Wer kennt es nicht, das Hochgefühl, verliebt zu sein? Zwar ist die Halbwertszeit dieser Emotion teilweise nur sehr kurz, allerdings bringt der Blick durch die rosarote Brille in vielen Fällen auch eine andauernde Liebe. Diese Gefühlslagen lassen sich eins zu eins auf die Börse übertragen. So erfreute sich beispielsweise Anfang des Jahres die Aktie des wiederauferstandenen Immobilienkonzerns WCM mehrere Monate lang höchster Beliebtheit, um dann aber doch wieder recht schnell in den Schatten der Großen abzutauchen. Es sind nämlich vor allem die "Dinosaurier" aus dem DAX, zu denen Investoren eine nachhaltige Liebe entwickelt haben. Diese Papiere zählen zu den meistgekauften Aktien von Privatanlegern.

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass heimische Urgesteine wie BASF, Daimler, Allianz oder auch die Deutsche Telekom zu den beliebtesten Aktien der Deutschen zählen. Es werden also vornehmlich jene Aktien gekauft, die aus dem Inland kommen und zudem sehr bekannt sind. Wie so oft bestätigen Ausnahmen die Regel: Aufgrund seiner hohen Publicity schafft es mit Apple auch ein internationaler Titel bereits seit Längerem in die Riege der Lieblingsaktien der Deutschen.

Eine Analyse der Klickraten auf unserem Internetportal www.boerse-online.de kommt zu einem vergleichbaren Ergebnis. Auf den Kultkonzern aus Cupertino entfällt regelmäßig eine hohe Anzahl an Suchanfragen. Dies gilt ebenso für zahlreiche DAX-Titel, welche die Top 20 der auf unserer Webseite meistgesuchten Aktien beherrschen (siehe Tabelle). Situationsbedingt stehen derzeit VW und deren Muttergesellschaft Porsche auf den ersten beiden Plätzen. Der Abgasskandal rund um die Wolfsburger hält die Aktionäre des Duos in Atem und das Interesse der Anleger hoch. Allerdings sind auch einige Unternehmen aus dem TecDAX im aktuellen Ranking vertreten. Dies wundert nicht, erfreuen sich doch Turnaround-Kandidaten wie etwa Aixtron oder Wachstumswerte wie Wirecard hoher Beliebtheit.



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Geringes Interesse an Aktien



Betrachtet man die Situation jedoch von einer höheren Warte aus, so zeigt sich, dass die Deutschen immer mehr das Interesse an der Anlageklasse Aktie verlieren. Laut Analyse des Deutschen Aktieninstituts sank nach 2013 auch im vergangenen Jahr die Zahl der Aktionäre. Rund eine halbe Million Menschen trennten sich 2014 von Aktien oder Anteilen an Aktienfonds - trotz steigender Kurse. In den beiden Jahren 2013/2014 hat der DAX nahezu 29 Prozent und seit der Lehman-Krise im Jahr 2008 rund 60 Prozent zugelegt.

Nur noch 8,4 Millionen Menschen oder 13,4 Prozent sind hierzulande im Aktienmarkt investiert. Die Aktienquote beim Geldvermögen liegt sogar nur bei gut sieben Prozent. "Der weit überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung verzichtet auf die Renditechancen, die Aktien bieten", erklären die Experten des Deutschen Aktieninstituts und führen weiter aus: "Durch ihre konservative Anlagephilosophie verschenken die Menschen viel Geld."

Eine Rückrechnung belegt diese Aussage. Hätten die Deutschen seit 2001 nur ein Viertel des Geldes, das sie Jahr für Jahr bei den Banken auf Tagesgeld-, Festgeld- und ähnlichen Konten sparten, in Aktien investiert, wäre das hiesige Geldvermögen heute rund 106 Milliarden Euro höher. Dies würde pro Haushalt ein Plus beim Vermögen von mehr als 2600 Euro bedeuten.

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Empfehlungen mit Mehrwert



Grund genug für uns, immer wieder auf die wertvolle Bedeutung der Anlageklasse Aktie hinzuweisen und Sie als treuen Leser mit qualitativ hochwertigen Empfehlungen zu versorgen. Vor nahezu exakt einem Jahr haben wir Ihnen in der Titelgeschichte von BÖRSE ONLINE (Ausgabe 48/2014) sechs Lieblingsaktien der Deutschen vorgestellt: Adidas, Apple, Allianz, BMW, Deutsche Telekom und Nordex. Ein Blick auf die Kursentwicklung des halben Dutzends kann sich durchaus sehen lassen. Der schwächste Titel mit einem Plus von "nur" rund zehn Prozent war BMW. Der DAX-Titel war im laufenden Jahr allerdings vielen Turbulenzen ausgesetzt - ausgelöst durch die plötzliche Schwäche des chinesischen Automarkts oder auch durch den VW-Abgasskandal. Angesichts dieser Rahmenbedingungen kann sich der Kursanstieg durchaus sehen lassen. Als die Top-Empfehlung erwies sich Nordex. Der Windkraftanlagenbauer fand operativ wieder auf seinen Wachstumskurs zurück und Börsianer honorierten dies mit einem Kursaufschlag von äußerst kräftigen 88 Prozent. Im Durchschnitt legten unsere sechs Favoriten seit unserer Empfehlung um beachtliche 33 Prozent zu.

