Sobald der Verbraucher den Supermarkt betritt, hat er die Qual der Wahl. Egal ob Nudeln, Fertigpizza oder Mineralwasser, in Regalen und Tiefkühltruhen warten Nahrungsmittel unterschiedlichster Variation darauf, gekauft zu werden. Insofern wird in den Epizentren des deutschen Einzelhandels ein globaler Wettkampf ausgetragen. Riesige Lebensmittelkonzerne drängen mit ihrer Produktfülle zum Portemonnaie des Konsumenten. Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts gab ein deutscher Haushalt 2015 im Schnitt monatlich 332 Euro für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren aus.

Rechnet man diese Zahl auf das Jahr und die Gesamtbevölkerung hoch, sind in diesem Sektor allein in Deutschland rund 150 Milliarden Euro zu holen. Da Essen und Trinken Grundbedürfnisse sind, bleibt dieser Geldtopf auch in Krisenzeiten ordentlich gefüllt.

Die Konjunkturresistenz gilt als zentrales Argument für Aktien aus dem Nahrungsmittelsektor. Momentan steht die Branche allerdings nicht wegen ihrer defensiven Qualitäten im Fokus. Vielmehr sorgen gescheiterte und vollzogene Übernahmen, neue Köpfe in den Chefetagen sowie sich verändernde Essgewohnheiten für Gesprächsstoff. Besonders häufig ist von Unilever die Rede. Seit der US-Konzern Kraft Heinz im Februar eine 143 Milliarden Euro schwere Übernahmeofferte machte, ist bei dem niederländisch-britischen Lebensmittelmulti nichts mehr, wie es war. Der Hersteller bekannter Artikel wie Knorr-Suppen oder Lipton-Eistees blockte das Angebot zwar ab, gleichwohl kam der Vorstoß aus Übersee einem Weckruf für das Management gleich. Anfang April kündigte Konzernchef Paul Polman eine Forcierung des Shareholder-Value-Prinzips an. Konkret will er den Konzern umbauen und gleichzeitig die Anteilseigner mit höheren Ausschüttungen bei Laune halten. Überdies kündigte das Unternehmen ein fünf Milliarden Euro schweres Aktienrückkaufprogramm an.

Bei dem Bemühen, die Eigenständigkeit zu bewahren, sollten Polman auch die jüngsten Quartalszahlen in die Hände spielen: Bereinigt um Währungseffekte verbuchte Unilever von Januar bis März ein Umsatzwachstum von 2,9 Prozent und übertraf damit die Erwartungen. Vor allem in den Schwellenländern konnte der Konzern höhere Preise durchsetzen und die Verkaufsmenge steigern. Das operative Momentum spricht zusammen mit dem speziell für die Aktionäre aufgetischten Menü für die Unilever-Aktie.

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Neuer Chef für frische Impulse



Kürzlich gewährte auch Nestlé Einblick in die jüngste Geschäftsentwicklung. Beim weltgrößten Lebensmittelhersteller lag das organische Umsatzwachstum im ersten Quartal mit 2,3 Prozent im Rahmen der Erwartungen. Gleichwohl erlebten die Schweizer den schwächsten Jahresauftakt seit mehr als einer Dekade. Neuen Schwung soll der seit Anfang des Jahres amtierende Konzernlenker Ulf Schneider bringen. Der frühere Fresenius-Chef könnte bei dem im Supermarkt mit Marken wie Maggi, Thomy oder Nescafé omnipräsente Branchenprimus schon bald erste Maßnahmen einleiten - nicht zuletzt deswegen bleibt die Nestlé-Aktie ein Standardinvestment.

Positiv schätzen wir auch die Perspektiven von Danone ein, obwohl der weltgrößte Joghurthersteller einen mauen Jahresauftakt verbuchte. Im ersten Quartal lag das organische Umsatzplus der Franzosen gerade einmal bei 0,7 Prozent. Allerdings kam das durch den schwachen Absatz von Milchprodukten in Europa und Brasilien gebremste Wachstum nicht überraschend.

