Größe allein ist an der Börse keine Garantie für eine erfolgreiche Geldanlage. Ein gutes Beispiel geben die Banken. Deutsche Bank und Commerzbank stehen nahezu täglich im Fokus der Berichterstattung. Doch was für den Anleger zählt ist die Performance, und hier sieht es nicht nur bei den beiden Blue Chips sondern auch der Aareal Bank sehr dürftig aus. Deutsche Bank und Aareal rückten seit Jahresbeginn um rund sechs Prozent vor, mit der Commerzbank liegen Anleger knapp zehn Prozent hinten. Viel Wirbel um nichts lautet das Fazit nach zehn Monaten. Doch es geht auch wesentlich besser.

Klein aber fein präsentiert sich die comdirect. Mit einem Börsengewicht von rund 1,5 Mrd. Euro ist die Aktie deutlich kleiner und daher nur im SDAX gelistet. Die Performance von mehr als 30 Prozent seit Jahresbeginn kann sich aber sehen lassen und stellt die anderen Finanzwerte locker in den Schatten. Doch damit nicht genug, denn auch die Dividendenrendite von 3,6 Prozent fällt überdurchschnittlich aus und liegt nur knapp unter dem Niveau der Aareal Bank.

Ähnlich wie bei den großen Branchenkollegen leidet natürlich auch die unter dem Niedrigzinsumfeld. Daran wird sich so schnell nichts ändern. Doch das SDAX-Mitglied, an dem die Commerzbank mit gut 81 Prozent beteiligt ist, profitiert inzwischen von der immer stärkeren Digitalisierung des Bank-Geschäfts. Vor allem bei vielen Privatanlegern ist der Broker sehr beliebt und hat in den vergangenen Jahren für seine Benutzeroberfläche und Kundenzufriedenheit immer wieder Bestnoten eingeheimst.

Sommermärchen an der Börse



Die Investitionen der vergangenen Jahre flankiert von ständigen Neuerungen und Lockangeboten zahlen sich nun aus. Ende September lag die Gesamtkundenzahl mit 2,95 Millionen auf Rekord, dass betreute Kundenvermögen erreichte knapp 61 Mrd. Euro. Dank der volatilen Märkte in den vergangenen Monaten handelten die Privatanleger so kräftig wie selten zuvor. Je stärker die Schwankungen an den Börsen ausfallen, desto besser laufen die Geschäfte bei der comdirect. Die kürzlich präsentierten Neun-Monats-Zahlen zeigen dies deutlich: "Unsere Kunden haben so viel gehandelt wie noch nie.

Im Neunmonatszeitraum hatten wir fast so viele Trades wie im gesamten letzten Jahr, einem besonders guten Trading-Jahr", sagte Arno Walter, Vorstandsvorsitzender der comdirect bank. Im Zeitraum von Januar bis September wurden rund elf Millionen Trades abgewickelt, verglichen mit acht Millionen im Vorjahr. Weiterentwickelte Angebote für Trader und Anleger führten auch unter dem Strich beim Marktführer für Online-Brokerage zu starken Zahlen.

Beim Gewinn vor Steuern blieben nach neun Monaten 76,2 Mio. Euro, gut 17 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Für die comdirect war das sonst typische Sommerloch somit ein Sommermärchen mit Höchstwerten bei den Erträgen, Trades und Kundenzahlen. Logische Konsequenz: "Auf dieser Basis erhöhen wir unser Ergebnisziel auf mehr als 85 Millionen Euro vor Steuern", teilte die Bank vor wenigen Tagen mit. Erst zum Halbjahr hatte das Management die Messlatte noch auf 80 Mio. Euro heraufgesetzt.

Der Ertragstrend wird aber nicht nur durch die höhere Marktvolatilität gefördert, sondern auch durch das Wachstum beim Portfoliovolumen. Hohe Nettomittelzuflüsse von 2,8 Mrd. Euro führten zu einem Zuwachs beim betreuten Kundenvermögen auf 37 Mrd. Euro. Die Zahl der Depots legte um 47.000 auf 926.000 zu, auch bei den Girokonten geht es deutlich aufwärts. Walter dazu: "Sowohl bei den Depots- als auch bei den Girokonten sind wir derzeit eine der am stärksten wachsenden Banken in einem ansonsten stagnierenden Gesamtmarkt."

Solche Erfolge sind natürlich nur möglich, wenn Prozesse für den Kunden immer weiter vereinfacht werden. Jüngstes Beispiel ist das "Sofort-Konto": Als bisher einzige Bank in Deutschland erfolgen hier Kontoeröffnung und Kontowechsel vollständig digital innerhalb von wenigen Minuten.

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Fintech und Kredite als Treiber



Nach Einschätzung von Warburg Research will sich das Management künftig noch stärker auf das Ergebniswachstum konzentrieren, da die Treiber für das Zinsergebnis diversifiziert werden. Dank des Wachstums der Girokonten und somit auch steigenden Einlagen wurde bisher ein größerer Rückgang des Zinsüberschusses verhindert. Stärker in den Fokus rückt nun eine Ausweitung des Kreditvolumens. Bereits jede dritte Person in Deutschland besitzt ein Verbraucherdarlehen, somit besteht noch viel Luft, um die Kundennachfrage nach Konsumfinanzierung anzutreiben. Bei moderaten Risikoaufwendungen wird die angepeilte Marge von drei bis fünf Prozent auch den Umsatz positiv beeinflussen.

Wachstumsperspektiven bieten zudem die zahlreichen neuen und noch in der Entwicklung stehenden Bezahlmöglichkeiten. Je einfacher und zugleich sicherer die digitalen Banking-Angebote werden, desto mehr Kunden dürfte diese nutzen. Bisher erledigt erst jeder zweite Bundesbürger seine Banking-Geschäfte online. Auch neue Kommunikationsmöglichkeiten erweitern den Kreis der potenziellen Kunden wie Live- und Video-Chats, mit denen bei der comdirect Konten entsperrt und Servicefragen geklärt werde können.

Enormes Potenzial bieten zudem neue Bezahl- und Trading-Dienste wie smartPay, einer App fürs einfache Bezahlen von Rechnungen, über TopTrade, einer Plattform, die Social Trading aufs Smartphone bringt, bis hin zum fintego Managed Depot, der digitalen Vermögensverwaltung der ebase. Start-Ups können sogar über die von der comdirect gegründete "Start-up-Garage" ihre Fintech-Ideen testen. Ein cleverer Schachzug der Norddeutschen, um sich in dem Wachstumsmarkt gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

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Einschätzung der Redaktion



Selbst im aktuellen Niedrigzinsumfeld klingelt bei der comdirect die Kasse. Bleibt die Volatilität an den Börsen hoch, was grundsätzlich zu erwarten ist, dürfte sich daran kaum etwas ändern. Anziehende Zinsen sind zwar derzeit noch nicht in Sicht, eröffnen aber langfristig ebenfalls viel Potenzial wie auch die ständigen Innovationen, mit denen neue Kunden generiert werden. Sowohl die Performance als auch die hohe Dividendenrendite sprechen eindeutig für den Small Cap, der sich auch weiterhin wesentlich besser entwickeln sollte als die Großen der Branche. v


Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de