Mit einem milliardenschweren Verlust hat der neue Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam die Anleger verschreckt. Vor allem Abschreibungen auf eine überteuerte Übernahme in den USA sowie schleppende Geschäfte im Investmentbanking sorgten im vergangenen Jahr für einen Fehlbetrag von 2,94 Milliarden Franken, nach einem Gewinn von 1,9 Milliarden Franken 2014. Letztmals hatte die zweitgrößte Schweizer Bank 2008 schlechtere Zahlen vorgelegt. "Das Umfeld hat sich im vierten Quartal 2015 deutlich verschlechtert", räumte Thiam am Donnerstag ein. "Und es ist nicht abschätzbar, wann sich einige der aktuellen negativen Trends, welche die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft beeinflussen, abschwächen werden."

Damit drohen schon wenige Monate, nachdem Thiam einen ehrgeizigen Marschplan vorgelegt hatte, die neuen Vorgaben außer Reichweite zu rücken. "Die Zielerreichung per 2018 scheint unrealistischer denn je", erklärte ZKB-Analyst Andreas Brun. Die Investoren flüchteten in Scharen, die Aktie verlor zwölf Prozent und sackte auf den tiefsten Stand seit 1992 ab.

Selbst ohne die zahlreichen Sonderfaktoren fiel der Abschluss deutlich unter den Analystenerwartungen aus. Für den Löwenanteil des Jahresverlusts ist eine Wertberichtigung von 3,8 Milliarden Franken auf eine überteuerten Investmentbanking-Übernahme im Boomjahr 2000 verantwortlich. Das Großreinemachen von Thiam, der die Bank stärker auf die Vermögensverwaltung ausrichten will und Teile des Investmentbankings eindampft, hinterließ zusätzliche Belastungen wie Rückstellungen für Rechtskosten.

Doch auch im Tagesgeschäft kommt Credit Suisse nicht auf Touren. Die Erträge, die zur Erreichung des angepeilten Gewinnsprungs wichtiger sind als Kosteneinsparungen, sanken im Schlussquartal im Vergleich zum Vorquartal um 30 Prozent. Besonders schlecht schnitt das Handelsgeschäft ab. Wie schon die Abschlüsse von Goldman Sachs und anderen US-Banken gezeigt haben, läuft der Anleihenhandel so schlecht wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Aber auch im Geschäft mit reichen Privatkunden, die im Zentrum der neuen Strategie Thiams stehen, hakt es. In zwei der drei Vermögensverwaltungsdivisionen musste die Bank Milliarden-Abflüsse verdauen, nur in Asien konnte das Institut mehr Geld einsammeln.

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KEINE RASCHE BESSERUNG IN SICHT



Thiam hält mit einer Beschleunigung des Sparprogramms dagegen. Bis Ende Januar habe die Credit Suisse die Kosten um 1,2 Milliarden Franken gedrückt und damit bereits ein Drittel des bis Ende 2018 angepeilten Ziels von 3,5 Milliarden Franken erreicht, betonte er. Wie geplant will Credit Suisse nun rund 4000 Stellen streichen.

Eine schnelle Besserung des Umfelds erwartet Thiam nicht. Auch im Januar 2016 seien die Marktbedingungen schwierig gewesen und im restlichen Verlauf des Quartals dürften die Märkte volatil bleiben, warnte der CS-Chef. Trotzdem sieht der Ivorer keinen Grund, von seinen ehrgeizigen Vorgaben abzurücken. "In den nächsten 35 Monaten werden wir unsere Strategie weiter diszipliniert umsetzen, um unsere angestrebten Ziele bis Dezember 2018 zu erreichen." Der ehemalige Versicherungsmanager peilt einen Vorsteuergewinn von neun bis zehn Milliarden Franken an. 2015 schaffte es die Bank hier gerade mal in die schwarzen Zahlen.

"Um nur schon in die Richtung der angestrebten Ziele zu kommen, benötigt die CS den Rückenwind der Märkte", erklärte ZKB-Analyst Brun. "Momentan bläst ihr aber an allen Fronten ein rauer Wind entgegen." Der Bank drohten auch steigende Kreditrisikokosten. Dies gelte insbesondere für Darlehn im Ölsektor, wo die Bank mit 9,1 Milliarden Franken engagiert ist.

Ganz so negativ waren aber nicht alle Experten. Safra Sarasin-Analyst Javier Lodeiro geht davon aus, dass die Credit Suisse mit ihrem Umbau im Gegensatz zur Deutschen Bank und der britische Barclays dank dem Vermögensverwaltungsgeschäft schlussendlich erfolgreich sein wird. Schon auf der richtigen Spur ist die UBS. Die grösste Schweizer Bank hat bereits 2012 damit begonnen hatte, die Bank umzukrempeln.

Reuters