Nur 70 Kilometer trennen die Küste des US-Bundesstaats Florida von Kuba - für viele US-Amerikaner bislang eine unüberwindbare Distanz. Wegen des Reiseverbots durften nur wenige Amerikaner mit kubanischen Wurzeln die Insel besuchen. Doch nun lockerten die USA die Reisebestimmungen: Unter bestimmten Voraussetzungen können Amerikaner eine Erlaubnis bekommen. Und das dürften viele in Anspruch nehmen - schließlich locken Traumstrände, das malerische Trinidad oder das pulsierende Havanna.

Eine Entwicklung, die wieder einmal jene Goldgräberstimmung anheizt, die rund um Kuba-Investments während der vergangenen Jahre öfter aufkam. Die jüngste Annäherung der beiden verfeindeten Staaten sowie das fortgeschrittene Alter von Kubas Führungsriege spricht nun allerdings dafür, dass Kuba tatsächlich vor einer wirtschaftlichen Öffnung steht. Dabei könnte der ökonomische Erfolg Vietnams eine Blaupause sein für die Entwicklung im Karibikstaat, glauben Experten wie Thomas Herzfeld von der Investmentfirma Herzfeld Carribean. "Wir erwarten, dass Kubas Mittelschicht wohlhabender wird. Dort gibt es ein großes Potenzial für Firmengründungen."

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Unternehmergeist und Investitionen

Tatsächlich nutzen die häufig gut ausgebildeten Kubaner jeden Freiraum aus, gründen etwa Taxiunternehmen oder bieten Touristen Ferienwohnungen und Zimmer an. Der noch recht junge private Sektor ist bereits ein wichtiger Teil der Wirtschaft und wächst sehr dynamisch.

Noch stärkeres Wachstum könnten freilich Kapitalanlagen bewirken: "Wir glauben, dass Investments von US-Unternehmen für ein Ende der wirtschaftlichen Isolation Kubas sorgen, Machtmonopole aufbrechen und den Kubanern mehr Freiheiten bringen", sagt Herzfeld. Kuba verfügt über Bodenschätze wie Nickel, Kupfer, Eisen, Gold, Silber und kleine Mengen Erdöl und Erdgas. Und auch wenn die Förderung noch weitgehend brach liegt: Herzfeld glaubt, dass Kuba dank der Bodenschätze gut gerüstet ist, um neue Wirtschaftszweige aufzubauen und bestehende Branchen weiterzuentwickeln.

Bereits heute ist Kuba ein beliebtes Reiseziel. Doch bezahlbare Mittelklassehotels sind Mangelware, stattdessen gibt es neben Luxusherbergen überteuerte Hotels unter staatlicher Führung, die im Vergleich zu anderen Karibikzielen kaum konkurrenzfähig sind. "Aus diesem Grund benötigen wir Großinvestitionen in Hafenanlagen, Hotels, Golfplätze, Wohnanlagen, Altersresidenzen oder Ladengeschäfte", sagt Herzfeld. Er sieht Bedarf an mehreren Hundert Hotels, 250 000 Zweitwohnsitzen für Exilkubaner sowie rund einer Million Unterkünften für Kubaner, die in Städten häufig sehr beengt leben. "Kuba ist wie ein großer Marktplatz, den noch niemand betreten hat", so der Fachmann.

Entsprechend überschwänglich reagierte die Börse auf Berichte über eine Annäherung zwischen Kuba und den USA. Die Aktien vieler US-Unternehmen, die von einem freien Markt im Karibikstaat profitieren könnten, stiegen deutlich und sind daher in vielen Fällen nicht mehr sonderlich günstig. So wird Kreuzfahrtgesellschaften wie Carnival, Royal Carribean und Norwegian Cruise Lines eine gewisse Kuba-Fantasie nachgesagt. Die Idee: Solange es noch nicht genügend kubanische Hotels mit Weststandard gibt, bieten Kreuzfahrtschiffe vor der Küste den nötigen Komfort und ermöglichen gleichzeitig, das Land zu bereisen. Zusätzlich profitieren sie vom niedrigen Ölpreis. Carnival ist zudem aus einem längeren Seitwärtstrend nach oben ausgebrochen. Positiv: Das Unternehmen will wieder eine Dividende von 0,25 Dollar je Aktie ausschütten. Mit nur "Beobachten" stufen wir dagegen Norwegian Cruise Line ein. Hier ist gerade der Chef Kevin Sheehan überraschend von Bord gegangen. Ein Warnsignal.

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Infrastruktur mit Kuba-Wurzeln

Neben den Touristiktiteln kletterten zuletzt auch einige Infrastrukturwerte wie etwa Mastec, das in den Bereichen Energieinfrastruktur und Telekommunikation gut aufgestellt ist. Das Management von Mastec besteht überwiegend aus US-Amerikanern mit kubanischen Wurzeln. Für die Aktie spricht zudem die relativ günstige Bewertung.



Dennoch: Kuba-Investments sind keine Selbstläufer. Die ersten Gespräche über eine Normalisierung des Verhältnisses sind eher zäh verlaufen. "Keiner sollte davon ausgehen, dass Kuba seine Prinzipien ändern wird, um die Beziehungen zu verbessern", sagte etwa die kubanische Chefunterhändlerin Josefina Vidal vergangene Woche. Und auch die US-Seite sprach von einem Prozess, "der viel Zeit erfordern dürfte". Investor Herzfeld dagegen geht es darum, schon jetzt vorbereitet zu sein: "Ökonomen sind sich einig, dass die Exporte nach Kuba schnell auf einen Bereich zwischen fünf und 15 Milliarden Dollar ansteigen könnten." 2013 umfassten US-Exporte lediglich 360 Millionen Dollar. Umgekehrt erwartet der Investor künftig kubanische Ausfuhren in die USA im Bereich zwischen fünf und acht Milliarden US-Dollar - was derzeit noch durch das Embargo verhindert wird.

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