Auch in diesem Jahr möchten wir Ihnen wieder sechs Titel ans Herz legen, bei denen sich eine gewisse "Verliebtheit" auszahlen könnte. Dazu zählen neben Apple, den wir als einzigen internationalen Titel erneut in unsere Top-Auswahl aufnehmen, Airbus - den MDAX-Titel stufen wir neu auf "Kaufen" hoch -, Aixtron, Daimler, Wirecard und Drillisch.

Auf Seite 4-9: Die Favoriten im Überblick





Airbus: Jede Menge neue Schubkraft



Die Beliebtheit der Airbus-Aktie hat gute Gründe. Zum einen üben die Flugzeuge - allen voran der A380 - eine enorme Faszination aus. Gleichzeitig schreibt Airbus eine imposante Wachstumsstory. 2015 wird mit einem Gewinn je Aktie von 3,67 Euro gerechnet. Geht diese Prognose auf, hätte sich diese Kennzahl innerhalb von zwei Jahren in etwa verdoppelt. Zwar dürfte die Gewinnmaschine 2016 an Schwung verlieren. Doch die langfristigen Aussichten sind positiv. Dafür spricht allein schon das prall gefüllte Orderbuch. Aktuell nähert sich der Auftragsbestand der Schallmauer von einer Billion Euro. Gefragt ist vor allem der A320. Beim Verkaufsschlager des Konzerns soll die Produktion ab 2019 kräftig aufgestockt werden. Doch auch den 2007 eingeführten Großraumflieger A380 sieht das Management "auf Kurs, die Gewinnschwelle zu erreichen". Neben einem starken operativen Momentum und dem neuen, eine Milliarde Euro schweren Aktienrückkauf sorgt der schwache Euro bei dem MDAX-Mitglied für Schubkraft. Charttechnisch ist der Titel dabei, aus einer kurzfristigen Seitwärtsbewegung auszubrechen. Wir trauen Airbus eine deutliche Steigerung der Flughöhe zu und stufen den populären Bluechip auf "Kaufen" hoch.





Aixtron: Turnaroundstory bietet hohe Gewinnchance



Im Chartbild der Aixtron-Aktie seit dem Jahr 2000 wird eine wahre Achterbahn der Gefühle für Anleger sichtbar. In der New-Economy-Bubble schoss der Titel auf über 80 Euro hoch, um nur wenige Jahre später auf unter drei Euro abzurutschen. Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Finanzkrise von 2009 bis 2011. Seither hat der TecDAX-Titel viele Fans verloren. Denn der Chipanlagenbauer rutschte tief in die roten Zahlen. Nun aber ist Besserung in Sicht: Nach zwei Jahren in der Verlustzone schafften die Aachener im dritten Quartal 2015 die Wende. Erstmals seit zwei Jahren blieb unter dem Strich ein kleiner Gewinn von 0,3 Millionen Euro übrig. Eine Schwalbe macht zwar noch keinen Sommer, doch Aixtron ist wieder auf dem richtigen Weg. Zudem ist das Unternehmen in einem Zukunftsmarkt tätig, wo allmählich der nächste Investitionszyklus eingeläutet werden könnte. Die Investmentbank Barclays geht davon aus, dass die LED-Hersteller ihre Kapazitäten ausweiten werden. Das dürfte auch die Nachfrage nach Aixtron-Produkten antreiben. Angesichts dieser Aussichten hat der Techtitel gute Chancen, seine Aufholjagd fortzusetzen. Wir heben unser Kursziel von ehemals 7,40 Euro auf 8,50 Euro an und ziehen den Stopp zur Gewinnabsicherung auf 5,90 Euro nach.





Apple: Coole Produkte, verheißungsvolle Schiene



Um satte 43 Prozent auf aktuell 170 Milliarden Dollar steigerte Apple 2015 den Wert seiner Marke. Damit führt der Kultkonzern das dritte Jahr in Folge die von Interbrand publizierte Markenrangliste an und spiegelt eindrucksvoll den Beliebtheitsgrad des angebissenen Apfels wider. Nach einer mehrmonatigen Pause gewann Apple zuletzt auch die Herzen der Anleger wieder. Angesichts des jüngsten Vorstoßes in den dreistelligen Kursbereich steht seit Jahresbeginn aktuell ein Plus von knapp 20 Prozent in den Büchern. Der Ausbruch in neue Höhen dürfte nur eine Frage der Zeit sein, denn Apple weitet seine Angebotspalette immer weiter aus und trifft den Geschmack der Kunden. Egal, ob neues iPhone, Smartwatch oder iPad Pro, die angebotenen Produkte dürften schon bald unter vielen Christbäumen zu finden sein. Das wahre Potenzial von Apple definiert sich aber nicht nur über die Hardware, auch im Dienstleistungsbereich macht das Unternehmen enorme Fortschritte. "Der Konzern kann in den kommenden Jahren unter anderem stark von TV-, Musik- und Bezahldienstleistungen profitieren", ist sich Goldman-Sachs-Analystin Simona Jankowski sicher. Sie nahm die Apple-Aktie frisch auf die viel beachtete "Conviction Buy List" auf.





