Der neue Allianz-Chef Oliver Bäte will Europas größten Versicherer auf Effizienz trimmen. "Wir brauchen mehr Gewinn-Maschinen", forderte der ehemalige McKinsey-Berater am Dienstag in München bei der Vorstellung seiner Pläne für die kommenden drei Jahre. Es war Bätes erster offizieller Auftritt vor Investoren, seit er im Mai das Ruder übernommen hat. "Wir waren mit Underperformern geduldig - zu geduldig", betonte er. Bisher verdienten nur die Tochterfirmen in Deutschland und in Italien sowie der US-Vermögensverwalter Pimco mehr als eine Milliarde Euro im Jahr. Das müsse sich ändern. Vor allem das Geschäft mit Lebens- und Krankenversicherungen, das unter den Dauer-Niedrigzinsen leidet, steht vor einem Umbruch. Die Allianz müsse schneller auf die Umwälzungen in der Branche reagieren, sagte der 50-Jährige. Binnen drei Jahren sollen alle Verträge auch online abschließbar sein. Einen Stellenabbau sieht Bätes Plan nicht vor.

Von dem Umbau sollen auch die Aktionäre profitieren: Bäte will den Gewinn je Aktie in den nächsten drei Jahren im Schnitt um jeweils fünf Prozent steigern. 2018 würde sich das auf mehr als 16 (2014: 13,71) Euro je Aktie summieren - deutlich mehr als Analysten der Allianz bisher zutrauen. Damit stiege auch die Dividende: Der Versicherer schüttet die Hälfte des Gewinns an seine Aktionäre aus. Und wenn Bäte das für Zukäufe reservierte Geld nicht innerhalb von drei Jahren los wird, soll auch dieser Betrag an die Anteilseigner weitergereicht werden. Allein seit Anfang 2014 seien 1,8 Milliarden Euro übriggeblieben, sagte der Manager. Die Börse zeigte sich unbeeindruckt, die Allianz-Aktie gab etwas nach.

Doch Bäte dürfte im Rahmen seiner Pläne aktiver werden, was Übernahmen angeht. "Die Allianz wird entschlossen handeln, um ihr Geschäftsportfolio zu optimieren, Wachstum und Produktivität zu verbessern und weniger rentable Einheiten neu aufzustellen." In Asien bläst Bäte zum Angriff: Zusammen mit dem chinesischen Google-Rivalen Baidu und dem Finanzinvestor Hillhouse will er den Online-Versicherungsmarkt in und um China mit einem Gemeinschaftsunternehmen aufrollen.

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BÄTE TRENNT DIE SPREU VOM WEIZEN



Zugleich will der Nachfolger des langjährigen Allianz-Chefs Michael Diekmann das Portfolio systematisch durchforsten. Verlässliche Ertragsbringer sollen gestärkt und zu Marktführern ausgebaut werden. "Die Allianz ist in vielen Märkten zu klein." Das müsse aber nicht unbedingt Zukäufe bedeuten. Die Allianz wolle weiter "diszipliniert" bleiben. Kleinere, aber profitable Einheiten etwa in Südamerika oder Osteuropa sollen gebündelt und damit effizienter gemacht werden. Nachzügler müssen dagegen mit weniger Kapital auskommen oder sogar damit rechnen, verkauft zu werden. Quersubventionierungen sollen ein Ende haben.

Als größte Baustelle hat Bäte das Lebensversicherungsgeschäft identifiziert, das außerhalb Deutschlands angesichts niedriger Zinsen zu wenig Rendite abwirft. Jede einzelne Leben-Tochter soll bis 2018 eine Eigenkapitalrendite von zehn Prozent oder mehr erwirtschaften. Bisher schafft das nur die deutsche Allianz Leben. Die Sparte steht vor einem Komplettumbau: Policen mit langfristigen Garantien will Bäte weiter zurückdrängen und die Lebensversicherer damit gegen Schwankungen an den Kapitalmärkten immun machen. Damit ließen sich drei Milliarden Euro an Kapital freisetzen. Konzernweit will Bäte die Eigenkapitalrendite damit bei 13 Prozent halten, die sonst zu erodieren drohe. Den Verkauf von Vertragsbeständen im Ausland schloss der neue Allianz-Chef nicht aus. Vor einem Umbruch stünden aber auch Sach-Sparten wie die Autoversicherung.

KUNDEN STATT VERTRÄGE



Im Online-Zeitalter hat die Allianz die Kundenorientierung für sich entdeckt. "Die meiste Zeit unserer 125 Jahre haben wir von Verträgen gesprochen, nicht von Kunden", sagte Bäte. Die 150.000 Mitarbeiter sollen künftig auch daran gemessen werden, wie zufrieden die Kunden mit dem Versicherer sind. Allein davon erhofft sich Bäte fünf Millionen neue Kunden und zusätzlich 6,5 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen. Die Kostenbasis soll mit einer Digitalisierung der Prozesse - vom Vertragsabschluss bis zur Schadenbearbeitung - bis 2018 um eine Milliarde Euro sinken. Das eingesparte Geld soll reinvestiert werden.

Reuters