Langfristig ausgerichtete Investoren wie der Energietechnikkonzern Danfoss müssen manchmal großes Vertrauen beweisen. Bereits im Februar 2014 engagierten sich die Dänen zu knapp 44 Euro bei SMA Solar. Zwischen Frühjahr 2014 und Februar dieses Jahres sackte der Kurs um rund 80 Prozent ab, kurzzeitig drohte der Absturz in einstellige Kursregionen. Erst mit der Ankündigung von massiven Kosteneinsparungen kam es zu einer Stabilisierung.

Ende Januar verkündete SMA Solar die umfangreichste Personalanpassung in der Geschichte des Unternehmens, konzernweit wurden 1600 der knapp 4700 Arbeitsplätze abgebaut und damit 1000 Stellen mehr als zuvor erwartet. Ein erster Schritt, der an der Börse Mitte Mai mit dem Sprung über den mittelfristigen Abwärtstrend gefeiert wurde.

Als Befreiungsschlag ist aber erst die Anfang Juni verkündete Kooperation mit Siemens zu sehen. Über den gemeinsamen Vertriebsauftritt soll künftig das Geschäft mit Photovoltaik-Großanlagen spürbar anziehen. Im Niedrigpreissegment ist das Unternehmen aus Niestetal bei Kassel mit der Zweitmarke Zeversolar vertreten und kann so auch der Billigkonkurrenz aus Asien besser Paroli bieten.

Die eingeleiteten Maßnahmen scheinen inzwischen zu greifen. Bereits Anfang Juli nahm Konzern-Chef Pierre-Pascal Urbon die Prognose für das laufende Jahr nach oben. "Durch unsere erfolgreiche Internationalisierung und die Einführung neuer Produktlösungen konnten wir vom internationalen Marktwachstum profitieren und unseren Marktanteil ausbauen. Die konsequente Umsetzung der Maßnahmen zur Unternehmenstransformation sowie die strategischen Allianzen mit Danfoss und Siemens werden unsere Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich erhöhen."

Ähnlich optimistische Töne waren schon lange nicht mehr von SMA Solar zu hören. In der Spitze legten die Papiere ausgehend vom Jahrestief um rund 250 Prozent zu.

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Klare Regel für unten und oben



Inzwischen gibt es die Aktien wieder für gut 30 Euro. Solange der Kurs nicht mehr als die Hälfte der vorherigen Rally wieder abgibt und das Niveau von mindestens 20 Euro behauptet, bleiben die technischen Aussichten gut. Erstmals seit Frühjahr 2014 zeigt auch wieder die vor allem bei langfristigen Investoren stark beachtete 200-Tage-Linie nach oben, ein gutes Zeichen. Auf der Oberseite ist im Kursbild am Jahreshoch um 37 Euro mit Gewinnmitnahmen zu rechnen. Sollte das Angebot kompensiert sein, reicht die Luft bis 50 Euro.



Trader achten zudem auf die Differenz der Aktie zur 21-Tage-Linie. In den vergangenen zwei Jahren bildete sich sehr häufig ein temporärer Tiefpunkt ab einem negativen Abstand von 20 Prozent. Auf der Oberseite entfernte sich der TecDAX-Wert ebenfalls nur in Ausnahmesituationen um mehr als 20 Prozent von seinem Monatsmittelwert. Häufig kam es anschließend zu Rückschlägen, wobei diese deutlich geringer ausfielen, wenn der Trend wie seit dem Frühjahr wieder aufwärts zeigte.

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Erneute Prognoseanpassung in Sicht



Technisch gesehen könnte die Rally weitergehen, aber wären höhere Kurse auch fundamental gerechtfertigt? Immerhin kletterte der Börsenwert ausgehend vom Jahrestief um mehr als 700 Mio. Euro auf zuletzt 1,2 Mrd. Euro. Die Zahlen zum ersten Halbjahr können durchaus überzeugen, vor allem die Nachfrage zieht wieder an. In den ersten sechs Monaten verkaufte SMA Solar-Wechselrichter mit einer Leistung von 3153 MW, ein Anstieg von gut 58 Prozent. Im Vergleich zur gesamten Umsatzentwicklung, die um erfreuliche 26 Prozent auf 429 Mio. Euro zulegte, war der Anstieg somit überdurchschnittlich hoch.

