Es ist der einzige Stern, der in Berlin auch bei bedecktem Himmel leuchtet: das berühmte Mercedes-Symbol auf dem Dach des Europa-Centers - eines Bürohochhauses in exklusiver Lage direkt am Ku’damm. Auch an der Börse funkelt der Stern so hell wie schon lange nicht mehr. Zur Hauptversammlung in Berlin reiste Daimler-Chef Dieter Zetsche mit Rekordzahlen und glänzenden Aussichten im Gepäck an. "Die Erntezeit hat gerade erst angefangen. Unser Unternehmen kann noch viel mehr", sagte Zetsche mit Blick auf die langfristigen Ziele. Daimlers erklärtes Vorhaben ist es, nachhaltig profitabel zu wachsen und den Konkurrenten BMW und Audi bis 2020 die Rücklichter zu zeigen.

Zetsche befindet sich auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr fuhren die Schwaben neue Bestwerte bei allen wichtigen Kennzahlen ein. Der Umsatz stieg leicht auf 118 Milliarden Euro, das operative Ergebnis schoss dank des Verkaufs der EADS-Beteiligung - heute Airbus - um gut ein Fünftel auf fast elf Milliarden Euro in die Höhe.

"Wir beginnen 2014 mit demselben Tempo, mit dem wir 2013 beendet haben", sagte Zetsche vor rund 5000 Aktionären. Der Pkw-Absatz der Kernmarke Mercedes-Benz stieg in den ersten drei Monaten um 14 Prozent. Damit war Mercedes die weltweit am stärksten wachsende Premiummarke. Der Daimler- Chef bekräftigte zugleich den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr. Absatz, Umsatz und operatives Ergebnis sollen demnach deutlich zulegen.

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Kritik an Doppelrolle

Von den anwesenden Anteilseignern kam aber keineswegs nur Beifall. Den beiden Großaktionären DWS und Union Investment ist Zetsches Doppelfunktion als Chef des Konzerns und der Pkw- Sparte ein Dorn im Auge. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff nahm den Kritikern den Wind aus den Segeln. Man erachte es als außerordentlich wertvoll, wenn der Konzernchef auch im operativen Geschäft tätig sei. "Der Aufsichtsrat beschäftigt sich tatsächlich mit der Frage der Nachfolge. Sie steht aber momentan nicht an", sagte Bischoff. Das könnte bereits auf eine Verlängerung mit Zetsche hindeuten, dessen Vertrag Ende 2016 ausläuft.

Der Manager sitzt so fest im Sattel wie nie seit der Übernahme des Zepters bei dem Autobauer vor acht Jahren. Der Manager, dessen Markenzeichen der markante Schnurrbart ist, polierte das ramponierte Image der Sternmarke mit attraktiven Modellen und Investitionen in neue Technologien auf. Mercedes gilt vielen wieder als Innovationsführer, nachdem BMW und Audi jahrelang uneinholbar in Führung schienen.

Um an den beiden Konkurrenten aus München und Ingolstadt vorbeizuziehen, muss Zetsche das Tempo jetzt hoch halten. Deshalb rief der Manager die größte Produktoffensive in der Geschichte des Autobauers ins Leben. Bis 2020 sind 30 neue Fahrzeuge geplant, ein Dutzend davon werden komplett neu entwickelt.

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Angriff in China

Der Kampf um die Krone im Premiumsegment entscheidet sich allerdings nicht allein in den Design- und Entwicklungsabteilungen der Konzerne. Um Audi und BMW abzuhängen, muss Zetsche insbesondere verlorenes Terrain im Wachstumsmarkt China zurückerobern. Dazu baut der Konzern das Händlernetz massiv aus und stockt die Produktionskapazitäten vor Ort auf. Zudem dürfte das Elektroauto Denza, das in Kooperation mit dem chinesischen Partner BYD entsteht, noch in diesem Jahr zu den Händlern in China rollen.

Auch bei der Profitabilität drückt Zetsche aufs Gas. Mittelfristig will Daimler zu BMW und Audi aufschließen und in der Pkw-Sparte eine Umsatzrendite von zehn Prozent erreichen. 2013 lag die Marke bei 6,2 Prozent. Der Modellwechsel der S-Klasse und die hohe Nachfrage nach Kompaktmodellen, die weniger Gewinn einfahren, bremsten den Konzern. Bei seinen Renditezielen setzt Zetsche auf ein eisernes Sparprogramm. Bis Jahresende sollen die Kosten in der Pkw- Sparte gegenüber 2011 um zwei Milliarden Euro und in der Lkw-Sparte um 1,6 Milliarden Euro sinken. Gut ein Drittel davon ist bereits umgesetzt.

Hält Zetsche die eingeschlagene Richtung, dürfte Daimlers Stern bald noch heller leuchten als bisher.

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