Die "Kontaktlinse fürs Ohr" mit dem schönen Namen Lyric ist winzig klein und sitzt unsichtbar tief im Gehörgang. Eine magnetische Fernsteuerung reguliert ihre Funktionen. Mit Energie wird sie über eine spezielle Batterie versorgt, die erst nach mehreren Monaten ausgewechselt werden muss. So lange kann das Gerät dauerhaft getragen werden.

Was der Schweizer Hörgerätehersteller Sonova unter seiner Marke Phonak entwickelt hat, zählt zu den technischen Neuheiten, wie sie vor Kurzem auf dem Branchenkongress Euha in Hannover vorgestellt wurden. Kleiner und obendrein digital vernetzt sind die neuen Geräte. Bisher kam, wer schlecht hört, mit Hörgeräten und Implantaten erstmals im Fachgeschäft in Kontakt. Künftig werden die Träger für die Feinabstimmung übers Internet oder per Smartphone via Liveschaltung oder App-Spezialisten um Rat fragen können.

Stefan Blum, Portfoliomanager bei Bellevue Asset Management, ist überzeugt, dass die digitale Konnektivität der Hörgeräte in den kommenden Jahren drastisch zunehmen wird. Damit einhergehend erwartet er weitere Trends: "Mit den digitalen Anwendungen wird das Dienstleistungsangebot rund um das Hörgerät zunehmen, ebenso die Fernüberwachung der unterstützenden Maßnahmen."

Ebenfalls auf dem Vormarsch sind digitale Geräte mit Lifestyle-Charakter. Dazu zählen Wearables, die über drahtlose Verbindungen mit Geräten wie Smartphones kommunizieren. Denkbar sei, so Medtechexperte Blum, dass auch neue Anbieter das Feld betreten: "Werden etwa Multimediageräte mit Zusatzfunktionen für Schwerhörige auf den Markt kommen, wird sich der Wettbewerb durch bekannte Marken wie etwa Samsung für etablierte Hörhilfenanbieter verschärfen."

Natürlich darf die Daten-Cloud nicht fehlen. GN Store Nord mit Sitz in Dänemark ist dabei, ein Gerät mit drahtloser Datenübertragung auf den Markt zu bringen, dessen Software in einer Cloud angesiedelt ist. Der Arzt, im Fachjargon Audiologe genannt, kann übers Internet jederzeit auf das Gerät zugreifen und es anpassen. Wettbewerber wie Sonova ziehen nach.



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Qualitätscheck für Anleger



Das Umsatzpotenzial nährt sich aus der globalen demografischen Entwicklung. Mit der weltweit steigenden Lebenserwartung wächst die Anzahl der Schwerhörigen in der Bevölkerung. Auch die Menge der Personen, die an arbeits- oder lärmbedingten Hörschäden leiden, nimmt zu - zum Beispiel unter Jugendlichen, die sich dauerhaft mit lauter Musik beschallen.

Um diese Zielgruppen zu erreichen, gilt es, möglichst viele Vertriebskanäle zu nutzen. Hier beschreiten die Unternehmen zwei verschiedene Wege: Ein flächendeckendes Filialnetz im Einzelhandel, wie es in Deutschland die Kind-Gruppe betreibt, ist die eine strategische Option, der Produktverkauf über Franchisesysteme die andere. Ihre Wachstumsperspektiven machen Hörgerätespezialisten attraktiv für Anleger. Innerhalb der Medizintechnik zählen sie allerdings zu den Sektoren, die an der Börse im Schnitt bereits relativ hoch bewertet sind.

Kaufenswert sind in erster Linie Firmen, deren Bewertung durch ein beschleunigtes Gewinnwachstum unterstützt wird. Dazu zählt Amplifon. Die italienische Firma ist mit einem Marktanteil von neun Prozent der weltweit größte Einzelhändler für Hörgeräte und verfügt über eine hohe Preissetzungsmacht. Amplifon generiert Cashflow und glänzt mit stabilen Margen, die eine höhere Aktienbewertung rechtfertigen.

Die australische Gesellschaft Cochlear hat sich ganz auf Hörimplantate spezialisiert, die bei stark hörgeschädigten oder tauben Personen zum Eingriff kommen. Damit erzielt Cochlear hohe Margen, die allerdings an der Börse mit der stattlichen Bewertung bereits gut bezahlt sind.

Sonova liefert dagegen mit einer Mischung aus neuen Produkten, steigenden Margen und breit gestreuten Vertriebsstrukturen Kaufargumente. Die Halbjahreszahlen, die Sonova diese Woche präsentierte, bestätigen den Trend. Neue Impulse für Umsatz und Erträge liefert die zum Jahresende abgeschlossene Übernahme des niederländischen Einzelhändlers Audionova. Dazu ist Sonova in den USA über den Partner Costco im Geschäft.

Mit William Demant und GN Store Nord kommen zwei globale Player aus Dänemark. Wie Sonova erzielt auch William Demant mittlerweile mehr als 25 Prozent der Erlöse im Einzelhandel. Nach den jüngsten Investitionen will die Firma wieder auf der Gewinnseite durchstarten. Das gilt auch für GN Store Nord. Wegen der günstigeren Bewertung und der erwarteten Erträge durch neue digitale Produkte ist die GN-Store-Nord-Aktie die bessere Wahl.



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