Besonders der konsequente Ausbau der globalen Infrastruktur und Präsenz zahlt sich nun aus, die Abhängigkeit vom Heimatmarkt ist deutlich gesunken. Marktschwankungen in einzelnen Regionen können so leichter ausgeglichen werden, was die Visibilität erhöht und Kursschwankungen verringert. Zum Ende des ersten Halbjahrs lag der Anteil des Auslandsumsatzes bereits bei 87 Prozent, im Vorjahr waren es noch 73 Prozent. Nordamerika, Großbritannien, Japan und Australien sind die wichtigsten Auslandsmärkte. Gestiegener Absatz bei gleichzeitiger Kosten-Reduktion und positive Währungseffekte wirkten sich entsprechend positiv auch auf die nachgelagerten Kennzahlen und Margen aus.

Auch in der Telefonkonferenz zu den Zahlen mit Unternehmens-Chef Urbon waren viele positive Entwicklungen zu hören, die auf einen Bilderbuch-Turnaround hindeuten. Vor allem im kommenden Geschäftsjahr sollten sich die Kosteneinsparungen verstärkt bemerkbar machen. Warburg-Analyst Arash Roshan Zamir rechnet dann mit rund 100 Mio. Euro, verglichen mit 60 Mio. Euro im laufenden Jahr.

Die eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen scheinen somit zu greifen und sind vor allem breit angelegt. Neben dem Personalabbau werden die Wertschöpfungstiefe angepasst, die globale Infrastruktur konsolidiert, Prozesse optimiert, kostengünstigere Komponenten eingesetzt um die Herstellungskosten zu drücken und die Vermarktungsstrategie von Zeversolar angepasst.

Auf der anderen Seite brummt die Nachfrage, erstmals seit 2010 rechnet das Management wieder mit einem Umsatzwachstum. Die Prognose-Spanne wurde von 730 bis 770 Mio. Euro auf 800 bis 850 Mio. Euro nach oben genommen. Rund 80 Prozent des erwarteten Umsatzes sind bereits durch den Umsatz der ersten sechs Monate und den Auftragsbestand gedeckt.

Analyst Zamir unterstellt für Ende Juli einen Auftragsbestand von mindestens 250 Mio. Euro. Dazu kommen 429 Mio. Euro aus den ersten sechs Monaten sowie für Juli unterstellte 70 Mio. Euro Umsatz, was für die ersten zehn Monate auf rund 750 Mio. Euro hinauslaufen würde. Warburg rechnet daher mit Vorlage der Q3-Zahlen am 5. November erneut mit einer Prognose-Erhöhung. Laufen die Geschäfte richtig gut, ist bereits 2015 mit einem ausgeglichenen operativen Ergebnis zu rechnen (Ebit), im schlechtesten Fall wäre ein Verlust von 25 Mio. Euro zu erwarten.

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Für Enttäuschungen ist kein Platz



Als Spezialist bietet der Konzern auch weiterhin für alle attraktiven Solarmärkte, Modultechnologien und Leistungsklassen ganzheitliche Lösungen an und ist nach einer aktuellen Studie von IHS klarer Weltmarktführer. Neben dem Produktgeschäft gewinnt auch der Bereich mit Servicedienstleistungen an Bedeutung, hier wurden zuletzt vielversprechende Aufträge an Land gezogen.

Richtig ist allerdings auch, dass im Kurs inzwischen viele Vorschusslorbeeren enthalten sind. Für das laufende Jahr rechnet Börse Online mit einem Ergebnis je Aktie von minus 0,18 Euro, 2016 dürften dann 0,88 Euro hängen bleiben. Warburg ist hier bereits deutlich optimistischer und erwartet im nächsten Jahr schon 1,78 Euro.

Die unterschiedlichen Prognosen wirken sich entsprechend kräftig auf das KGV aus, mit einem Faktor von 38 wäre die Aktie auf Basis der Schätzungen von Börse Online gut bezahlt, bei Warburg sind es nur 19. Wichtig ist es daher, dass Enttäuschungen ausbleiben und die Nachrichten und Bilanzen den Turnaround bestätigen. Andernfalls werden die mutigen Prognosen des Marktes schnell nach unten angepasst, was mit deutlicheren Verlusten einhergehen würde. Die jüngste Korrektur bietet zumindest die Chance, etwas günstiger in die Rally einzusteigen. Sollten neue Hochs erreicht werden, kann die Position sukzessive ausgebaut werden.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de