Was war das nur für ein Hype! Im März 2000 schnellte die Intershop-Aktie auf sagenhafte 2000 Euro nach oben - ein Plus von atemberaubenden 3829 Prozent gegenüber dem Börsengang, der gut eineinhalb Jahre zuvor stattgefunden hatte. Mit einem Börsenwert von 11,7 Milliarden Euro stellte der auf Programme für den Internethandel spezialisierte Softwareanbieter sogar gestandene DAX-Konzerne wie Linde, Lufthansa und MAN in den Schatten. Bis heute ist Intershop damit die wertvollste jemals an der Börse notierte Gesellschaft aus Ostdeutschland.

Und heute? Ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall hat BÖRSE ONLINE die ostdeutsche Unternehmenslandschaft durchforstet. Zumindest auf den ersten Blick ist das Ergebnis ernüchternd. Denn von den rund 560 erfassten Aktien unserer Datenbank Deutsche Aktien sind nur 25 Titel den neuen Bundesländern zuzuordnen. Das entspricht einer Quote von 4,5 Prozent. Weitere 40 Firmen sind zwar in Berlin beheimatet, stammen jedoch überwiegend aus dem Westen.

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Spektakuläre Pleiten

Aus Börsensicht lässt die Wiedervereinigung also noch auf sich warten. Einen DAX-Konzern hat Ostdeutschland bislang nicht hervorgebracht, dafür aber spektakuläre Pleiten wie die des Dresdner Halbleiterproduzenten Qimonda, des Bitterfelder Solarzellenherstellers Q-Cells oder des Sangerhauser Fahrradherstellers Mifa. Insgesamt bringen die gelisteten ostdeutschen Gesellschaften einen Börsenwert von gerade einmal 3,1 Milliarden Euro auf die Waage. Das entspricht ungefähr der Marktkapitalisierung des Krankenhausbetreibers Rhön-Klinikum oder des Reisekonzerns TUI. 22 der 25 Unternehmen wiegen weniger als 100 Millionen Euro und fallen bei vielen institutionellen Investoren durchs Raster.



Doch Ostdeutschland hat auch Erfolgsstorys zu bieten. Eine davon ist Carl Zeiss Meditec. Mit einem Börsenwert von 1,8 Milliarden Euro ist der thüringische Medizintechnikkonzern mit Abstand der größte Vertreter der neuen Bundesländer an der Börse. Seit 2007 gehört Carl Zeiss Meditec sogar dem Technologieindex TecDAX an. Die vorläufigen Zahlen zum Geschäftsjahr 2013/14 fielen indes wenig überzeugend aus. Der Umsatz des auf Lasersysteme zur Behandlung von Augenkrankheiten spezialisierten Unternehmens kletterte zwar um drei Prozent, landete mit 910 Millionen Euro jedoch nur am unteren Ende der Prognosebandbreite. Es wird ein Gewinn unter dem Vorjahreswert erwartet. Diese Aussagen lassen wenig Fantasie für die Vorlage des Geschäftsberichts am 8. Dezember.

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Seit dem Start im TecDAX



Die zweite ostdeutsche Firma, die es in den TecDAX geschafft hat, ist Jenoptik. Das thüringische Unternehmen gehörte im März 2003 sogar zur Startformation des Technologieindex. Derzeit läuft es bei dem Optoelektronikkonzern aber alles andere als rund. Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe der Quartalszahlen am 12. November musste das Management die Jahresziele zurückschrauben. Entsprechend gehört die Aktie 2014 zu den schlechtesten TecDAX-Werten.

Weitaus besser steht das Papier von Geratherm Medical da. Bei dem Hersteller von Fieberthermometern sorgt das Ebolavirus derzeit für eine Sonderkonjunktur. Die Messinstrumente werden bei den verschärften Kontrollen an Flughäfen, anderen Einreisestellen und in vielen Behörden und öffentlichen Ämtern eingesetzt, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Der außerordentliche Effekt dürfte sich bereits in den Zahlen zum dritten Quartal bemerkbar machen, die Geratherm am 20. November veröffentlichen wird.

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Eine süße Versuchung



Zu den Spezialitäten in der ostdeutschen Börsenlandschaft gehört auch Halloren. Das Unternehmen ist mit mehr als 200 Jahren Firmengeschichte Deutschlands älteste Schokoladenfabrik. Im ersten Halbjahr hat Halloren den Umsatz aufgrund der Expansion ins Ausland zwar um 22 Prozent auf 46 Millionen Euro gesteigert, doch steht dem ein Minus beim Gewinn von 3,35 Millionen Euro gegenüber. "Der stärkste Absatz von Schokolade ist aber traditionell im zweiten Halbjahr, besonders in der Vorweihnachtszeit", erklärte Vorstandschef Klaus Lellé. Daher steht der Firmenlenker zur Prognose, wonach der Umsatz 2014 insgesamt um sechs Prozent auf 125 Millionen Euro steigen und ein Gewinn von 2,2 Millionen Euro anfallen soll. Bis 2018 steht aufgrund der Auslandsstrategie ein Umsatz von 300 Millionen Euro auf der Agenda.

Und Intershop? Nach drei Gewinnwarnungen innerhalb eines Jahres steckt der Softwarekonzern tief in der Krise. Der Unternehmensumbau nimmt mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Hinter der Wachstumsstrategie mit dem Ziel einer höheren Marktpräsenz und eines Ausbaus des Lizenzgeschäfts steht ein großes Fragezeichen. Von der Rekordmarktkapitalisierung von 11,7 Milliarden Euro sind heute gerade einmal noch gut 38 Millionen übrig. Und wenn kein Wunder geschieht, dürfte der Börsenwert in den kommenden Monaten weiter sinken.

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