Noch vor Kurzem herrschte auf den Weltmeeren eine sprichwörtliche Flaute. Der Baltic Dry Index - dieser Gradmesser steht für die Seefrachtkosten wichtiger Rohstoffe - tauchte im Februar erstmals unter die Marke von 300 Punkten ab. Insbesondere die Wachstumsabschwächung in China sorgte dafür, dass die Reedereien Container zu immer tieferen Raten über die Ozeane schipperten. Jetzt schöpft der Transportsektor neue Hoffnung: Gegenüber dem skizzierten Tief hat sich der Baltic Dry mehr als verdoppelt. Im Sog der Frachtraten nahmen die Aktienkurse wieder Fahrt auf. Ausgehend von einem im Februar markierten 16-Monats-Tief legte der Index Stoxx Europe Industrial Transportation um knapp ein Fünftel zu.

Die aktuellen Zahlen von A.P. Møller-Mærsk passen in das skizzierte Bild. Völlig überraschend verbuchte der Mischkonzern in der Containersparte im ersten Quartal schwarze Zahlen. Der Marktführer trotzte den niedrigen Frachtraten mit Kostensenkungen und steigerte gleichzeitig die Volumen um sieben Prozent. Zum Vergleich: Weltweit nahm die Containernachfrage lediglich um ein Prozent zu. Zwar brach der Gewinn auf 224 Millionen US-Dollar ein, Analysten hatten allerdings mit nur noch 55 Millionen Dollar gerechnet.

Der Wind hat gedreht



In Ausgabe 14/2015 erteilte BÖRSE ONLINE der Mærsk-Aktie das Prädikat "Branchenfavorit". Diese Einschätzung führte der dänische Bluechip mit einem steilen Abwärtstrend schon bald ad absurdum. Dennoch rechnen wir damit, dass die mittlerweile laufende Erholung anhält und stufen den Titel abermals mit "Kaufen" ein. Mærsk verfügt über Barreserven von mehr als zwölf Milliarden US-Dollar und ist daher bestens aufgestellt, um aktiv an der sich abzeichnenden Konsolidierung in der Containerseefahrt mitzumischen. Für höhere Kurse sprechen zudem die Robustheit im eigenen Transportsegment sowie der gestiegene Ölpreis - die Energiesparte von Mærsk könnte schneller als gedacht in die Gewinnzone zurückkehren. Obendrein ist die Aktie vergleichsweise günstig bewertet.

Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2017 zeigt auch die Deutsche Post einen Abschlag zum breiten Transportsektor. Aufhorchen lässt zudem das aktuelle Chartbild: Gerade ist das DAX-Mitglied daran gescheitert, den im April 2015 lancierten Abwärtstrend zu überwinden. Zu einem neuen Anlauf könnte es am 11. Mai (nach Redaktionsschluss) gekommen sein. Zu diesem Termin hat der Bonner Konzern seine Quartalszahlen vorgelegt. Analysten dürften penibel darauf achten, ob Vorstandschef Frank Appel erste Erfolge bei der Sanierung der kriselnden Frachtsparte vorweisen kann.

Während der bereits vorliegende Zwischenbericht von US-Konkurrent UPS dafür spricht, dass der Expressbereich weiter ordentlich läuft, sollte der Post im klassischen Briefgeschäft die jüngste Portoerhöhung in die Hände spielen. Appel hat sich für 2016 viel vorgenommen. Beim operativen Ergebnis peilt er eine Verbesserung von mindestens 41 Prozent an. Im besten Fall soll der Profit um mehr als die Hälfte wachsen. Untermauern die Zahlen die Prognose, könnte die Post-Aktie den Ausbruch schaffen. Vorab belassen wir das Rating jedoch auf "Beobachten".

Dagegen plädieren wir bei Kühne + Nagel schon jetzt für einen Einstieg. Der Schweizer Logistikdienstleister hat die Zahlen zum ersten Quartal bereits vorgelegt und dabei die Erwartungen übertroffen. Vor allem in der Seefracht spielte der Konzern seine Stärken aus. Während die Volumen um sechs Prozent zulegten, kam das operative Spartenergebnis prozentual zweistellig voran. Obwohl die per Flugzeug transportierte Warenmenge stagnierte, verbesserte Kühne + Nagel auch hier die Profitabilität. Ein Ausrufezeichen setzte das Unternehmen in der Kontraktlogistik. Bei der Steuerung ganzer Warenströme - die -Palette reicht vom Transport über die Lagerung bis zur IT - ist Kühne + Nagel hinter der Deutschen Post global die Nummer 2. Im ersten Quartal verzeichnete die Sparte ein deutlich über dem Marktdurchschnitt liegendes Umsatzwachstum und zudem einen Ergebnissprung von mehr als einem Drittel. Auch wenn das Unternehmen mit dem Zwischenbericht die starke Positionierung unterstrichen hat, blieb der Aktienkurs zunächst im Seitwärtstrend gefangen.

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Ein reizvolles Programm



Ganz anders Logwin: Erstmals seit Anfang 2008 notiert der Small Cap bei mehr als zwei Euro. Das Börsencomeback der ehemaligen Thiel Logistik geht mit einem wirtschaftlichen Turnaround einher. 2015 schrieb das Unternehmen bereits das zweite Jahr in Folge schwarze Zahlen. Gleichzeitig fuhr der Transportdienstleister einen ordentlichen Cashflow ein und füllte damit die Kasse weiter auf. Die Anteilseigner lässt das Management über den Rückkauf von Aktien am Erfolg teilhaben. Gerade läuft ein rund 3,5 Prozent des Grundkapitals umfassendes Programm. Aufgrund des geringen Streubesitzes von 15 Prozent könnte die Maßnahme den Kurs weiter befeuern. Da zudem die Quartalszahlen keine negativen Überraschungen enthielten, trauen wir der Logwin-Aktie deutlich höhere Notierungen zu.





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