beim Freefloat annähernd an die Marke von einer Milliarde Euro heran. Das heutige Indexschwergewicht zog vor gut zehn Jahren in den SDAX ein und ersetzte damals die Holsten-Brauerei. "Die Aufnahme war für unseren Konzern sehr wichtig und hat die Wahrnehmung in der Finanz-Community deutlich verstärkt", sagt Vorstandschef Klaus-Peter Schulenberg im Rückblick.

Für den Index selbst war und ist der Tickethändler und Konzertveranstalter eine enorme Bereicherung. Schließlich schreibt CTS Eventim seit Jahren eine der großen Wachstumsstorys des deutschen Aktienmarktes. Das Erfolgsrezept aus steigenden Online-Umsätzen, internationaler Expansion und gezielten Zukäufen hat dabei nichts an Wirkung eingebüßt. Im ersten Quartal 2014 verbuchte CTS Eventim bei Umsatz und Ergebnis einmal mehr prozentual zweistellige Steigerungsraten. Daher zählt die Aktie wie schon vor zehn Jahren zu unseren Top-Favoriten im SDAX.

Zum Kauf raten wir auch bei Grammer, ein weiterer Highflyer des Index. Der Autozulieferer gehörte zu den ersten 100 Mitgliedern, verschwand jedoch Ende 2001 für knapp vier Jahre aus dem Index. Obwohl die Aktie einen steilen Aufwärtstrend zeichnet, zählt sie mit einem 2015er-KGV von gut elf zu den günstigsten SDAX-Werten. Als Spezialist für Sitze und Innenausstattung profitiert Grammer momentan von der Erholung am europäischen Fahrzeugmarkt. Analysten trauen den Bayern im laufenden Jahr ein Gewinnplus von mehr als einem Viertel zu. 2015 soll der Profit abermals wachsen.

Examplarisch für die Qualitäten des Geburtstagskindes steht auch Sixt. Seit März 2003 zählt der Autovermieter zum SDAX. Damals hatte das Unternehmen gerade eine schwierige Phase durchlebt. Der Zusammenbruch des Gebrauchtwagenmarkts und zunehmender Konkurrenzdruck zwangen den Autovermieter zu einer Neuausrichtung. Die Transformation zum international agierenden Mobilitätsdienstleister ist voll aufgegangen - der Small Cap notiert auf Allzeithoch. Vier Tage nach dem SDAX-Jubiläum feiert Vorstandschef Erich Sixt 70. Geburtstag. Doch der Wachstumshunger ist noch längst nicht gestillt. Gerade arbeitet er an der Expansion in die USA. Man kann dem SDAX nur wünschen, dass Sixt seinen bis 2016 laufenden Vertrag erfüllt - so bleibt dem Index einer seiner prägendsten Köpfe erhalten.