"Die wirtschaftlichen Kosten eines harten Brexit sind sicherlich höher als alle anderen Optionen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Beide Seiten - und damit auch Deutschland - würden wirtschaftlich mit Wachstumseinbußen für einen solchen Ausstieg bezahlen.

Allerdings rechnet Fratzscher nicht mit einem tiefen wirtschaftlichen Einbruch durch den Brexit oder gar einer Rezession. Für Großbritannien könnte es nach seinen Worten zu Wachstumseinbußen von jährlich 0,3 bis 0,4 Prozentpunkten kommen. Auch Deutschland werde Abstriche beim Wachstum machen müssen, allerdings nur in relativ geringem Ausmaß, sagte er.

Eine Gefahr für Deutschland und Europa als Standort von Firmen könnte entstehen, wenn Großbritannien - wie schon angedacht - die Unternehmenssteuern massiv senkt. Dass es gelingen kann, damit Firmen anzuziehen, zeigten Beispiele wie Irland oder Luxemburg, erklärte der DIW-Präsident. Fratzscher empfiehlt der EU und Deutschland dennoch, sich nicht auf einen solchen Steuersenkungswettlauf einzulassen. "Einen solchen Wettbewerb kann Deutschland nicht gewinnen", sagte er. Er halte es für eine bessere Strategie, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, etwa durch Investitionen in die digitale Infrastruktur.

Wenn Großbritannien beim EU-Abschied einen klaren Trennungsstrich ziehe zum europäischen Binnenmarkt führe dies zu Erschwernissen beim Handel und den Investitionen, sagte Fratzscher. Das treffe Deutschland sehr hart, denn die Deutschen investierten stark in Großbritannien. "Hier wird es große Anpassungen und hohe Kosten geben", warnte er. "Die Strategie, die die britische Regierung nun zu verfolgen scheint, heißt: wir wollen die Kosten für die Europäer und die Deutschen so stark erhöhen, dass sie uns einen bevorzugten Zugang zum Binnenmarkt gehen."

Er halte das für eine gefährliche Strategie, der man widerstehen müssen, sagte Fratzscher. "Ich würde mir wünschen, dass man die Briten im Binnenmarkt hält." Das wäre wirtschaftlich die beste Lösung. Dazu müsste Großbritannien aber die Kröte des freien Güter- und Personenverkehrs schlucken. "Das ist unverhandelbar", sagte der DIW-Präsident.

rtr