Die Analysten bei der Citigroup bleiben mit Blick auf die Aussichten an den europäischen Börsen optimistisch. In der jüngsten Kurskorrektur sehen sie eine Chance für Anleger, sich mit Aktien aus Europa einzudecken.

Ob die Rechnung aufgeht, hänge dabei letztlich entscheidend von der Frage ab, ob eine Rezession im Anmarsch ist oder nicht. Das volkswirtschaftliche Bild gestaltet sich dabei laut den hauseigenen Volkswirten gemischt. Die Verantwortlichen bei den Notenbanken hätten aber bereits deutlich gemacht, dass sie nicht klein beigeben werden. Trotz der Probleme in China und der Grexit-Risiken prognostiziere man aber für 2016 und 2017 eine widerstandsfähige Wirtschaft und keine Rezession. Auch die Unternehmensgewinne und Dividenden je Aktie dürften im genannten Zeitraum etwas zulegen. Bis Ende des kommenden Jahres werden auf der Basis dieser Annahmen Kursgewinne von mehr als 25 Prozent für möglich gehalten.

In der so genannten Citi Focus List Europe, deren Empfehlung seit der Auflage im Mai 2012 auf ein durchschnittliches Plus von fast 50 Prozent kommen, finden sich selbst bei einer Fokussierung auf liquide gehandelte Werte sogar Einzeltitel, denen eine noch deutlich bessere Wertentwicklung zugetraut wird. Auf den nachfolgenden Seiten stellen wir jene fünf Aktien vor, denen bei Vorlage der Studie das größte Potenzial gemessen an erwarteten Kursgewinnen und Dividendenausschüttungen zugebilligt wurde. Die Renditechancen bewegen sich dabei zwischen 49 Prozent und 60 Prozent.



Citigroup-Europa-Favorit Nummer eins: BASF AG (WKN: BASF11, 68,73 Euro)



Beim Kampf um Platz fünf der europäischen Aktien mit dem laut Citigroup größten Performance-Potenzial hat sich der deutsche Chemiekonzern BASF mit der britischen Versicherungsgesellschaft Aviva ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Beiden Titeln wird zugetraut, für die Aktionäre eine Rendite (Kursgewinne plus Dividenden) von 49 Prozent abzuliefern (wobei der Aktienkurs bei Erstellung der Studie und damit bei Festlegung der Performance-Vorgabe 66,50 Euro betrug). Wegen dem Deutschland-Bezug gehen wir an dieser Stelle aber nur etwas näher auf den DAX-Vertreter ein.

Der weltgrößte Chemiekonzern hat seinen Anlegern in den vergangenen Monaten durchaus einige Sorgen bereitet. Von dem noch im April bei 96,72 Euro aufgestellten Rekordhoch hat sich die Notiz jedenfalls merklich nach unten hin abgesetzt. Verantwortlich dafür dürften letztlich die Sorgen um den Zustand der Weltkonjunktur sowie die wirtschaftlichen Aussichten in China gewesen sein. Als wichtige Abnehmerbranche für BASF machen sich aber auch alle Probleme in der Automobilindustrie negativ bemerkbar.

Der Vorstandschef Kurt Bock stellte Ende September bei einem Investorentag zwar auch für die kommenden Jahren Wachstum in Aussicht, wobei er betonte, dass die weltweite Chemieproduktion stärker zulegen dürfte als das Bruttoinlandsprodukt und man bei BASF das Ziel verfolge, den Umsatz leicht schneller zu steigern als die globale Chemieproduktion. Mit dem EBITDA soll es sogar deutlich stärker noch oben gehen als mit der globalen Chemieproduktion. Dem Aktienkurse haben diese Äußerungen allerdings bisher noch nicht zu einer großen Trendwende verholfen.

Verglichen mit dem STOXX Chemicals Index hat der Titel laut Citigroup in den vergangenen zwölf Monaten deutlicher schlechter abgeschnitten. Diesen Performance-Rückstand halten die Analysten nicht für angemessen angesichts der Geschäftsaussichten. Zumal das Unternehmen über größere finanzielle Feuerkraft verfüge, was Spielraum für größere Zukäufe lasse, und auch eine Dividendenrendite von mehr als drei Prozent aufweise.

