Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien am 08.02.2018 in Heftausgabe 06/2018

Cannabis gehört zu den ältesten dokumentierten Heilpflanzen der Geschichte. Erste Aufzeichnungen über die Anwendung fand man in einem chinesischen Heilbuch über Botanik.

Uruguay war übrigens das erste Land, das Cannabis legalisierte, gefolgt von Kanada, wo auch der Freizeitkonsum ab Mitte 2018 erlaubt sein soll. In den USA entscheiden die einzelnen Bundesstaaten: In sieben Staaten und der Hauptstadt Washington ist Marihuana vollständig legalisiert, in 30 Staaten kann es für medizinische Zwecke erworben werden.

Seit März 2017 ist medizinisches Cannabis auch in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern erstmals verschreibungsfähig. Marktforscher trauen dem Sektor - allein in den USA - von 2016 bis 2021 eine Steigerung der erbrachten jährlichen Wirtschaftsleistung von zwölf Milliarden auf 40 Milliarden Dollar zu. Berauschende Wachstumsperspektiven.

Entsprechend legte der Global Cannabis Stock Index von Ende Oktober 2017 bis zum 3. Januar 2018 um 217 Prozent zu, um dann anschließend rund 40 Prozent nachzugeben. Das sind ähnlich wilde Kursausschläge wie in der Bitcoin-Welt.

Die kanadische Nuuvera beispielsweise erhielt gerade ein Übernahmeangebot  - kurz vor dem dieser Tage geplanten Zweitlisting in Deutschland. Der kanadische Marihuana-Produzent Aphria bietet 826 Millionen Kanada-Dollar für den Anbieter von Medizin-Cannabis. Kurz zuvor hatte Aurora Cannabis für den heimischen Konkurrenten Cannimed Therapeutics 1,1 Milliarden Kanada-Dollar mit dem Ziel offeriert, den weltgrößten Cannabis-Produzenten zu schmieden.

Große Risiken inklusive



Pläne wie diese erinnern an den Neuen Markt, wo ebenfalls etliche Firmen von der Weltmarktführerschaft träumten. Ob Investments in Marihuana-Aktien ebenso tränenreich enden wie damals, wird sich zeigen. Sicher ist aber, dass die Wachstumseuphorie die Bewertungen in luftige Höhen getrieben hat. Insbesondere wenn die erheblichen Risiken Berücksichtigung finden. Schließlich handelt es sich um eine junge Branche mit niedrigen Einstiegshürden, in der Mitstreiter ihre Fähigkeiten, aber auch ihre Verlässlichkeit erst beweisen müssen. Wie immer mischen vermutlich auch hier schwarze Schafe mit. Diese zu erkennen ist ebenso schwierig wie jene Unternehmen zu bestimmen, die den Verdrängungswettbewerb überstehen werden.

Mit erheblichen Unsicherheiten sind selbst allgemeine Marktprognosen behaftet. Völlig offen ist etwa, wie sich die Preise für Marihuana entwickeln, wenn das Angebot immer größer wird. Ganz zu schweigen davon, dass die rechtlichen Rahmendaten von der vorherrschenden politischen Stimmungslage abhängen.

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Vier Anlageideen



Anleger sollten deshalb sehr selektiv und mit begrenztem Kapitaleinsatz in das Segment investieren. Für ein Investment infrage kommt die bereits in Ausgabe 40/2016 empfohlene Aktie von Abbvie. Der auf schwere Krankheiten spezialisierte Biopharmakonzern hat mit Marinol ein Cannabis-Medikament im Portfolio, das bei Chemotherapien gegen Übelkeit hilft sowie bei Aids-Patienten das Hungergefühl weckt. Man ist als Anleger an einer Gesellschaft beteiligt, die am Cannabis-Wachstumsmarkt partizipiert, aber auch anderweitig Geld verdient. Bis jetzt ging diese Wette auf, und trotz bereits deutlicher Kursgewinne ist die Bewertung weiter vertretbar. Wir heben deshalb unser bisheriges Kursziel an.



In derselben Ausgabe vorgestellt wurde GW Pharmaceuticals - damals aber noch mit "Beobachten" eingestuft. Der Kurs hat den Durchbruch zwar noch nicht geschafft, doch das könnte sich bald ändern. Denn die britische Biopharmafirma hat in den USA und Europa Zulassungsanträge für Epidiolex eingereicht, ein Cannabinoid ohne euphorische Nebenwirkungen, das zur Behandlung einer Reihe seltener, schwerer pädiatrischer Epilepsieerkrankungen eingesetzt wird. Im Erfolgsfall rechnen Analysten für die Geschäftsjahre 2019/20 und 2020/21 mit Gewinnen je Aktie von 13,71 und 20,89 Dollar.

Ein lohnendes Investment könnte auch Canopy Growth sein, einer der führenden Anbieter von Cannabis für medizinische Zwecke in Nordamerika. Die Bewertung ist zwar optisch sehr hoch, doch es winken im Idealfall hohe Wachstumsraten. Ein Qualitätsbeweis für die Kanadier ist auch die 191-Millionen-Dollar-Beteiligung von Constellation Brands. Gemeinsam mit dem großen US-Weinproduzenten und Bierimporteur will man cannabishaltige alkoholfreie Getränke herstellen.

Zwar spekulativ, aber einen Blick wert ist MedReleaf. Zumindest wenn die Pläne des Managements aufgehen. Denn diese sehen einen massiven Kapazitätsausbau vor sowie eine Belieferung der größten kanadischen Apotheken- und Drogeriemarktkette Shoppers Drug Mart, sobald sie die Lizenz zum Onlineverkauf von Hanfmedizinprodukten erhält. Analysten trauen dem Cannabis-Produzenten erstmals im Geschäftsjahr 2018/19 einen Gewinn je Aktie von 0,31 kanadischen Dollar zu und bis 2021/22 sollen sogar 1,25 Dollar herausspringen. Das klingt doch ganz verlockend.



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