"Der Abschied vom langjährigen Traditionsgeschäft ist uns nicht leicht gefallen. Wir sind sicher, die Division Construction in gute Hände zu geben", sagte Bilfinger-Chef Herbert Bodner. In Zukunft will sich der Konzern stärker auf die gewinnträchtigeren Dienstleistungen rund ums Bauen, etwa das Gebäudemanagement oder das Konzipieren, Modernisieren und Warten von Industrieanlagen und Kraftwerken ausrichten.

Die Übernahme lässt sich Implenia unter dem Strich rund 60 Millionen Euro kosten, Bilfinger erwartet einen Veräußerungsgewinn in niedriger zweistelliger Millionenhöhe. Das größte Schweizer Bau- und Baudienstleistungsunternehmen wächst auf einen Schlag um ein Viertel und übernimmt neben der Schweiz auch in Deutschland, Österreich und Skandinavien im Bereich Infrastruktur eine führende Stellung. Der Umsatz klettert auf rund 3,4 Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl wächst auf rund 8300. "Ein Personalabbau ist nicht angedacht", sagte Implenia-Chef Anton Affentranger der Nachrichtenagentur Reuters. "Bilfinger ist da tätig, wo wir nicht stark vertreten sind."

Die Aktivitäten in Polen übernehmen die Schweizer nicht. Implenia habe sich auf die Länder konzentrieren wollen, in denen der Konzern bereits vertreten sei. Bilfinger ist nach eigenen Angaben bereits in Kontakt mit anderen Interessenten für das polnische Baugeschäft.

Bilfinger steckt in einer tiefen Krise und erwartet nach vier Gewinnwarnungen in diesem Jahr den ersten Jahresverlust seit 1998. Dennoch halten die Mannheimer an ihrer Strategie fest, sich auf das Dienstleistungsgeschäft zu konzentrieren. Doch die Sparten Energie- und Industrie-Dienstleistungen schwächeln. Bilfinger leidet mit seinen Kunden, den Energieversorgern, unter dem Ausbau der Ökoenergie in Deutschland. Kohlekraftwerke sind unrentabel geworden, so dass Bilfinger Aufträge für Wartung oder Rohrleitungsbau wegbrachen. Gleichzeitig sind wichtige Industriekunden wie etwa Chemiebetriebe im Abschwung und sparen.

Martin Hüsler, Analyst der Zürcher Kantonalbank (ZKB), hält das Risiko für Implenia für begrenzt. Bilfinger und Implenia kennen sich seit Jahren und arbeiteten bereits im Tunnelbau am Gotthard und bei Schweizer Eisenbahnprojekten zusammen. "Das lässt darauf schließen, dass Implenia das Risiko gut abschätzen kann", sagte Hüsler.

An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Bilfinger-Aktie legte um 1,5 Prozent zu, die Implenia-Papiere gewannen 4,6 Prozent.

Reuters