Die Bewertung gemessen am Unternehmenswert zum EBITDA bewege sich für 2016 mit dem 6,8-fachen leicht unter dem Branchendurchschnitt, obwohl BASF die besten Werte bei der Rendite auf das eingesetzte Kapital verdiene. Das lasse der Notiz Raum für eine Erholung und man geht von einer Annäherung an das Kursziel von 96 Euro aus, das sich auf Basis einer abgezinsten Cash-Flow-Berechnung ergibt.



Citigroup-Europa-Favorit Nummer zwei: Deutsche Post DHL (WKN: 555200, 25,535 Euro)



Mit der Deutschen Post DHL kommt auch der zweite Europa-Favorit der Citigroup aus Deutschland und wie BASF ist auch dieser Wert im DAX enthalten. In diesem Fall steht seit dem April-Hoch in der Spitze ein Kursminus von 25,5 Prozent zu Buche, womit der Titel laut Definition in einen Bärenmarkt abgerutscht ist.

Begleitet wurde der Abschlag von einem Streik (dieser führte zu Streikkosten in dreistelliger Millionenhöhe), einem enttäuschenden Quartalsergebnis, einem gesenkten Geschäftsausblick sowie die Sorgen, eine schwächer als erwartet laufende Weltkonjunktur könnte unter anderem das Frachtgeschäft belasten. Vom Jahrestief konnte sich die Aktie zuletzt aber lösen, was mit Spekulationen um eine Briefportoerhöhung um 13 Prozent ab Anfang 2016 einherging. Positiv zu werten ist auch, dass nach moderat ausgefallenen Tarifab¬schlüssen bis Anfang 2018 bei den Personalkosten Planung¬ssicherheit besteht.

Die Citigroup setzt bei der Deutschen Post auf Erfolg bringende Selbsthilfemaßnahme und verweist auch auf den Rückenwind, der für die betriebenen Geschäfte durch den Aufstieg des E-Commerce und den damit verbundenen Paketsendungen ausgeht. Die Analysten rechnen mit einem Erreichen der Zielvorgaben des Unternehmens für 2016, was in einem freien Cash Flow von mehr als zwei Milliarden Euro resultieren könnte. Angesichts begrenzter Investitionsbedürfnisse und einem fehlenden Appetit auf größere Zukäufe wird auch Spielraum für eine höhere Ausschüttung an die Aktionäre gesehen.

Als Kursziel werden 35 Euro genannt, wobei inklusive der erwarteten Dividendenzahlungen bei einem Ausgangskurs von 23,30 Euro eine potenzielle Gesamtrendite von 54 Prozent ergibt. Beim Gewinn je Aktie werden 1,92 Euro für 2016 prognostiziert, woraus sich ein geschätztes KGV von knapp 13 von errechnet.



Citigroup-Europa-Favorit Nummer eins: Aegon N.V. (WKN: A0JL2Y, 5,302 Euro)



Ebenfalls 54 Prozent lautet bei einem Kursziel von 7,50 Euro die Gesamtrenditeerwartung bei Aegon bei einem unterstellten Ausgangskurs von 5,00 Euro inklusive der prognostizierten Dividendenausschüttung (geschätzte Dividendenrendite für 2015 von fast 4,7 Prozent). Allerdings muss auch hier der Aktienkurs erst wieder richtig in den Vorwärtsgang finden. Denn seit Mitte März ist die Notiz von 7,66 Euro in der Spitze bis auf 4,91 Euro abgerutscht.

Der niederländische Lebensversicherer, der sich mit einem schwierigen Heimatmarkt konfrontiert sieht, hat anlässlich der Ergebnisvorlage für das zweite Quartal zwar die Zwischendividende um einen Cent auf zwölf Cent angehoben, aber ansonsten fiel das Zahlenwerk enttäuschend aus und die Ergebnisse wurden mit einem deutlichen Kursrutsch quittiert. Dabei stieg der Gewinn leicht von 343 Millionen auf 350 Millionen Euro, doch der Analystenkonsens hatte eben mit einem viel deutlicheren Gewinnanstieg auf 540 Millionen Euro gerechnet.

