Kaum ein Gipfel zieht Alpinisten derart in seinen Bann wie das Matterhorn. Jahr für Jahr versuchen um die 3500 Personen, das 4478 Meter hohe Wahrzeichen der Schweiz ohne Bergführer zu erklimmen. Annähernd zwei von drei Gipfelstürmern müssen wegen mangelnder Kondition, fehlender Schwindelfreiheit oder Wetterkapriolen aufgeben. Die Konstellation am Schweizer Aktienmarkt lässt sich durchaus mit einer mühsamen Bergtour vergleichen. Seit Jahren peilt der Swiss-Market-Index (SMI) das Allzeithoch vom Juni 2007 bei 9548,09 Punkten an. Im August 2015 war diese Marke so gut wie erreicht, doch knapp unterhalb des Gipfels verließen die 20 Bluechips die Kräfte.

Zwei Entwicklungen könnten dafür sorgen, dass der nächste Anlauf klappt. Zum einen hellt sich das Konjunkturbild nach einem kleinen Dämpfer wieder auf. Mit 105,5 Punkten lag der viel beachtete KOF-Indikator im Juni deutlich über dem langjährigen Mittelwert. "Die Schweizer Wirtschaft dürfte demnach an Fahrt gewinnen und in der näheren Zukunft mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten zulegen", erwarten die Volkswirte des Zürcher KOF-Instituts. Neben dem positiven globalen Umfeld spielt dem exportstarken Land der jüngste Verlauf beim Franken in die Hände. Gegenüber dem Euro gab die Schweizer Währung deutlich nach (siehe Seite 3).

Sherpas der besonderen Art



Umtriebige Hedgefonds könnten den SMI beim Gipfelanstieg zusätzlich unterstützen. "Die Zahl der in Schweizer Unternehmen involvierten aktivistischen Investoren nimmt stetig zu", stellt Torsten Sauter, Analyst bei Kepler-Cheuvreux, fest. Er verweist auf den überraschenden Einstieg von Third Point bei Nestlé. Ende Juni hat sich der New Yorker Hedgefonds für umgerechnet 3,1 Milliarden Euro mit mehr als drei Prozent am Lebensmittelkonzern der Welt beteiligt.

Nestlé reagierte prompt und lancierte ein Aktienrückkaufprogramm. Mit der bis zu 20 Milliarden Franken schweren Maßnahme sowie einer geplanten Erhöhung der Verschuldung erfüllt das Unternehmen zwei der von Third-Point-Chef Daniel Loeb gestellten Forderungen. Gleichwohl dürfte der Vorstoß aus den USA den Branchenkrösus weiterhin auf Trab halten. Wodurch der Large Cap neben viel Substanz reichlich Kursfantasie mitbringt.

Mit Clariant steht ein weiterer Schweizer Standardwert im Visier aktivistischer Investoren. White Tale hält mehr als zehn Prozent an dem Spezialchemieunternehmen. Hinter diesem Anlagevehikel stecken der Hedgefonds Corvex sowie der Baumaterialhersteller Standard Industries.

Gemeinsam stemmen sie sich gegen den geplanten Zusammenschluss von Clariant mit dem US-Konkurrenten Huntsman. "Wir glauben, dass die Aktionäre diese wertvernichtende Fusion ablehnen sollten", erklärten die Investoren. Mutige Anleger können darauf setzen, dass es zu einem Gegenangebot für Clariant kommt. Als mögliche Interessenten gelten die Chemiekonzerne Evonik, Lanxess und BASF.



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Gipfelstürmer aus der Schweiz



Weniger der Investorenkreis als vielmehr eine zu erwartende Gewinnerholung machen Swatch zum Schweizer Top-Pick. Zwar verfehlte der Uhrenkonzern mit seinen Resultaten für das erste Halbjahr knapp die Erwartungen, doch die Richtung stimmt: Swatch steigerte die operative Marge um 50 Basispunkte auf zehn Prozent.

Nach Angaben des Unternehmens hat sich das Wachstum zuletzt bei allen Marken beschleunigt. Das gelte vor allem für das Prestige- und Luxussegment mit edlen Zeitmessern wie Glashütte Original oder Omega. Mit Blick auf das zweite Halbjahr gibt sich Konzernchef Nick Hayek gewohnt optimistisch. In der Tat könnten das positive Konsumklima und ein Stück weit auch die Abwertung des Frankens dafür sorgen, dass Swatch sowohl im Geschäft als auch an der Börse weiter Boden gutmacht.

In beiden Kategorien bewegt sich VAT schon jetzt auf Rekordniveau. Der erst seit 15 Monaten börsennotierte Hersteller von Vakuumventilen wächst kräftig und profitiert dabei von steigenden Investitionen in der Produktion von Halbleitern und Displays. Innerhalb weniger Wochen hat die VAT-Aktie das von BÖRSE ONLINE Ende März gesteckte Kursziel erreicht. In der seither zu beobachtenden Konsolidierung sehen wir eine günstige Einstiegsgelegenheit.

Übrigens: Anleger, die vor einem Einzelinvestment zurückscheuen, können diversifiziert auf die Schweizer Gipfeljagd setzen. Die Gelegenheit dazu bietet etwa ein Tracker-Zertifikat der Commerzbank (siehe Tabelle unten).



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