Nur drei Tage nach dem Pokalsieg in Berlin erklärte der BVB die Zusammenarbeit mit dem Fußball-Lehrer für beendet. "Wir bedanken uns bei Thomas Tuchel und seinem Trainerstab für die sportlich erfolgreiche Arbeit beim BVB, die am vergangenen Samstag im DFB-Pokalsieg in Berlin gegen Eintracht Frankfurt ihren verdienten Höhepunkt fand", hieß es am Dienstag in einer Mitteilung des Clubs. "Für seine berufliche Zukunft wünschen wir Thomas Tuchel nur das Allerbeste."

Zu einem Nachfolger, der schnell gefunden werden muss, wollte sich der BVB nicht äußern. Ob der seit einiger Zeit gehandelte Lucien Favre wirklich erster Anwärter ist, bleibt offen. Der Schweizer steht bei OGC Nizza noch bis zum 30. Juni 2019 unter Vertrag.

In Südfrankreich herrscht Zuversicht, dass Favre in Nizza bleibt. Laut der Zeitung "Nice-Matin" gehe der Trend in diese Richtung. Für den ehemaligen Mönchengladbacher Trainer dürfte eine Ablösesumme in Millionenhöhe fällig werden. Ein weiterer Kandidat könnte der frühere BVB-Spieler Paulo Sousa sein. Der portugiesische Trainer des AC Florenz gewann 1997 mit den Dortmundern als Spieler die Champions League und genießt im Revier noch große Anerkennung.

Bevor der Club am Dienstag die Trennung bestätigte, hatte Tuchel auf seinem rund zwei Stunden zuvor eingerichteten Twitter-Account das Ende der Zusammenarbeit bekanntgegeben.



Obwohl der 43 Jahre alte Tuchel mit der direkten Qualifikation der Borussia für die Champions League und dem Pokalsieg erfolgreiche Arbeit leistete, kann er seinen bis 2018 datierten Vertrag nicht erfüllen. Zu den Hintergründen, die das Ergebnis eines längeren Prozesses seien und von allen Clubgremien getragen werde, wollte sich der Verein nicht im Detail äußern.

Damit geht ein langer Streit zu Ende, der das Vereinsklima zunehmend belastet hatte. Zuletzt gab es unterschiedliche Auffassung zwischen Trainer und BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bei der Frage, ob die Champions-League-Partie gegen Monaco nur einen Tag nach dem Sprengstoffanschlag auf den Teambus hätte ausgetragen werden dürfen. Das angespannte Verhältnis von Tuchel zu Spielern soll den Ausschlag für die Trennung gegeben haben.

Der Club hingegen betonte in seiner Erklärung, dass er großen Wert auf die Feststellung lege, dass es sich bei der Ursache der Trennung keinesfalls um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen handele. "Das Wohl des Vereins Borussia Dortmund, den viel mehr als nur der sportliche Erfolg ausmacht, wird grundsätzlich immer wichtiger sein als Einzelpersonen und mögliche Differenzen zwischen diesen", hieß es in der Erklärung.

Die Misstöne ließ auch der ersehnte Gewinn des DFB-Pokals mit dem 2:1 am vergangenen Sonntag im Finale gegen Eintracht Frankfurt nicht verstummen. Vielmehr legte BVB-Kapitän Marcel Schmelzer gegen Tuchel nach wegen der Ausbootung von Nuri Sahin, der in Berlin trotz der Verletzung seines Mittelfeldkollegen Julian Weigl nicht mal im Kader stand: "Ich war geschockt. Nuri ist ein toller Fußballer, ein toller Mensch. Wir stehen hinter ihm."

Berichte über angebliche Kritik an seiner Arbeit von namentlich nicht genannten BVB-Profis bezeichnete Tuchel als "Teil einer Kampagne". "Es wurde berichtet, ich hätte in der Kabine die Vertrauensfrage gestellt. Das ist einfach nicht wahr", erklärte Tuchel nach dem Pokalfinale. In einem weiteren Tweet, den Tuchel am Dienstag nach der vollzogenen Trennung absetzte, schrieb er:


Der alles andere als unerwartet gekommene Abschied von Trainer Thomas Tuchel hat bei der Aktie von Borussia Dortmund am Dienstagnachmittag keine Spuren hinterlassen. Die Papiere des einzigen börsennotierten Fußballclubs in Deutschland lagen weiter mit 0,8 Prozent im Minus bei 6,09 Euro. Nach dem Pokalsieg vom Wochenende wurden sie tags zuvor mit 6,30 Euro noch auf dem höchsten Niveau seit 2002 gehandelt.

Die Überraschung über das vorzeitige Ende des eigentlich bis 2018 datierten Vertrags hielt sich daher in Grenzen. Für den sportlichen Bereich überwiegt zudem der Optimismus: "Es wird sich nichts Wesentliches ändern. Der BVB wird mit großer Sicherheit schon einen adäquaten Ersatz parat haben oder schnell finden. In der Saison wurden alle Ziele erreicht und der Verein ist super positioniert", sagte Frederik Altmann von Alpha Wertpapierhandel.

Über den nun feststehenden Weggang des Erfolgstrainers drei Tage nach dem Sieg im DFB-Pokalfinale wurde ebenso schon seit geraumer Zeit spekuliert wie über einen möglichen Abschied von Torschützenkönig Pierre-Emerick Aubameyang. Zudem fällt Nationalspieler Marco Reus nach einer Verletzung im Pokalfinale für mehrere Monate aus. Vor diesem Hintergrund hatten die Aktien bereits am Montag fast 2 Prozent verloren und sich damit wieder etwas vom zuvor erreichten Hoch seit dem Jahr 2002 entfernt.

Tuchel war mit Beginn der Saison 2015/2016 Jürgen Klopp als Cheftrainer gefolgt, der nach sieben Jahren das Handtuch geworfen hatte. Der Tabellen-Dritte hatte am Samstag gegen Frankfurt den Pokalsieg errungen. Tuchel war früher Coach beim Bundesligisten Mainz 05, ein Verein, bei dem auch Klopp lange Trainer war. Als Tuchel-Nachfolger beim BVB wurde zuletzt immer wieder der Name des Schweizers Lucien Favre als Top-Kandidat in den Medien genannt, der aktuell bei OGC Nizza unter Vertrag steht. Der 59-Jährige war von 2011 bis 2015 Trainer beim Fußballbundesligisten Borussia Mönchengladbach.

dpa-AFX/rtr