Wechselt Biotest seinen Eigentümer dürften vor allem Besitzer der Stammaktien gut an dem Verkauf verdienen. Creat bietet für die stimmberechtigten Papiere 28,50 Euro - ein Aufschlag von gut 43 Prozent auf den gestrigen Schlusskurs. Die Anteilsscheine befinden sich zu 50,03 Prozent in der Hand der Gründerfamilie Schleusner, weitere 15,17 Prozent hält die Kreissparkasse Bieberach, während die Investmentgesellschaft der Landesbank LBBW mit 7,43 Prozent beteiligt ist. Creat ist bereit tief für die Stammaktien in die Tasche zu greifen, da mit deren Stimmrechten die Gesellschaft beherrscht werden kann.

Die Vorzugsaktien wiederum haben keine Stimmrechte. Für den Verzicht auf ihr Mitspracherecht erhalten Aktionäre dieser Papiere allerdings mehr Dividende. Für die Vorzugstitel wollen die Chinesen 19 Euro und damit ziemlich genau das bezahlen, was das Papier zuletzt am Markt gekostet hatte. Die sich zu 100 Prozent im Streubesitz befindenden Vorzugsaktien waren zuletzt deutlich gestiegen und hatten sich damit etwas von ihrem vorangehenden Kursrutsch erholt. Die Aktie war nach ihrem Rekordhoch von 38,133 Euro im Frühjahr 2015 bis knapp über 10 Euro Anfang 2016 abgestürzt.

Aufsichtsrat und Vorstand von Biotest begrüßten die Gespräche. Ein Zusammenschluss mit Creat würde die notwendigen Investitionen in Produkte und Fertigungsanlagen unterstützen. Die Verhandlungen dauern nach Angaben von Biotest derzeit an und es gibt keine Garantie, dass eine endgültige Vereinbarung zwischen den Parteien erzielt werden kann. Die chinesischen Investoren wollen laut Biotest den Firmensitz am Standort im hessischen Dreieich belassen.

Dabei sollen die geltenden Betriebsvereinbarungen, bestehende Tarifverträge sowie die betriebliche Mitbestimmung fortgeführt werden. Das Hauptgeschäft von Biotest sind Blutplasmaprodukte. Aus menschlichem Blut werden Immunglobuline und Gerinnungspräparate hergestellt. Hier zählt das Unternehmen zu den führenden Anbietern. Biotest hat einen hohen Marktanteil im Hepatitis-B-Markt nach Lebertransplantationen.

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Einschätzung der Redaktion



Mit der Meldung der Verkaufsverhandlungen merkte Biotest nicht nur an, dass es keine Erfolgsgarantie gebe sondern auch, dass es nicht bei den genannten Konditionen bleiben müsse. Ob damit besonders die Vorzugsaktionäre auf ein nachgebessertes Angebot hoffen können bleibt dennoch ungewiss. Für einen erfolgreichen Verkauf gilt es noch einige Hürden zu nehmen. Die angestrebte Vereinbarung über den Unternehmenszusammenschluss muss noch ausgehandelt, die Finanzierung gesichert und die Eigentümerfamilie überzeugt werden.

Klar ist, der Markt für Biotests Hauptprodukte wächst. Dafür sorgt der steigende Anteil älterer Menschen. Aber auch die Schwellenländer dürften bei Biotest eine immer größere Rolle spielen. Der Pro-Kopf-Einsatz von intravenösen Immunglobulinen in China beträgt nicht einmal ein Zehntel dessen, was ein US-Bürger erhält. Darauf hat das Unternehmen bereits reagiert. Durch erhebliche Investitionen wird das Blutplasmageschäft gestärkt. Nach der finalen Zulassung durch die Gesundheitsbehörden 2017 und 2018 wird das Unternehmen seine Produktionskapazitäten verdoppelt haben. Aus einem Liter Plasma werden dann fünf anstatt wie heute drei Produkte hergestellt, mit entsprechender Wirkung auf die Marge. Neben dem Stammgeschäft hat Biotest eine Pipeline neuartiger Pharmapräparate auf der Basis gentechnologisch hergestellter monoklonaler Antikörper. Dabei ist der Wirkstoff BT-061 gegen rheumatische Arthritis gefloppt, wird nun aber in anderen Indikationen getestet. Mit BT-063 steckt ein weiterer Wirkstoff in der präklinischen Erprobungsphase.

Wie schwierig es aber ist, diese Wachstumschancen zu Geld zu machen, zeigt der Ausblick auf das aktuelle Jahr. Wegen hoher Investitionen in den Kapazitätsaufbau und steigender Kosten von 60 bis 70 Millionen Euro, erwartet das Unternehmen ein operatives Ergebnis von 46 bis 48 Millionen Euro und damit mindestens ein Viertel weniger Gewinn als im Vorjahr. Mit Blick auf den Kurs der Vorzugsaktie hat das Papier überdies unsere wie die Kursziele der Analysten erreicht bis übertroffen. Zudem ist aktuell ist unklar, wie sehr Creat an den Vorzügen interessiert ist. Zur Firmenkontrolle werden diese nicht gebraucht, wollen die Käufer Biotest aber vom Markt nehmen oder den Gewinn nicht teilen, brauchen sie auch die Vorzüge. Risikobereitere Anleger können daher über die Stammaktie auf einen gelingenden Verkauf spekulieren, während Besitzer der Vorzugsaktie die Papiere halten und mit einem engen Stoppkurs entstandene Kursgewinne absichern sollten. Halten.

Kursziel: 19,00 Euro Stoppkurs: 17,90 Euro