Daimler: An der Konkurrenz vorbeigezogen



Marktanalysen zufolge ist Mercedes-Benz die beliebteste Premiumautomarke vor BMW und Audi. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch an der Börse. Mit einem Kursanstieg von mehr als 14 Prozent führt die Daimler-Aktie das Performance-Ranking in diesem Jahr an. Dass sich Anleger zu dem Stern derzeit so hingezogen fühlen, hat einen guten Grund: Der Autokonzern drückt operativ kräftig auf das Gaspedal. In den vergangenen beiden Quartalen schafften die Stuttgarter im Pkw-Geschäft eine Rendite über der Zielmarke von zehn Prozent. Zudem glänzt Mercedes dank zahlreicher neuer Modelle mit immer neuen Verkaufsrekorden. Selbst im schwächelnden China ist Daimler einer von wenigen Herstellern, bei denen die Absatzkurve nach oben zeigt. Im Oktober hat Daimler im Reich der Mitte 43 Prozent mehr Fahrzeuge ausgeliefert. Die hohe Beliebtheit ist den vielen neuen Modellen geschuldet, allen voran den Geländewagen: Laut Vertriebsvorstand Ola Källenius wurde seit Jahresbeginn jeder zweite Mercedes GLK in China verkauft. "Vom Nachfolger GLC erwarten wir noch stärkere Wachstumsimpulse", gibt sich Källenius optimistisch. Die starke Entwicklung sowie die anhaltend guten Aussichten machen Daimler derzeit zum Favoriten in der deutschen Autobranche.





Drillisch: Heiße Wette auf die neue Strategie



Für den Mobilfunkanbieter Drillisch begann am 1. Juli eine neue Zeitrechnung. Bisher setzte das Unternehmen auf den Verkauf von Mobilfunkverträgen über das Internet und beanspruchte dabei die Preisführerschaft im Retail-Segment. Durch die Übernahme von 300 "Yourfone"-Läden von O2 ist Drillisch nun erstmals auch in den Fußgängerzonen des Landes zu finden. Zudem hat der Konzern von Telefónica Deutschland zusätzliche O2-Kapazitäten erworben und setzt, um diese zu füllen, nun auch auf High-end-Kunden. Die Zahlen für die ersten neun Monate können sich bereits sehen lassen: Der Betriebsgewinn sprang um 40 Prozent auf 91 Millionen Euro nach oben. Im Gesamtjahr möchte das Unternehmen rund 100 Millionen Euro erreichen. Das dürfte trotz steigender Marketingausgaben durchaus realistisch sein. Auch die Zahl der Handynutzer konnte Drillisch zum Stichtag 30. September deutlich - um ein halbe Million auf 2,55 Millionen - steigern. Die Aktie bietet eine heiße Wette darauf, dass die neue Strategie aufgeht. Zu den guten operativen Aussichten kommt auch noch Übernahmefantasie dazu: Dem Großaktionär United Internet werden in regelmäßigen Abständen Kaufabsichten unterstellt.





Wirecard: Web-Zahlungsspezialist schreibt Erfolgsstory



Bei kaum einer anderen Aktie liegen Hass und Liebe derart nah beieinander wie bei Wirecard. Während die einen seit rund einem Jahrzehnt ab und an auf mögliche Bilanzunregelmäßigkeiten hinweisen, sehen die anderen eine exzellente Wachstumsstory. Da bis dato keinerlei Beweise für mögliche Manipulationen vorliegen, setzt sich derzeit das zweite Lager klar durch. Rund 2000 Prozent hat die Aktie in der vergangenen Dekade gewonnen. Die Kursrally geht mit einem starken operativen Wachstumskurs einher, der auch im laufenden Geschäftsjahr 2015 nicht Halt machte. Der Umsatz legte in den ersten neun Monaten um 27,5 Prozent zu, das Ebitda sogar überproportional um 30,9 Prozent. Wirecard profitiert insbesondere vom Trend in Richtung internetgesteuerter Zahlungsprozesse. Ein Ende ist nicht in Sicht, im Gegenteil. "Wir gehen von einer weiteren Beschleunigung dieses Trends aus", sagt Vorstandschef Markus Braun. Dabei setzen die Bayern auch auf Zukäufe, wie jüngst bei der Zahlungsdienstleistungssparte der Great Indien (GI) Retail Group. Analyst Sebastien Sztabowicz von Kepler Cheuvreux glaubt, dass Wirecard auch künftig auf Einkaufstour gehen wird, ohne dass die Profitabilität darunter leidet. "Die Margen dürften weiter steigen", so der Experte.