Fallen Angels" sind in der christlichen Theologie Engel, die aus dem Himmel verbannt wurden. Börsianer bezeichnen hingegen Aktien, die am Markt in Ungnade gefallen sind, als "Fallen Angels". Doch muss nach dem Sturz nicht aller Tage Abend sein - weder in der Religion noch am Aktienmarkt. Nicht nur Gott verzeiht Sünden, auch die Börse lässt so manches abgestürzte Papier in neuem Glanz wieder auferstehen.

Zwischen Happy End und Trauerfall



Bestes Beispiel dafür ist das Uralkali-Desaster im Sommer 2013, durch das die K+S-Aktie in die Tiefe gerissen wurde. Von 35 Euro stürzte der DAX-Titel innerhalb kürzester Zeit auf 15 Euro ab. Danach schwankte der K + S-Kurs lange Zeit zwischen 20 und 25 Euro. Nach solchen massiven und fundamental begründeten Einbrüchen braucht der Markt meist eine gewisse Zeit, um das Geschehene zu verdauen und eine grundlegende Wende einzuläuten. Heute, zwei Jahre später, ist der Fallen Angel K + S wieder auferstanden und -notiert auf seinem alten Kursniveau von rund 35 Euro.

Allerdings wird nicht jeder gefallene Engel wiederbelebt. Unternehmen, die aus fundamentalen Gründen am Boden kleben bleiben, dürfen auch an der Börse nicht auf Rehabilitierung hoffen. Ein Beispiel dafür: Singulus. Die Aktie des Spezialmaschinenbauers, die zu ihren besten Zeiten im TecDAX gelistet war, ist mittlerweile im Pennystock-Bereich angekommen. Für ein Comeback gib es weit und breit keine Anzeichen, denn die Unsicherheiten, wie es mit der Firma weitergeht, nehmen stetig zu. Die Erlöse sinken, die Verluste türmen sich auf. So lange das Management kein glaubwürdiges Konzept dagegen findet, wird der Titel höchstens mal temporäre Gegenbewegungen zeigen, jedoch keinen nachhaltigen Turnaround schaffen.

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Drum prüfe, wer sich bindet



Blindlings auf abgestürzte Aktien zu wetten ergibt also keinen Sinn. Die Idee hinter dem Konzept der Fallen Angels ist, Qualitätsaktien zu finden, die zu Unrecht abgestraft wurden. "Der Investmentansatz verknüpft verschiedene Anlagestile", erklärt Andreas Humpe, Portfoliomanager bei Schleber Finanz-Consult. Um eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen, wird unter anderem eine Brücke zwischen den beiden Strategien Value und Growth geschlagen. "Mithilfe verschiedener Finanzkennzahlen lassen sich gute von schlechten Fallen Angels unterscheiden", sagt Humpe. "Es ist wie im Supermarkt, man kauft nur hochwertige Sonderangebote."

Der berühmteste Schnäppchenjäger der Welt dürfte Börsenlegende Warren Buffett sein. "Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent dafür", lautet eine Regel des Kultinvestors. Dabei handelt es sich um eine zentrale Säule des Value-Investing: ein Wertpapier mit möglichst großem Abschlag zum inneren Wert kaufen. Ob nun ein Fallen Angel unter- beziehungsweise überbewertet ist, lässt sich also mithilfe der Value-Strategie herausfinden. Aber auch Growth-Kennzahlen liefern wichtige Hinweise. "Umsatz- und Gewinnwachstum sind ebenso wichtig wie der Substanzwert oder die Dividendenrendite", erläutert Humpe. Bei der Gewinnausschüttung gilt es vor allem auf den Cashflow zu achten. Denn nur Unternehmen, die genügend freie Mittel erwirtschaften, können ohne Substanzverlust ihre Aktionäre am Erfolg teilhaben lassen.

Hinzu gesellen sich industriespezifische Besonderheiten: In welchem Branchenumfeld bewegt sich das Unternehmen? Wie sind die generellen Aussichten für diesen Sektor? Und: Eine Fallen-Angel-Spekulation braucht Zeit. "Da eine Auflösung von Bewertungsanomalien meist nicht über Nacht stattfindet, ist ein langfristiger Anlagehorizont erforderlich", mahnt daher der Münchner Marktexperte Humpe.

