Allianz-Chef Michael Diekmann übergibt nach zwölf Jahren an der Spitze von Europas größtem Versicherer ein gut bestelltes Haus. "Dem Unternehmen Allianz geht es unter allen Aspekten gut und darauf sind wir stolz", sagte er am Mittwoch auf der Hauptversammlung in der Münchner Olympiahalle vor rund 3000 Aktionären, die ihm langen Applaus zollten. Trotz Problemen bei der US-Fondstochter Pimco konnte sich Diekmann mit einem Gewinnsprung im ersten Quartal verabschieden und legt damit die Latte für seinen Vorstandskollegen und Nachfolger Oliver Bäte hoch. Dieser muss Antworten finden, wo das künftige Wachstum herkommen soll. Denn die dauerhaften Niedrigzinsen fressen sich immer tiefer in das klassische Lebensversicherungsgeschäft.

Beim Aktionärstreffen wollte sich Bäte trotz vieler Fragen noch nicht in die Karten schauen lassen, wie seine strategische Agenda aussieht, die er dem Aufsichtsrat bis zum Jahresende präsentieren muss. Der 50-Jährige - im Vorstand zuletzt verantwortlich für das Versicherungsgeschäft in West- und Südeuropa - sagte, er wolle die erfolgreiche Arbeit fortsetzen, den Kurs aber zunächst intern abstimmen. "Ich liebe München und freue mich auf die Zeit", betonte der frühere McKinsey-Mann, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Köln lebt.

Diekmann will mit 60 Jahren mehr Zeit für die Familie haben, aber mittelfristig als Aufsichtsratschef zurückkehren. Er hat die Allianz relativ geräuschlos durch die Finanzkrise geführt, den Konzern aufgeräumt und den Verlustbringer Dresdner Bank losgeschlagen. "Es war intensiv, aber es hat immer Spaß gemacht", zog er nun Bilanz. Seinem Nachfolger wünsche er viel Erfolg und eine ruhige Hand. Den Aktionären versüßte er den Abschied mit einer Rekorddividende.

Die Allianz-Aktie setzte sich mit einem Plus von fast drei Prozent zeitweise an die Dax-Spitze. Dazu trug auch der gute Jahresauftakt bei: Im ersten Quartal stand ein operatives Ergebnis von 2,9 Milliarden Euro zu Buche - ein Plus von fünf Prozent. Der Überschuss kletterte um elf Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr wird weiter ein Ergebnis von 10,0 bis 10,8 Milliarden Euro angepeilt. Bestenfalls würde der Vorjahreswert also erneut übertroffen. Der vollständige Quartalsbericht soll nächste Woche veröffentlicht werden.

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DAUER-BAUSTELLE PIMCO

Größte Baustelle ist nach wie vor Pimco, denn dem kalifornischen Anleihehaus laufen nach einer Reihe von Querelen und wegen enttäuschender Ergebnisse die Kunden weg. Pimco-Gründer Bill Gross warf im Streit mit der Allianz-Führung im vergangenen September das Handtuch, was die Mittelabflüsse vorübergehend beschleunigte - vor allem beim einstigen Vorzeigefonds Total Return, den er über Jahrzehnte als sogenannter "Bondkönig" persönlich managte. Den Titel als weltgrößter Anleihefonds hat der Total Return vor wenigen Tagen an die Konkurrenz abgeben müssen.

Inzwischen haben sich die Abflüsse zwar abgeschwächt, gestoppt sind sie aber noch nicht. Das dürfte nach Diekmanns Worten das Ergebnis der Vermögensverwaltung auch in diesem Jahr belasten. Grundsätzlich sieht er die Weichen für die Tochter jetzt aber gestellt: "Es ist wichtiger, dass wir die richtige Aufstellung für die Zukunft haben und uns nicht von Einzelpersonen abhängig machen."

Nach Gross' Ausscheiden installierte die Allianz eine breitere Pimco-Führung, die auch Großaktionär Union Investment überzeugt. "Den alten Nimbus wiederzuerlangen, dürfte jedoch schwer werden", sagte Portfoliomanager Ingo Speich. Daniela Bergdolt von der Kleinaktionärsvereinigung DSW kritisierte, auf die vielen negativen Pimco-Schlagzeilen hätte man gut verzichten können. Aber auch im Versicherungsgeschäft stehe die Allianz angesichts der Zinsflaute und des immer stärkeren Drucks zur Digitalisierung vor Herausforderungen: "Ein Einfach-weiter-so wird auch für die Allianz nicht reichen."

Reuters