Belgien rief die höchste Alarmstufe aus, mobilisierte Soldaten sowie zusätzliche Polizisten. Die belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel wurden aus Sicherheitsgründen größtenteils evakuiert.

Deutschland und viele andere Staaten verschärften Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen und Bahnhöfen. Flug- und Bahnverkehr von und nach Brüssel wurden vorübergehend eingestellt, während fieberhaft nach einem Verdächtigen gefahndet wurde. Am Abend fanden Ermittler bei einer Hausdurchsuchung in Brüssel eine IS-Fahne und eine Bombe. Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Barack Obama und andere führende Politiker verurteilten die Angriffe scharf. Merkel sagte, die "Mörder von Brüssel" seien "Terroristen ohne Rücksicht auf die Gebote der Menschlichkeit". Sie seien Feinde aller Werte, für die Europa heute stehe.

Die belgischen Behörden hatten Racheakte nach der Festnahme Salah Abdeslams in Brüssel befürchtet. Der gebürtige Brüsseler soll maßgeblich an der Anschlagsserie in Paris am 13. November beteiligt gewesen sein. 130 Menschen wurden damals getötet, der IS übernahm die Verantwortung. Die belgische Staatsanwaltschaft prüfte, ob eine direkte Verbindung zu den Anschlägen in Brüssel bestand. US-Regierungsvertreter wiesen aber darauf hin, dass die Angriffe aufgrund des erforderlichen Organisationsmaßes wohl schon vorher vorbereitet worden seien.

Der IS erklärte, die "Kreuzritter-Allianz" werde wegen "ihrer Aggressionen" gegen den IS "schwarze Tage" erleben. Belgien beteiligt sich mit Kampfjets an Einsätzen gegen den IS, der in Syrien und im Irak großen Landesteile kontrolliert. Brüssel ist zudem Sitz der EU und des Nato-Hauptquartiers. Obama sagte dem Sender ESPN, die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition werde ihren Einsatz gegen die Miliz fortsetzen.

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SPUREN DER VERWÜSTUNG



Die belgische Polizei veröffentlichte ein Foto einer Überwachungskamera, das einen jungen Mann mit einem Hut und einem Trolley am Flughafen zeigt. Er war mit zwei weiteren Männern unterwegs, die sich nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft in die Luft sprengten. Ein Regierungsvertreter sagte, der gesuchte Verdächtige sei dabei beobachtet worden, wie er aus dem Flughafengebäude gerannt sei. Lokalmedien zufolge wurde in dem Bereich eine nicht detonierte Sprengstoffweste gefunden. Neben einem toten Attentäter fand die Polizei zudem nach einem Bericht des Senders VRT ein Kalaschnikow-Sturmgewehr. Die Behörden teilten mit, eine dritte Bombe sei unschädlich gemacht worden.

Allein in der Abflughalle des Brüsseler Flughafens wurden nach Angaben der Behörden zehn Menschen getötet. 20 Menschen starben, als eine weitere Bombe im morgendlichen Berufsverkehr einen Zug der Metro an der Station Maelbeek zerfetzte. Ganz in der Nähe liegen Einrichtungen der Europäischen Union, die deutsche EU-Vertretung liegt nur rund 100 Meter von der Metro-Station entfernt. Das Auswärtige Amt in Berlin empfahl Deutschen in Brüssel, wachsam zu sein und Menschenansammlungen zu meiden. Es richtete einen Krisenstab ein.

Am Flughafen bot sich ein Bild der Verwüstung. Heruntergefallene Deckenplatten und Scherben geborstener Fensterscheiben bedeckten den Boden, dazwischen Anschlagsopfer und verstreutes Gepäck. Über dem Gebäude standen dunkle Rauchwolken. Ein Augenzeuge sagte, er habe kurz vor den Explosionen Rufe auf Arabisch und Schüsse gehört. Hunderte Passagiere flüchteten durch einen Seitenausgang. Im Innern der Flughafengebäude sei Panik ausgebrochen, sagte Sylwia Czerska, die nach Genf wollte. "Die Leute suchten Deckung in Cafes und wo auch immer sie konnten."

Der Sprengsatz in der Metro explodierte, als der Zug aus der Station Maelbeek Richtung Innenstadt abfuhr. Ein U-Bahnwaggon wurde völlig zerstört. Auf dem Gehweg vor der Metro-Station auf der Rue de la Loi kümmerten sich Sanitäter um die Verletzten. Der gesamte öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Der Flughafen bleibt auch am Mittwoch geschlossen.

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"WIR SIND IM KRIEG"



Belgiens Ministerpräsident Charles Michel sagte, sein Land durchlebe "eine schwarze Zeit". "Was wir befürchtet haben, ist eingetroffen. Unser Land wurde von blindwütigen, brutalen und feigen Angriffen getroffen." Die belgische Polizei und Armee waren aus Furcht vor Racheakten nach der Festnahme Abdeslams in höchster Alarmbereitschaft. "Wir wissen, dass die Ergreifung einer Zelle andere zum Handeln animieren kann", hatte Innenminister Jan Jambon erst am Montag gewarnt.

Politiker in aller Welt verurteilten die Attentate. "Wir sind im Krieg", sagte der französische Ministerpräsident Manuel Valls. Obama rief dazu auf, im Kampf gegen "die Geißel des Terrorismus" zusammenzustehen. Merkel sagte Belgien die volle Unterstützung bei der Suche nach den Tätern zu. "Das Entsetzen ist ebenso grenzenlos wie die Entschlossenheit, den Terrorismus zu besiegen." Den Bürgern in Deutschland versicherte sie: "Alle staatlichen Ebenen in Deutschland arbeiten mit ganzer Kraft dafür, dass trotz der nicht zu leugnenden Bedrohung das Menschenmögliche für die Sicherheit in unserem Land getan wird."

Reuters