Er lieferte den beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen trotz zweifelnder Betriebsräte einen einstimmigen Beschluss für die "kleine" Lösung, den Postbank-Verkauf. Genau das hatte sich Deutschlands größtes Geldhaus gewünscht: geschlossene Reihen. Denn der Umbau wird nicht ohne Schmerzen vonstatten gehen. Die Macht Achleitners zeigte sich damit wieder einmal im Stillen. Er ist der Strippenzieher im Hintergrund.

Seit 1. Juni 2012 steht Achleitner an der Spitze des Aufsichtsrats der Deutschen Bank - er ist damit einer der mächtigsten Finanzmanager der Republik. Seinen Führungsstil beschreibt der gebürtige Österreicher als integrativ und situativ. "Wenn Sie auf den Tisch hauen, dann haben Sie eh schon ein Problem. Sie können sich auch auf anderem Wege durchsetzen", erläuterte er unlängst auf einer Konferenz sein Selbstverständnis. Und auch Kollegen im Kontrollgremium bestätigen: Auf den Tisch gehauen hat Achleitner noch nie. Er tritt leise, aber bestimmt auf und stelle sehr viele Fragen. Wer schlecht vorbereitet zur Sitzung erscheine, der werde höflich, aber bestimmt zusammengefaltet.

Über Achleitners Familie in München weiß man wenig. Nach seiner Ansicht ist das gut so: "Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der Privates privat war und Job war Job. Heute vermischt sich das alles. Meine Söhne lieben es. Ich hasse es." Seine Frau Ann-Kristin, eine renommierte Wirtschaftsprofessorin, sitzt in der Regierungskommission zur guten Unternehmensführung (Corporate Governance) und wie ihr Mann in diversen Aufsichtsräten.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen bei der Deutschen Bank hatte der 58-jährige Achleitner dem in unzählige Rechtsstreitigkeiten verstrickten Haus einen "Kulturwandel" verordnet. Auch hier überließ er die Ankündigung den beiden Vorstandschefs. Dass er mit den bisherigen Fortschritten zufrieden ist, darf bezweifelt werden. Gerade erst hat die Deutsche Bank im Zinsskandal einen milliardenschweren Vergleich mit den angelsächsischen Aufsehern geschlossen und musste sich harsche Kritik gefallen lassen, weil sie bei der Aufklärung der Affäre eher blockiert als geholfen habe.

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ZU GROSS ODER ZU KLEIN?

Bei der Suche nach der neuen Strategie wiederum habe Achleitner von Anfang an eine sehr aktive Rolle gespielt, berichten Insider. "Es gab einen intensiven Dialog zwischen Vorstand und Aufsichtsrat." Der Chefposten im Kontrollgremium bei der Deutschen Bank ist der wohl schwierigste Posten, den der Spitzenmanager in seiner Laufbahn bekleidet hat. Achleitner, zunächst gewählt bis 2017, steht vor einem Spagat: Er muss einerseits dafür sorgen, dass die Bank in den Augen der Öffentlichkeit nicht mehr allzu großspurig daherkommt. Nur dann ist das Institut für die Politik wieder ein akzeptabler Gesprächspartner.

Andererseits darf sich die Deutsche Bank aber auch nicht zu klein machen, wie Achleitner bei jeder Gelegenheit betont. Die nun ausgerufene "Strategie 2020" soll der Befreiungsschlag sein. Das Institut muss sich trotz Schrumpfkur weiter mit den besten Investmentbanken der Welt messen lassen, will es die mächtigen Großinvestoren bei der Stange halten. Niemand weiß das besser als Achleitner, der selbst aus dem Investmentbanking kommt, auch wenn er das Wort nicht mag: 1988 wechselte der promovierte Rechts- und Sozialwissenschaftler von der Unternehmensberatung Bain & Co. zur US-Investmentbank Goldman Sachs. Von 1994 bis 1999 war er Statthalter der Bank in Deutschland und fädelte große Fusionen mit ein, etwa die der beiden Autokonzerne Daimler und Chrysler.

Achleitner hat nie bestritten, dass die Banken vor der Finanzkrise Fehler gemacht haben, dass sie teilweise mit zu viel Geld jongliert haben. Wie eine Droge sei das gewesen. Er warnt in seinen wenigen Interviews aber beharrlich davor, dass die Branche als Lehre aus der Krise überreguliert wird. Für die Deutsche Bank sei Größe kein Selbstzweck: "Man muss groß und zugleich schnell und widerstandsfähig sein. Das heißt dann agil. Genau darauf kommt es an."

Kritiker werfen Achleitner vor, so manches Risiko nicht früh genug erkannt zu haben, etwa in seiner Zeit bei der Allianz, zu der er Anfang 2000 als Finanzchef wechselte. So entpuppte sich die milliardenschwere Übernahme der Dresdner Bank im Jahr 2001 als teure Fehlentscheidung, die Erwartungen wurden nie erfüllt.

Reuters