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Marktsignale erkennen



Mit den fundamentalen Anlagestrategien lassen sich auch charttechnische Wegweiser geschickt kombinieren. Bestimmte Kursformationen liefern nämlich brauchbare Anhaltspunkte für das Timing eines Kaufs. Ein wichtiges technisches Hilfsmittel ist dabei das Momentum. Dieses zeigt an, wann der Kursanstieg einer Aktie an Dynamik gewinnt. Mithilfe dieses Indikators lässt sich besser erkennen, wann eine Aktie einen Boden erreicht hat und die Trendumkehr einsetzt. Doch trotz aller fundamentalen und charttechnischen Hilfsmittel lässt sich nie mit abschließender Sicherheit sagen, ob einem Fallen Angel die Kurswende auch tatsächlich gelingt. "Um auf gefallene Engel zu setzen, braucht es starke Nerven", sagt Humpe. Geht die Wette jedoch auf, werden die Mutigen mit hohen Renditen belohnt, wie das Beispiel der K + S-Aktie eindrucksvoll zeigt.

Kandidatenschwund



Je länger eine Hausse dauert beziehungsweise Störfaktoren für den Markt ausbleiben, desto kleiner ist in der Regel das Angebot an qualitativ hochwertigen gefallenen Engeln. Laut dem Kreditrating-Spezialisten Moody’s, der die Fallen Angels im Anleihebereich analysiert, ist die Zahl der potenziellen Fallen Angels in dieser Assetklasse im zweiten Quartal 2015 auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gesunken. Auch am Aktienmarkt sind die größeren Kursabstürze beziehungsweise negativen Underperformer mittlerweile deutlich in der Unterzahl. Per Ende Juli notierten im DAX seit Jahresbeginn mit RWE, Eon, Lufthansa und Siemens nur vier Titel im negativen Bereich.



In den mit jeweils 50 Aktien deutlich mitgliederstärkeren Indizes M- und SDAX ist die Verliererquote im aktuellen Börsenjahr mit sieben respektive fünf Kursnieten noch kleiner.





Selbst im risikobehafteten TecDAX weisen nur vier Aktien eine negative Performance auf.



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Mit Mut zum Risiko



Wir haben uns trotzdem auf die Suche nach geeigneten Kandidaten gemacht und sind auch in jedem der vier genannten -Indizes fündig geworden. Die Titel müssen seit Silvester auch nicht zwangsläufig im Minus notieren, auch kürzlich erfolgte Kursabstürze können sich als Kaufchance erweisen. Eine Vollbremsung legte beispielsweise in den vergangenen Monaten die BMW-Aktie hin. Vom Hoch Mitte März bei 123,75 Euro verlor der Bluechip bis heute unglaubliche 27 Prozent. Neben unserer fundamental positiven Grundüberzeugung gegenüber dem Münchner Autobauer scheint der Titel aktuell auch einen Boden im Bereich bei 90 Euro auszubilden, was die BMW-Aktie im Umkehrschluss zu einem attraktiven Fallen Angel macht.

Einen noch etwas schnelleren Rückwärtsgang legten die Papiere von Tom Tailor zuletzt ein. Mehr als ein Drittel gab der SDAX-Titel in den vergangenen fünf Monaten nach. Aber auch bei der Modefirma gilt: Operativ läuft das Geschäft, die Bewertungskennziffern sind inzwischen im Schnäppchenbereich angekommen und aus technischer Sicht ist bei neun Euro bereits ein Boden gefunden.

Zudem haben wir uns auch jenseits der großen Indizes nach potenziellen Kandidaten umgesehen. Bei den in unserer Datenbank aufgeführten Nebenwerten ist die Anzahl jener Aktien mit einer negativen Performance deutlich höher als bei den -Indexmitgliedern. Mehr als ein Viertel der deutschen Small Caps ist seit Beginn des Jahres in den Miesen. Darunter sind undurchsichtige Chinesen wie Tintbright oder Haiku Seafood, die in Deutschland ihr IPO hatten, ebenso wie heimische Traditionstitel - etwa Beate Uhse oder Mineralbrunnen Überkingen. Auch der Versicherungskonzern W & W ist zuletzt bei Anlegern in Ungnade gefallen. Zu Unrecht, wie wir meinen. Das Urgestein der deutschen Wirtschaft, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1828 zurückreichen, stellt aus unserer Sicht ein attraktives Investment dar.