Außerdem hat der für Marken wie Actimel und Evian bekannte Konzern gerade eine vielversprechende Übernahme abgeschlossen: Für 12,5 Milliarden US-Dollar schluckte Danone den US-Konzern White-Wave. Hierzulande dürften die Produkte dieses Unternehmens vor allem den Verfechtern einer veganen Ernährung bekannt sein. Unter den Marken Alpro und Provamel verkauft WhiteWave Milchersatzprodukte auf Soja-, Mandel- oder Reisbasis. Danone hat es mit dem Deal vor allem auf den amerikanischen Kontinent abgesehen, wo das Unternehmen 86 Prozent der Umsätze erzielt. Zur Bioproduktpalette zählen dort unter anderem Milch, Joghurt, Frischobst und abgepackte Salate. WhiteWave trifft den Zeitgeist von immer mehr Verbrauchern, die auf gesunde Ernährung achten, und wächst entsprechend kräftig.

Folgerichtig erhöhte Danone die Prognose, nachdem der Deal in trockenen Tüchern war. "2017 ist ein Jahr des Aufbaus, welches Danone zu einem noch robusteren Unternehmen machen wird", erklärt Konzernchef Emmanuel Faber. Behält er recht, könnte die Aktie den aktuellen Bewertungsabschlag gegenüber Nestlé und Unilever abbauen. Neben der Integration von WhiteWave stellt die Schwäche im europäischen Milchgeschäft ein Risiko für dieses Szenario dar.

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Sandwich für unterwegs



Als weiteres Wachstumsfeld der Branche gelten Fertigprodukte. Sei es dem Singledasein, der doppelten Berufstätigkeit bei Paaren oder schlicht dem Lifestyle geschuldet, jedenfalls bleibt in immer mehr Haushalten die Küche kalt. Auf diesen Trend ist Greencore ausgerichtet. Der irische Konzern produziert vom abgepackten Sandwich über Bagel und Sushi bis zur fertigen Pasta alles, was der Magen des eiligen Menschen begehrt. Wichtigster Markt ist Großbritannien, wo Greencore unter anderem die Läden des Einzelhandelsriesen Marks & Spencer beliefert.

Derweil hat das Unternehmen seine Präsenz in den USA mit der Übernahme von Peacock Foods gerade deutlich erhöht. Die in Chicago ansässige Firma produziert Müslis, gekühlten Salat oder gefrorene Burger. Nach Ansicht von Karel Zoete, Analyst bei Kepler Cheuvreux, schafft Greencore mit diesem Deal die Grundlage für weiteres Wachstum in den USA. Das Researchhaus hat die Coverage für den mittelgroßen Wert mit einer Kaufempfehlung aufgenommen. "Die Gewinne von Greencore dürften bis 2020 zu den am schnellsten wachsenden in unserem Nahrungsmitteluniversum zählen", sagt der Experte. Angesichts solcher Aussichten und eines 2018er-KGV von weniger als 15 muss Anlegern geradezu das Wasser im Munde zusammenlaufen. Allerdings gibt es auch hier Gefahren: Insbesondere ein zäher und wachstumshemmender EU-Ausstieg Großbritanniens könnte Greencore ausbremsen.



Relativ gelassen kann Archer Daniels Midland (ADM) den Brexit beobachten. Im Kern ist der US-Agrarhändler eine globale Mühle und damit am Anfang der Nahrungsmittelproduktion positioniert. So betreibt das Unternehmen zum Beispiel in Hamburg den größten Ölsaatenverarbeitungs- und Raffineriekomplex Europas. Dort werden Raps und Sojabohnen für den Einsatz in Margarine und Pflanzenölen verarbeitet. Außerdem produziert der Konzern Zutaten wie Aromen oder Farbstoffe. Die ADM-Aktie ist auf dem besten Weg, die heftige Korrektur des Jahres 2015 vergessen zu machen. Dazu passt, dass Unternehmenschef Juan Luciano für 2017 nach dem Rückgang im Vorjahr einen höheren Gewinn in Aussicht stellt. Für den US-Titel spricht außerdem eine Dividendenrendite von über 2,5 Prozent.

Anleger, die Investments in Einzelwerte scheuen, können sich über Exchange Traded Funds (ETF) diversifiziert im Nahrungsmittelsektor positionieren. Unter anderem bildet Lyxor den Stoxx Europe 600 Food & Beverage Index passiv ab. Zwar beschränkt sich der Index auf Europa, gleichwohl sind die 21 Indexmitglieder in den verschiedensten Facetten am Wettlauf um die Einkaufstasche beteiligt.



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