In Frankfurt scheut Cryan seit seinem Amtsantritt im Juli das Licht der Öffentlichkeit. Stattdessen feilte er im stillen Kämmerlein an der Sanierung der renditeschwachen und skandalgeplagten Bank, die der Konkurrenz an der Wall Street im Moment hinterherläuft. Die Erwartungen sind groß.

Zwei Testballons hat Cryan schon steigen lassen - und jedes Mal ging die gebeutelte Deutsche-Bank-Aktie deutlich nach oben. Erst kehrte er mit eisernem Besen durch die Bilanz: Herbe Abschreibungen auf die Investmentbank und die vor einem Börsengang stehende Postbank brocken dem Institut im dritten Quartal einen Verlust von sechs Milliarden Euro ein. Dann entmachtete Cryan eine Reihe von Vertrauten seines glücklosen Vorgängers Anshu Jain. Ohne Rücksicht auf alte Seilschaften riss er gewohnte Strukturen ein. Die Bank soll sich wieder mit den Kunden beschäftigen, nicht mehr nur mit sich selbst, lautet die Botschaft.

Nun folgt der dritte Streich: Cryan wird am Donnerstag erläutern, wie er die Kosten senken will. Dass ein Sparprogramm kommt, hat er von Anfang klargemacht. Es wird Finanzkreisen zufolge auch Tausende Jobs kosten.

EIGENE HANDSCHRIFT



Als Jain im April die "Strategie 2020" in groben Zügen vorstellte, ließ er nur verlauten, die Bank wolle die Kosten um 3,5 Milliarden Euro senken - zusätzlich zum bereits laufenden Sparprogramm. Details blieb er schuldig. Cryan hat die Strategie geerbt und verpasst ihr nun seine eigene Handschrift. Investoren und Analysten wollen wissen, welche Bereiche es wie stark trifft, welche Regionen aufgegeben werden und warum das Sparen ausgerechnet diesmal klappen soll. Die bisherige Erfolgsbilanz der Bank ist mau.

"Das Sparprogramm muss groß und glaubwürdig sein", sagt einer der 30 größten Aktionäre der Bank. Die Zeit des Durchwurstelns sei vorbei. Dafür sei das Umfeld für die gesamte Branche wegen der Niedrigzinsen und der strengeren Regulierung zu schwierig. "Was in der Vergangenheit bei den Kostensenkungen eine Bruttozahl war, muss jetzt eine Nettozahl sein. Darin liegt der Schlüssel zum Erfolg", mahnt der Fondsmanager. "Manche Dinge sind ganz einfach."

EIN GEDULDSSPIEL



Eines ist schon jetzt klar: Der Umbau der Bank kostet erst einmal Milliarden - Geld, das auf absehbare Zeit nicht in Wachstum, geschweige denn in Zukäufe investiert werden kann. "Die Gewinne der Deutschen Bank werden deshalb auch 2016 unter Druck bleiben", ist sich Equinet-Analyst Philipp Häßler sicher. Hinzu kommen viele Rechtsstreitigkeiten, die noch immer nicht abgearbeitet sind und hohe Bußgelder nach sich ziehen dürften.

Cryan ist die Misere bewusst. Nicht umsonst setzt er ein Fragezeichen hinter die Dividende und will die Boni für die hochbezahlten Investmentbanker im Haus kürzen. Denn eine milliardenschwere Kapitalerhöhung, wie sie die Credit Suisse angekündigt hat, um wieder auf die Beine zu kommen, will er um jeden Preis vermeiden.

Die Ratingagentur Moody's hält es längst nicht für sicher, dass Cryan die Deutsche Bank in die Erfolgsspur zurückführt. Die Investoren bräuchten viel Geduld, erklärt Analyst Peter Nerby. Zwar könnten sie nun darauf hoffen, eine Bank mit einfacheren Strukturen, einem ausbalancierten Geschäft und einer geringeren Verschuldung zu bekommen. Aber die Risiken seien hoch. "Die Kreditwürdigkeit der Deutschen Bank hängt davon ab, wie der Plan überarbeitet und wie effizient die Strategie umgesetzt wird."