Der erste Milliardengewinn seit fünf Jahren, die erste Dividende seit 2007 - Commerzbank-Chef Martin Blessing hat kurz vor seinem Abschied bei Deutschlands zweitgrößter Bank die Kurve gekriegt. "Ich werde mit sehr gemischten Gefühlen gehen", sagte der 52-Jährige auf seiner letzten Bilanzpressekonferenz am Freitag in Frankfurt. Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller will bis Mitte April einen Nachfolger für Blessing finden, der die Bank acht Jahre lang durch ihre größte Krise geführt hat. "Das Jahr 2015 hat gezeigt, dass unsere Strategie richtig ist und die Umsetzung erfolgreich verläuft", bilanzierte dieser. Der Nettogewinn hat sich auf 1,06 Milliarden Euro vervierfacht. "Aber für meinen Nachfolger gibt es noch eine ganze Menge zu tun. Es ist nicht so, dass das Ende der Arbeit angebrochen ist."

Die Börse bejubelte den fast abgeschlossenen Umbau und die versprochene Dividende von 20 Cent: Die Commerzbank-Aktie schoss am Freitag um 16 Prozent nach oben und zog auch die Titel der Deutschen Bank mit, die ganz am Anfang einer mühsamen Sanierung steht und 2015 einen Rekordverlust von fast sieben Milliarden Euro gemacht hat. Beim deutschen Branchenprimus fällt die Dividende 2015 und 2016 aus. Bei der Commerzbank soll die Ausschüttungsquote in den kommenden Jahren dagegen noch steigen. "Heute haben wir mal dem Markt und der Branche geholfen", sagte Blessing.

Nach seinem Abschied könnte der Commerzbank ein kompletter personeller Neuanfang bevorstehen. Auch Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller signalisierte erstmals die Bereitschaft, vor 2018 abzutreten. "Ich hänge an der Bank, aber ich klebe nicht an meinem Stuhl", sagte der 71-Jährige. Forderungen danach waren zuletzt vor allem aus der Politik laut geworden. Die Suche nach einem Nachfolger sei aber schwierig, zahlreiche Kandidaten hätten angesichts des Arbeitsaufwandes abgewinkt. Für Blessings Nachfolge kämen weiterhin interne und externe Kandidaten in Frage, betonte Müller, der die Bank selbst sieben Jahre lang geführt hatte.

Blessing betonte, er gehe nicht etwa, weil er die Herausforderungen scheue, vor denen die Bankenbranche in den nächsten Jahren stehe. "Ich glaube nicht, dass das Banking noch schwieriger wird als das, was wir in den Jahren 2009 bis 2011 erlebt haben - und da bin ich ja auch geblieben." Für 2016 hat sich die Bank einen leichten Gewinnzuwachs vorgenommen, obwohl die zuletzt stark gesunkenen Rückstellungen für faule Kredite wieder wachsen dürften. Auch in den Jahren danach seien moderate Zuwächse sein. Zweistellige Eigenkapitalrenditen, wie sie sich die Commerzbank noch vor gut drei Jahren vorgenommen habe, hält Blessing angesichts der Niedrigzinsen aber auf absehbare Zeit für die ganze Branche für utopisch. 2015 kam sein Institut im Kerngeschäft auf 8,1 Prozent.

RICHTIGE ENTSCHEIDUNG - SCHLECHTES TIMING



Kurz nach Blessings Amtsantritt hatte die Commerzbank die Dresdner Bank geschluckt - zwei Wochen vor dem Höhepunkt der Finanzkrise. Der Staat musste die fusionierte Bank mit gut 18 Milliarden Euro retten, noch heute ist er mit 15,6 Prozent an der Bank beteiligt. Nun winkt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und den anderen Aktionären erstmals eine Dividende: Sie summiert sich für den Großaktionär Bund auf 39 Millionen Euro. Sein Aktienpaket ist mit 1,4 Milliarden Euro allerdings noch weit weniger wert als er in der Finanzkrise dafür bezahlt hatte.

"Strategisch war das die richtige Entscheidung. Das Timing war halt schlecht", sagte Blessing am Freitag mit Blick auf die Dresdner Bank. Seitdem sei die Bilanzsumme um mehr als die Hälfte geschrumpft, das Eigenkapital habe sich fast verdoppelt. 400 Filialen wurden geschlossen, Tausende Stellen fielen weg. "Wir haben uns in den vergangenen Jahren Freiraum geschaffen, der deutschen Wirtschaft und insbesondere dem Mittelstand mehr Kredite zu gewähren", sagte der Commerzbank-Chef. Von einer Übernahme der Postbank, die die Deutsche Bank rasch loswerden will, hält Blessing aber nichts: "Meine Meinung dazu hat sich eher noch verfestigt."

Mit Blessing ist bei der Commerzbank auch die interne "Bad Bank" NCA Geschichte. Sie war 2012 eingerichtet worden, um ein riesiges Portfolio von 160 Milliarden Euro an Schiffs- und Immobilienkrediten sowie Staatspapieren schonend loszuwerden. Der Rest wird nun weitgehend auf die einzelnen Sparten verteilt. Nur um 18 Milliarden Euro besonders problematische Engagements soll sich noch bis 2019 eine Spezialeinheit kümmern. Bis zu 850 Millionen Euro Verlust hat die Bank dafür eingeplant. Finanzchef Stephan Engels machen vor allem die Schiffskredite Sorgen: "Es wird nicht besser - hoffentlich wird es nicht viel schlechter."

Die Problem-Kredite hatten viel Kapital gebunden. Nun liegt die Commerzbank mit einer harten Kernkapitalquote von 12 Prozent wenigstens im europäischen Mittelfeld. "Die größte positive Überraschung waren die starke Verbesserung der Kapitalquoten und der weitere Abbau der Schiffskredite", lobte Equinet-Analyst Philipp Häßler.

Reuters