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In aller Breite



Auch einige Fonds widmen sich dem Thema Fallen Angels, wie beispielsweise der von Morningstar mit drei Sternen bewertete KBC Equity Fund - Strategic Satellites (AOJ KMD). Das Portfolio ist darauf ausgerichtet, mindestens drei Viertel der Vermögenswerte in Aktien anzulegen, deren Kurs gegenüber dem heimischen Markt stark gefallen ist und deren Aussichten sich inzwischen wieder deutlich gebessert haben. Dabei wird ein internationaler Ansatz verfolgt, der sich in der Dominanz von US-Titeln widerspiegelt: Während nur 14 Prozent der Aktien aus der Eurozone stammen, ist mehr als die Hälfte der Auswahl in den USA beheimatet. Der Rest verteilt sich auf Asien, wobei hier Japan die wichtigste Rolle spielt.

Der Track Rekord des Fonds kann sich durchaus sehen lassen. Auf Sicht von drei Jahren zeigt das Portfolio eine jährliche durchschnittliche Wertsteigerung von 16,3 Prozent, auf fünf Jahre liegt die Rendite bei 13,1 Prozent im Jahr. Für mittel- bis langfristig orientierte Anleger kann sich der Fonds durchaus als Depotbeimischung eignen. Wer eine noch etwas höhere Risikobereitschaft mitbringt, kann einen Blick auf die nun folgenden neun Fallen Angels werfen.

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BMW: Langfristig auf der Überholspur



Bereits seit Längerem tobt ein erbitterter Kampf um den größten und profitabelsten Premiumanbieter in der Automobilindustrie. Platzhirsch BMW ist zum Halbjahr von Daimler und Audi verdrängt worden. Mit einer Marge im Autogeschäft von 8,9 Prozent lagen die "Weiß-Blauen" hinter beiden Erzrivalen. Mit seinem jüngsten Gewinnausweis blieb BMW auch ganz knapp unter den Erwartungen, beim Umsatz konnten die Münchner dagegen die Schätzungen übertreffen. Neben erhöhten Investitionen ist es vor allem das China-Geschäft, das BMW derzeit etwas ausbremst. Zugegeben, die Region ist wichtig, wird allerdings nicht allein über das Wohl und Wehe des Konzerns entscheiden. Der neue Vorstandschef Harald Krüger setzt auf eine weltweit ausgewogene Verteilung der Verkäufe und richtet sein Augenmerk insbesondere auf Zukunftsthemen wie "neue Antriebstechnologien" und "Fahrzeugvernetzung", um langfristig die Poleposition zu halten. Für 2015 hält der Manager an den bisher genannten Zielen, Bestmarken bei Absatz und Gewinn, fest. Auch 2016 dürfte ein starkes Jahr für den Konzern werden, wird doch das neue Oberhaupt Krüger gewillt sein, gerade im Jahr des 100. Firmenjubiläums mit hervorragenden Zahlen zu glänzen. Die derzeitige Kursschwäche der BMW-Aktie stellt eine gute Einstiegsgelegenheit dar.



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Borussia Dortmund: Dortmunder Siegeswille kehrt zurück



