Vor einem Jahr hatte das Institut noch einen Mini-Gewinn von 51 Millionen geschafft. Doch die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten summieren sich inzwischen auf rund drei Milliarden Euro und überschatten ein ansonsten florierendes Tagesgeschäft. Das dürfte sich in naher Zukunft kaum ändern, wie die beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen einräumten. Hinzu kämen die Lasten des Konzernumbaus. "Wir bleiben fest entschlossen, diese Agenda abzuarbeiten."

Bei den Anlegern drückte das die Stimmung. Die Deutsche-Bank-Aktie fiel nach Handelsstart um mehr als ein Prozent und war damit einer der schwächsten Werte im Dax.

Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Bank allein in den Sommermonaten für Strafen und Bußgelder noch einmal knapp 900 Millionen Euro zur Seite gelegt hat. Finanzkreisen zufolge wird auf Hochtouren an einem Vergleich mit den angelsächsischen Regulierern im Zinsskandal gearbeitet. Diese Affäre könnte die Deutsche Bank noch einmal eine Strafe von fast einer Milliarde Euro kosten, nachdem die EU bereits vor einem Jahr ein Bußgeld von 725 Millionen Euro verhängt hatte. Außerdem will das Institut weitere US-Hypothekenklagen vom Tisch räumen und einen Streit mit den US-Behörden über mutmaßliche Sanktionsverstöße beilegen. Letzteres dürfte sich aber wohl bis ins nächste Jahr ziehen, wie mehrere Insider berichten. Um sich all diesen Themen mit voller Energie widmen zu können, wird nun auch der Vorstand umgebaut, wie die Bank mitteilte.

Die Altlasten fressen die mühsam erwirtschafteten Gewinne schon seit längerem immer wieder auf. Der Vorsteuergewinn vervielfachte sich im Konzern im abgelaufenen Quartal auf 266 (Vorjahr: 18) Millionen Euro, weil die Erträge anzogen.

Die Investmentbanker freuten sich insbesondere über eine Belebung des Anleihehandels. Dass in der wichtigsten Sparte am Ende trotzdem nur ein Gewinnplus vor Steuern von vier Prozent auf 374 Millionen Euro stand, lag daran, dass die meisten Rückstellungen hier verbucht wurden. Im Privatkundengeschäft stieg der Vorsteuergewinn um drei Prozent auf 356 Millionen Euro. In der Vermögensverwaltung, seit zwei Jahren die größte Baustelle im Konzern, verdiente die Bank mit 288 Millionen Euro zwei Prozent mehr. Die Sparte sammelte unter dem Strich 17 Milliarden Euro an neuen Kundengeldern ein.

Auf Seite 2: Einschätzung der Redaktion



Einschätzung der Redaktion:

Die Aufräumarbeiten bei der Deutschen Bank reißen weiter tiefe Löcher ins Ergebnis. Vor allem neue Rückstellungen für juristische Risiken haben das dritte Quartal belastet, sie summieren sich mittlerweile auf drei Milliarden Euro, was in dieser Größenordnung durchaus erwartet war. Das die Bank jetzt die Führungsspitze umbaut und ein eigenes Vorstandsressort für Recht einrichtet, zeigt, wie ernst es dem Geldhaus mittlerweile mit diesem Thema ist. Co-Chef Jürgen Fitschen hatte jüngst angekündigt, dass die Bank diese Rechtsstreitigkeiten möglichst rasch beilegen will - einen Teil noch in diesem Jahr, den größten Block bis Ende 2015. Aktionäre sollten ihn an den Fortschritten messen.

Die Belastungen verdecken zudem die Fortschritte im operativen Geschäft, insbesondere Investmentbanking und Privatkundensparte. Rein optisch erscheint die Aktie mit einem KGV von neun (2015) und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,5 günstig. Ein Investment ist dennoch riskant, da das Rechtsthema die Bank noch eine Weile beschäftigen wird und jederzeit neue negative Überraschungen auftauchen können. Auch jedes Wiederaufflackern der Euroschuldenkrise könnte den Kurs belasten. Deshalb nur für risikofreudige Anleger geeignet.

Empfehlung: Halten

Ziel: 29,0

Stopp: 22,0

Wolfgang Ehrensberger