Ebenfalls Beachtung fand die Solvabilitätsquote nach den Solvency-II-Regeln. Hier peilt Aegon eine nunmehr etwas tiefere Spanne von 140 bis 170 Prozent an. In der Mitte dieser Spanne würde sich die Gesellschaft am unteren Rande der Vergleichsgruppe bewegen. Die im zweiten Quartal gesunkene Solvabilitätsquote II wurde am Markt als Bestätigung dafür gewertet, dass der Übergang zur Solvabilität II für die niederländischen Versicherer eine besondere Herausforderung darstelle. Die Citigroup glaubt aber nicht, dass die Solvabilitätsquote II die organischen Wachstumsaussichten beeinträchtigt noch die Dividende gefährdet. Vielmehr seien dank eines auf Holding-Ebene in den nächsten zwei bis drei Jahren erwarteten Anstiegs beim Cash-Flow sogar Dividendenerhöhungen möglich.

Der Markt beurteile Die Kapitalfrage aber sehr pessimistisch und das habe das KGV für 2016 auf 6,6 gedrückt. Diese niedrige Bewertungsbasis stelle nun aber eine attraktive Einstiegsgelegenheit bei diesem Wert dar. Als ein Risiko werden allerdings sinkenden langfristige Anleiherenditen verwiesen, weil sich diese negativ auf die Gewinnaussichten auswirken würden. Außerdem sei man gewissen Währungsrisiken ausgesetzt.



Citigroup-Europa-Favorit Nummer vier: Volvo AB B (WKN: 855689, 82,95 schwedische Kronen, 8,924 Euro)



Nicht entziehen konnte sich der allgemein an den Börsen vorherrschenden Korrekturtendenz auch der Aktienkurs von Volvo. Auch bei dem schwedischen Nutzfahrzeughersteller dürften es nicht zuletzt Konjunktursorgen gewesen sein, welche die Notiz seit April von 120,10 Kronen auf im Tief 77,80 Kronen zurückgeworfen haben.

Wenig förderlich für die Stimmung rund um den Titel war mit Sicherheit auch die vom Aufsichtsratschef Carl-Henric Svanberg Unzufriedenheit mit den bisher verbuchten Erfolgen beim eingeschlagenen Sparkurs. Deshalb wurde im April beschlossen, dass mit Martin Lundstedt von der Volkswagen-Tochter Scania, einem der rentabelsten Lkw-Hersteller weltweit, ob Oktober ein neuer Vorstandschef das Zepter schwingen soll.

Für das zweite Quartal hatte der weltweit zweitgrößte Lkw-Hersteller ein Umsatzplus von 17 Prozent auf 84,80 Milliarden Kronen gemeldet sowie eine lockere Verdoppelung des operativen Gewinns auf 7,32 Milliarden Kronen. Allerdings musste der weltweit zweitgrößte Lkw-Hersteller beim Lkw-Auftragseingang einen Rückgang von sechs Prozent auf 49.551 Fahrzeugen hinnehmen. Dafür ist es aber gelungen, die operative Marge von 4,5 Prozent auf 7,1 Prozent zu verbessern. Das ist auch deshalb wichtig, weil das Lkw-Geschäft, das rund zwei Drittel zum Gesamtumsatz von Volvo AB beiträgt, trotz Umstrukturierungsmaßnahmen jahrelang mit geringer Rentabilität zu kämpfen hatte.