Wer die jüngste Entwicklung des BVB kurz umschreiben möchte, könnte es folgendermaßen ausdrücken: "Vom Bayern-Jäger zum Sanierungsfall." Zugegeben, das ist recht drastisch ausgedrückt, spiegelt aber die Realität wider. Sportlich war der Fußballklub in der vergangenen Saison weit unter seiner wahren Form, als Unternehmen rutschte Borussia Dortmund zuletzt gar in die roten Zahlen. Auf Fußballebene ist der Startschuss für einen Neuanfang bereits gefallen. Trainer Thomas Tuchel wird als Nachfolger von Jürgen Klopp die Schwarz-Gelben durch die neue Saison führen. Der Start ist bereits geglückt: In der Europa League trat Tuchel seine BVB-Ära mit einem 1:0-Sieg gegen die österreichischen Kicker aus Wolfsberg an. Auch an der Börse kommt die Aktie wieder in die Spur. Seit Mitte Juni befindet sich der SDAX-Titel auf Comeback-Kurs und sprintete dabei 25 Prozent nach oben. Neben Vorschusslorbeeren für Tuchel dürfte auch die Auflösung einer Short-Position von Blackrock für das Plus verantwortlich sein. Glückt nun auch noch der Start in der Bundesliga - der aktuelle Kader ist vielversprechend -, kommt auch der operative Erfolg zurück. Aufgrund des sowohl aus Kapitalmarkt- als auch aus fußballerischer Sicht positiven Momentums stufen wir den Small Cap auf "Kaufen" herauf. Wir sehen Potenzial bis zum Jahreshoch bei knapp fünf Euro.



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Cancom: Stabiler Geldregen aus der Wolke



Gleich ein ganzes Bündel von positiven Faktoren lässt sich im Fall Cancom zusammentragen. Erstens gilt der IT-Dienstleister als Profiteur des digitalen Wandels. Die Münchner gehören zu den "First Movern" in der Cloud und bieten bereits seit Längerem umfangreiche Business- und Private-Cloud-Lösungen an. Mit über 500 Business-Cloud-Kunden zählt das Unternehmen hierzulande zu den führenden Anbietern. Zweitens wächst Cancom mit prozentual zweistelligen Raten. Im ersten Halbjahr erzielte die Firma ein Umsatzwachstum von 16,9 Prozent, das operative Ergebnis verbesserte sich um 14,5 Prozent. Folglich liegt die Ebitda-Marge mit 5,5 Prozent in etwa auf dem Vorjahresniveau von 5,6 Prozent. Und drittens gibt es dieses auf Wachstum getrimmte Geschäftsmodell zu einem günstigen Preis. Auf Basis der erwarteten Profite für 2016 beträgt das KGV lediglich 14,2, die Gewinnsteigerungsrate liegt dagegen bei 37 Prozent. Gut möglich, dass Investoren aufgrund des zuletzt leichten Margenrückgangs den TecDAX-Titel derzeit verschmähen. Allerdings befindet sich Cancom noch inmitten einer Restrukturierung, welche die Konzentration auf das profitable Cloud-Geschäft weiter verschärfen soll. Dies dürfte langfristig die Margen und die Gewinne des IT-Dienstleisters stärken - und dem Kurs ein echtes Comeback bescheren.



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Gerry Weber: Mit neuer Struktur zurück zur alten Stärke



Ein selten starker Knick nach unten zeigt sich im aktuellen Chartbild von Gerry Weber. Die Modekette vergraulte ihre Anleger im Juni mit einem schwachen Halbjahresergebnis sowie einer Gewinnwarnung. In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2014/15 sank der Nettogewinn von 32,7 auf 21,9 Millionen Euro. Hohe Kosten für den raschen Ausbau des Filialnetzes, schlechtes Wetter und erbitterte Rabattschlachten mit den expandierenden Modeketten H & M und Zara sorgen zudem dafür, dass das operative Ergebnis im Gesamtjahr um 20 bis 25 Prozent sinken wird. Die Strafe: ein 30-Prozent-Absturz der Aktie. Allmählich scheint sich der MDAX-Titel aber wieder zu berappeln, nach einer wochenlangen Stagnationsphase zeigen sich erste Anzeichen für eine Erholung. Konzernchef Ralf Weber ist ebenfalls nicht untätig. Um erneut auf den Wachstumskurs zurückzufinden, spart er zum einen Kosten, zum anderen will er die Beschaffungsstrukturen deutlich flexibler gestalten, um wie beispielsweise Zara den Kunden schnell die neuesten Kollektionen und Trends anbieten zu können. Eine derartige Strukturveränderung gelingt zwar nicht über Nacht, sorgt aber bei erfolgreicher Umsetzung langfristig für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Geht es nach den Analysten, ist im kommenden Geschäftsjahr bereits wieder ein 30-Prozent-Ergebnissprung drin.



