"Es hilft zu zeigen, dass auch größere Börsengänge in Deutschland möglich sind", sagte Covestro-Finanzchef Frank Lutz, der enthusiastisch die Glocke zum Börsendebüt auf dem Parkett läutete.

Dabei war das Anlegerinteresse an Covestro zunächst mau. Wegen der schleppenden Nachfrage wurde die Preisspanne kräftig gesenkt, das Emissionsvolumen schmolz auf 1,5 Milliarden Euro statt der anvisierten 2,5 Milliarden. Mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro ist Covestro ein Kandidat für einen Aufstieg in den Nebenwerteindex MDax.

Eigentlich sollte Covestro der größte Börsengang in Deutschland seit dem Boom-Jahr 2000 werden. Nun ist es der größte seit dem des Motorenbauers Tognum im Jahr 2007. Die Turbulenzen an der Börse und der Abgas-Skandal bei Volkswagen machten Covestro aber einen Strich durch die Rechnung. Hinzu kam noch, dass der US-Rivale Huntsman während der Zeichnungsfrist eine Gewinnwarnung veröffentlichte. "Wir haben die Angebotsspanne nach unten korrigiert. Kaum hatten wir das getan, haben wir den Markt auch da erwischt, wo wir ihn haben wollten", sagte Lutz. Zu den neuen Konditionen sei die Emission mehr als dreifach überzeichnet gewesen.

Die Anleger, die zugegriffen hätten, seien eine "gute Mischung" aus Europa und den USA. Die großen deutschen Investoren seien alle dabei mit einem Anteil von mehr als zehn Prozent. Insgesamt seien über 90 Prozent institutionelle Investoren. Es gab laut Lutz aber auch "erfreulich großes Interesse" von Privatanlegern. "Ich glaube, das wird dem Markt gut tun, dass es doch noch funktioniert hat", meinte Klaus Fröhlich, Leiter Kapitalmarktgeschäft Deutschland bei Morgan Stanley, die den Gang aufs Parkett federführend mitbegleitete. Er rechnet mit weiteren Börsengängen im November und Dezember.

Die Covestro-Mutter Bayer reduziert mit dem Börsengang ihren Anteil an der Kunststofftochter auf zunächst etwa 69 Prozent. Die Leverkusener wollen sich künftig ganz auf die drei Sparten Pharma, das Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten (Consumer Health) und das Agrargeschäft CropScience konzentrieren. Langfristig will sich der Konzern vollständig von Covestro trennen, hat sich aber zunächst einer Haltefrist von sechs Monaten verpflichtet. Bayer ist der große Nutznießer der Emission, denn mit dem Geld aus dem Börsengang will Covestro vor allem Schulden tilgen, die ihr der Mutterkonzern aufgebürdet hat. Covestro fertigt mit gut 16.000 Mitarbeitern Vorprodukte für die Auto-, Möbel-, Haushaltsgeräte- und Bauindustrie. Die Kunststoffe des Unternehmens finden sich im Schaumstoff von Matratzen, Autositzen, aber auch in Blu-ray-Discs und dem Fußball-WM-Ball wieder.

Reuters