Die Citigroup setzt auch eine nachhaltige Ergebnisverbesserung. Das kommt in den Schätzungen für den Gewinn je Aktie zum Ausdruck, der sich von 2014 bis 2018 von 4,92 auf 10,00 Kronen erhöhen soll. Am Ende des genannten Zeitraums würde das bei Zielerreichung der Prognosen einem KGV von unter zehn entsprechen. In Sachen Bewertung wird außerdem auf Verhältnisse von Unternehmenswert zum EBIT für 2016 und 2017 von 7,9 und 6,7 verwiesen. Das entspreche Abschlägen gegenüber dem Sektor von 27 und 33 Prozent, was über dem durchschnittlichen Abschlag von 15 Prozent in den vergangenen 15 Jahren liege.

Bei den Vorhersagen unterstellen die Analysten eine Normalisierung der LKW-Nachfrage in den USA, aber keinen Abschwung, Fortschritte bei den Kosteneinsparmaßnahmen und dass die meisten der negativen Nachrichten, auch aus den Schwellenländern, nun bereits weitgehend hinter uns liegen. Wichtig wird sein, was die nächsten Quartalszahlen am 23. Oktober bringen werden. Die Citigroup ist zuversichtlich und nennt als Kursziel 125 Kronen. Zusammen mit der unterstellten Dividendenzahlung ergibt sich bei einem Ausgangskurs von 82,50 Kronen eine erwartete Gesamtrendite von 55 Prozent.



Citigroup-Europa-Favorit Nummer fünf: Standard Chartered Plc. (WKN: 859123, 7,09 britische Pfund, 9,449 Euro)



Schwer unter Druck steht schon seit längerem der Aktienkurs von Standard Chartered. Alleine seit März 2013 hat die Notiz in der Spitze von 18,38 auf 6,24 britische Pfund nachgegeben. Als Folge des Kursverfalls haben Langzeitinvestoren in den vergangenen beiden Jahrzehnten mit dem Titel keine Kursgewinne erzielt. Selbstredend, dass angesichts dieser trüben Bilanz auch das Chartbild zu wünschen übrig lässt.

Erklären lässt sich die überaus schwache Bilanz der Anteilsscheine des britischen Finanzkonzerns mit dessen regionaler Aufstellung. Seit mehr als 150 Jahren ist die Bankengruppe in Asien, Afrika sowie dem Mittleren Osten, und damit in Schwellenländern tätig. Doch was früher ein Bonus war, hat sich inzwischen als Bürde entpuppt, weil sich die Marktteilnehmer um mögliche Krisen in den Emerging Markets sorgen. Die Citigroup bringt die Kursverluste außerdem auch noch mit eoiner sich verschlechternden Asset-Qualität in Zusammenhang.

Auch in Reaktion auf die schwieriger gewordene Ausgangslage hat die Gesellschaft im Juni einen Konzernumbau beschlossen. Dieser sieht mit dem Ziel von Kosteneinsparungen und Effizienzverbesserungen vor, sich auf vier Geschäftsregionen und drei Kundengruppen auszurichten. Die Regionen umfassen China und nördliches Asien, den Asean-Raum und Südasien, Afrika und den Nahen Osten sowie Europa und Amerika. Die Kundengruppen sind Unternehmen und Institutionen, Geschäfts- und Privatkunden sowie das Filialgeschäft. Gebracht hat dieser Plan dem Aktienkurs bisher allerdings noch nichts. Vielmehr hat sich seit Juli der Ausverkauf noch verstärkt.

Die Analysten der Citigroup ficht das aber nicht an, sie glauben an höhere Kurse bei Standard Chartered und sie trauen dem Wert sogar die besten Performance-Chancen zu. Konkret werden als Kursziel 10,50 Pfund genannt und gemessen an einem Kurs von 6,7 Pfund beim Erstellen der Studie wird inklusive der Ausschüttungen mit einem Gesamtertrag von 60 Prozent gerechnet. Begründet wird die Zuversicht mit der Bewertung des Titels sowie mit der Aussicht auf eine erfolgreiche Restrukturierung. Vom neuen Vorstandschef wird erwartet, dass er sich noch mehr auf die Profitabilität konzentrieren wird. Zudem seien in den kommenden drei Jahren erhebliche Kosteneinsparungen möglich. Bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,6 seien die Probleme bereits übermäßig stark in der Bewertung reflektiert.