Auf Seite 10: Morphosys: Prall gefüllte Entwicklungspipeline





Morphosys: Prall gefüllte Entwicklungspipeline



Gleich zwei negative Meldungen brachten die Morphosys-Aktie im ersten Halbjahr ins Trudeln. Zuerst stellte Ende 2014 der Schweizer Partner Roche die Entwicklung des Alzheimermittels Gantenerumab mangels Erfolgsaussichten ein. Nur drei Monate später folgte mit dem Aus einer Forschungskooperation mit dem US-Konzern Celgene die nächste Hiobsbotschaft. Die beiden Ereignisse zusammengerechnet kosteten die Biotechfirma rund 700 Millionen Euro Marktkapitalisierung. Das ist unserer Ansicht nach völlig übertrieben, hat das Unternehmen doch einige Pfeile im Köcher. Morphosys setzt seit Neuestem nicht nur auf Entwicklungen mit Partnern, sondern möchte in Zukunft verstärkt selbst Wirkstoffe entwickeln. Zum Ende des zweiten Quartals hatten die Münchner insgesamt 102 therapeutische Antikörper in der Pipeline, 24 davon in der klinischen Entwicklung. Drei verpartnerte Programme befinden sich dabei in der Studienphase III, der letzten Testphase. Für einen ausreichenden Nachrichtenfluss ist in den kommenden Monaten also gesorgt. Obendrauf kommt die Spekulation, dass Roche seinem Medikament Gantenerumab nach einem jüngsten Testerfolg des US-Konkurrenten Biogen doch noch eine Chance geben könnte. "Die Studien zu Gantenerumab könnten wieder aufgenommen werden", sagte kürzlich Paulo Fontoura, Entwicklungsleiter bei Roche.



Auf Seite 11: Munich Re: Auf dem Sprung zum Comeback





Munich Re: Auf dem Sprung zum Comeback



Versicherungskonzerne wie Munich Re werden derzeit doppelt in die Mangel genommen: durch die Nullzinspolitik der EZB einerseits sowie durch verstärkte Konkurrenz branchenfremder Organisationen wie Hedge- und Pensionsfonds andererseits. Diese sind angesichts der niedrigen Zinsen auf der Suche nach Rendite ins Geschäft mit Katastrophenversicherungen eingestiegen, was letztendlich auf die Preise drückt. Zum Thema Naturkatastrophen kann Munich Re aber auch Positives melden: Insgesamt stellte der Konzern bis Ende Juni Schäden in Höhe von 35 Milliarden Dollar in seinem Branchenbericht fest - deutlich weniger als der Durchschnittswert der vergangenen 30 Jahre, der bei etwa 64 Milliarden Dollar liegt. Daneben durfte sich der weltweit größte Rückversicherer über eine Auszeichnung von Fitch freuen. Die Ratingagentur beurteilt die Finanzkraft der Münchner optimistischer als bisher und hob die Bonitätsnote von "AA-" auf "AA+" an. Angesichts der Größe, Risikoverteilung und Finanzkraft sollte Munich Re dem Preisdruck in der Branche mit am besten widerstehen können. Mit einem KGV von zehn und einer Dividendenrendite von 4,6 Prozent zählt die Munich-Re-Aktie derzeit zu den attraktivsten Titeln im DAX. Im Bereich von 160 Euro hat sie in charttechnischer Sicht einen Boden ausgebildet, der aktuell als Sprungbrett für ein Comeback dient.



