Statt in den Süden zieht es auch diesen Sommer zahlreiche Urlauber nach Skandinavien. Fast endlose Waldlandschaften, verbunden mit der Ruhe eines einsamen Ferienhauses, sind für viele gestresste Mitteleuropäer attraktiv. Schweden und Finnland sind dabei nach Fläche tatsächlich die beiden waldreichsten Länder der EU.

Doch bieten die Wälder nicht nur Landschaft und Erholung, sie sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Das spiegelt sich in den Besitzverhältnissen wider, denn trotz des traditionellen "Jedermannsrechts" in der Natur befinden sich in Schweden und Finnland rund 70 Prozent der Wälder in privater Hand. Zum Vergleich: In Deutschland sind mehr als 50 Prozent in staatlichem oder kommunalem Besitz.

Der größte private Waldbesitzer Europas kommt denn auch aus Schweden: Svenska Cellulosa (SCA). Das Unternehmen aus dem Stockholmer Leitindex OMX 30 stellt auf Basis von Papier und Zellstoff überwiegend Produkte für Endverbraucher her und -konkurriert dadurch besonders mit Markenartiklern wie beispielsweise Procter & Gamble. 54 Prozent des Umsatzes entfielen 2014 auf das Segment Papiertücher, also etwa Toilettenpapier sowie Taschen- und Kosmetiktücher. In Deutschland sind hier vor allem die Marken Tempo und Zewa bekannt. 30 Prozent setzte SCA im Bereich Personal Care um, insbesondere mit Windeln, Binden und Inkontinenzprodukten. Forstprodukte wie Druckpapier, Zellstoff und Holz erreichten nur 16 Prozent Umsatzanteil.



SCA ist auf diese Weise nur wenig vom seit Jahren schwachen und von Überkapazitäten geprägten Geschäft mit Zeitungspapier abhängig. Die Branche leidet unter der Digitalisierung im Medienbereich. SCA bewegt sich dagegen mit gut eingeführten Marken im stabilen Konsumbereich und will vor allem in China, Indien und Brasilien weiter wachsen. Nach einem schwachen Jahr 2011 ist SCA inzwischen wieder auf einem stabil steigenden Gewinnpfad. In der vergangenen Woche konnte der Konzern zudem mit seinen Halbjahreszahlen positiv überraschen. Auch die Dividende wächst seit 2009 kontinuierlich.

Unter dem schwachen Papiermarkt leidet dagegen die finnisch-schwedische Stora Enso. Die entsprechende Sparte war mit 38 Prozent Umsatzanteil 2014 die größte innerhalb des Konzerns, lieferte aber nur 21 Prozent des operativen Ertrags vor Zinsen und Steuern (Ebit). Ein Drittel des Umsatzes steuerten Verpackungen bei. Der Gesamtumsatz war 2014 erneut leicht rückläufig, nur beim Ergebnis erreichte Stora Enso eine leichte Trendwende. Allerdings blieb der Gewinn je Aktie hinter den Werten von 2011 und 2012 zurück.

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Wege aus dem schwachen Marktumfeld



Aktuell versucht sich Stora Enso als Spezialist für erneuerbare Materialien neu zu erfinden. So soll etwa der Bereich Biomaterialien neue Anwendungen unter anderem für Spezialchemie, Bau und Lebensmittelindustrie entwickeln. Daneben bietet der Onlinehandel den Unternehmen der Verpackungsbranche Wachstumschancen. Stora Enso dürfte aber einen langen Atem für seinen Umbau benötigen.

Etwas weiter ist der finnische Konkurrent UPM-Kymmene. Zwar ist das Unternehmen weltgrößter Anbieter für grafische Papiere, etwa für Kataloge und Printmagazine, und erzielt hier noch fast 50 Prozent seines Umsatzes. Dem schwachen Markt-umfeld begegnet UPM aber inzwischen mit deutlichem Kapazitätsabbau. Daneben liefern andere Geschäftsfelder wie selbstklebende Etikettiermaterialien bereits gute Beiträge zu Umsatz und Ergebnis, mit Potenzial auch in den Emerging Markets. Zu Jahresbeginn startete UPM zudem mit der weltweit ersten Produktion von Biodiesel auf Holzbasis. Der Gewinn dürfte in diesem Jahr zulegen.

Die deutlich kleinere schwedische Holmen ist eher traditionell aufgestellt. 71 Prozent des Umsatzes entfielen 2014 auf Papier und Pappe, 18 Prozent auf die Bewirtschaftung der eigenen Forsten. Chancen, auf die Veränderungen der Märkte zu reagieren, liegen für Holmen daher aktuell vor allem in der Konzentration auf hochwertigere -Papiersorten sowie auf Pappen für die Verpackungsindustrie. Noch ist aber nicht erkennbar, ob das Unternehmen, das von der Beteiligungsgesellschaft des schwedischen Milliardärs Fredrik Lundberg dominiert wird, nach einem seit 2008 nahezu kontinuierlichen Umsatzrückgang bald die Trendwende schafft. Auch die schwankende Ertragsentwicklung lockt derzeit nicht zum Einstieg.

Mit noch größeren Problemen kämpft die norwegische Norske Skog. Bisher noch ein reiner Druckpapierhersteller, ringt das Unternehmen seit Jahren um die Rückkehr in die Gewinnzone. Auch die Schließung ineffizienter Fabriken half bisher kaum. Spät kommt der erst jetzt angekündigte Einstieg in neue Geschäftsfelder wie Biogas oder die Produktion von Papiertüchern. Gegen ein Investment spricht zudem die inzwischen immer schwierigere Liquiditätsposition von Norske Skog. Mit einer teuren Anleiheemission konnte sich das Unternehmen zuletzt Luft verschaffen, in den kommenden Jahren stehen aber hohe Schulden zur Rückzahlung an. Um in skandinavischen Wäldern Geld zu verdienen, sollte der Blick daher weiter nach Osten gehen.

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