Auf Seite 12: Tom Tailor: Attraktive Mode zum Discountpreis





Tom Tailor: Attraktive Mode zum Discountpreis



Ebenso wie Gerry Weber trifft auch Tom Tailor auf einen härteren Wettbewerb in der Modewelt. Zum Jahresauftakt entwickelte sich das Einzelhandelsgeschäft der Kernmarke Tom Tailor enttäuschend. Zwar startete die zweite Marke Bonita, die auf Kunden jenseits der 40 abzielt, stark in das Jahr, allerdings sank die Marge. Bei den Finanzmarktakteuren kam das nicht gut an: Analysten straften den SDAX-Titel mit Herabstufungen ab, Investoren mit Verkäufen. Die Folge: Die Aktie liegt mit einem Verlust von einem Fünftel abgeschlagen hinter dem Gesamtmarkt zurück. Inzwischen hellt sich das operative Geschäft trotz der anhaltenden Schwäche der Bekleidungsbranche in Deutschland aber wieder auf. Beide Dachmarken des Hamburger Bekleidungskonzerns konnten im zweiten Quartal ihre Retail-Erlöse auf vergleichbarer Fläche steigern. Besonders erfreulich: Die Kernmarke Tom Tailor verbesserte sich um 1,4 Prozent, nachdem die Erlöse des Labels im ersten Quartal auf vergleichbarer Fläche noch um 3,9 Prozent geschrumpft waren. Wie sich der Gewinn entwickelt hat, erfahren Anleger zwar erst am 11. August, allerdings hat der Vorstand die Jahresziele bereits bekräftigt. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Investoren die Tom-Tailor-Aktie wieder anziehend finden. Denn ein 2016er-KGV von neun spiegelt keinesfalls das erwartete Wachstum wider.



Auf Seite 13: Wincor Nixdorf: Zwischen Sanierung und Übernahme





Wincor Nixdorf: Zwischen Sanierung und Übernahme



Den großen Kursabsturz im April nach einer gesenkten Prognose hat die Aktie von Wincor Nixdorf nun wieder zur Hälfte aufgeholt. Gleichwohl reicht es noch nicht für ein positives Vorzeichen bei der Performance-Berechnung im Gesamtjahr. Für Antrieb sorgten zuletzt Übernahmespekulationen in der Branche. Insider berichteten, dass der US-Geldautomatenhersteller Diebold den schwächelnden deutschen Konkurrenten übernehmen wolle. Auch Wettbewerber NCR, der zuletzt ebenfalls Umsatzeinbußen melden musste, soll auf der Kaufliste von Investoren stehen. "Die Wahrscheinlichkeit einer Konsolidierung innerhalb des Sektors wächst", sagt DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer. Ob es zu Übernahmen kommt, ist derzeit noch offen. Klar ist dagegen, dass Wincor-Vorstandschef Eckard Heidloff einen konsequenten Restrukturierungsplan verfolgt, um das Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen. "Wir haben schon einiges geschafft", lässt der Firmenlenker wissen. Zu dem Fitnessprogramm zählt unter anderem die Trennung vom rasch wachsenden Geschäft "bargeldloses Bezahlen", die Ende September über die Bühne gehen soll. In ein bis zwei Jahren kann sich Heidloff sogar einen Börsengang für die Sparte vorstellen. Genügend Gründe also, damit der MDAX-Titel seinen Erholungskurs fortsetzen kann.

Auf Seite 14: W & W: Finanzkonzern übt sich in Optimismus





W & W: Finanzkonzern übt sich in Optimismus



Um sich aus der Niedrigzinsfalle zu befreien, steuert der Finanz- und Versicherungskonzern Wüstenrot & Württembergische (W & W) mit verschiedenen Maßnahmen gegen. Dazu zählen neben klassischen Kosteneinsparungen sowie einem Stellenabbau auch neue Produkte, um die Geschäfte in Schwung zu bringen. Im Juni brachte der Konzern zwei neue Gewerbepolicen auf den Markt, eine "Genuss-Police" für Hotels und Gaststätten sowie die "Wellness & Gesundheit-Police" für potenzielle Neukunden aus der Gesundheitswirtschaft. Im Juli ging dann noch ein neues Rentenprodukt für die private und betriebliche Altersvorsorge an den Start. Angesichts eines positiven Geschäftsverlaufs im ersten Halbjahr blickt W & W nun wieder zuversichtlicher nach vorn. So erhöhte der Vorstand die Prognose für das Konzernergebnis. Der Jahresüberschuss wird sich voraussichtlich in einer Bandbreite von 200 bis 240 Millionen Euro bewegen. Vorausgesagt waren bislang rund 200 Millionen Euro. Der optimistische Ausblick rief auch Investoren wieder auf den Plan. Die Aktie beendete ihren steilen Abwärtstrend und drehte in einer "V"-Formation nach oben. Anleger können die Dynamik in dem Nebenwert nutzen, zumal der Titel nur mit einem 2016er-KGV von 6,9 bewertet wird. Auch die Dividendenrendite von drei Prozent macht ein Investment attraktiv.