Dirk Müller hat arbeitsreiche Wochen hinter sich. Er freue sich auf Urlaub, sagt er zu Beginn des Gesprächs auf dem Frankfurter Börsenparkett. Kein Wunder, denn Müller hat gerade mit dem Vermögensverwalter Focam seinen eigenen Value-Aktienfonds aufgelegt - den "Dirk Müller Premium Aktien". Von Müdigkeit ist dann aber nichts mehr zu spüren. "Mr. DAX" redet sich in Fahrt, um zu erklären, was er mit dem Fonds vorhat.

Herr Müller, es gibt unzählige Aktienfonds. Was ist neu bei Ihnen?
Üblicherweise legt ein Anbieter einen Fonds auf, um damit möglichst viel Geld zu verdienen. Klar, auch ich will Geld verdienen. Aber mein Anspruch ist es, ein sauberes Produkt anzubieten, in dem ich auch mein eigenes Geld investieren werde. Bei allen Fonds, die ich mir angeschaut habe, hat mich immer etwas gestört. Ich will einen Fonds anbieten, der aus Anlegersicht gestaltet ist.

Wenn Sie einen anlegerfreundlichen Fonds suchen, müssten Sie dann nicht in einen ETF investieren, der kaum Gebühren kostet?
Mit einem ETF macht man nicht viel falsch, er ist aber auch nicht zwingend die beste Wahl. Denn er investiert zyklisch. Indizes wie der DAX sind nach Marktkapitalisierung gewichtet. Je weiter eine Aktie gelaufen ist, desto mehr Gewicht hat ihr Anteil im Index. Von Aktien, die gut gelaufen und anfällig für einen Rücksetzer sind, habe ich so viele im Depot und von denen, die billig und für eine Erholung gut sind, wenige. Ohne Zyklizität ist eine bessere Wertentwicklung möglich. Und wenn ein aktiver Manager mit Einzeltiteln richtig liegt, gibt es eine Zusatzrendite.

Auf Seite 2: Der Aufbau des Fonds





Die wenigsten Fondsmanager schlagen ihren Vergleichsindex. Wie wollen Sie das tun?
Die größte Sorge vieler Fondsmanager ist es, schlechter als ihr Vergleichsindex abzuschneiden. Daher weichen sie kaum von ihm ab. Gegenüber solchen Fonds ist ein ETF die bessere Wahl. Aber ein aktiver Fonds, der nicht an der Benchmark klebt, kann bessere Ergebnisse als ein ETF erzielen. Ein Beispiel: Bei einem ETF nehme ich einen Einbruch voll mit, ein aktiver Fonds kann ihn abfedern, indem er mit Optionen das Depot sichert.

Und Sie kleben nicht an Ihrer Benchmark?
Meine Benchmark ist der MSCI World Value auf Eurobasis. Das ist aber nur eine formale Größe, der Vergleichsindex ist mir egal.

Ihr Fonds ist ein Value-Fonds gemäß der Lehre von Warren Buffett und Benjamin Graham. Das ist nicht gerade innovativ.
Stimmt. Es ist ein bewährter Ansatz: Aktien von Firmen suchen, die zu den besten der Welt gehören, ein robustes Geschäftsmodell haben und unterbewertet sind. Zudem kommen nur Papiere ins Depot, die man versteht. Ein Konglomerat wie Samsung ist kaum durchschaubar. Zudem sind mir ethische Aspekte bei der Aktienwahl wichtig. Ich biete aber bewusst keinen Ethik-Fonds, da jeder unter Ethik etwas anderes versteht. Ich will die großen Sauereien vermeiden, kann aber nicht jede Ameise aus dem Weg kehren.

Auf Seite 3: Wodurch sich der Fonds auszeichnet





Was wäre für Sie denn nicht vertretbar?
Rüstungskonzerne lehnt die Mehrheit der Anleger ab. Also sind sie ausgeschlossen. Auch ist mir das Thema Gebühren wichtig: Bei allen Fonds, die ich kenne, bleibt die Managementgebühr prozentual gleich hoch, egal wie viel Geld darin liegt. Je größer der Fonds, desto mehr verdient der Manager - auch wenn der Aufwand kaum steigt. Ob ich 2000 oder 20 000 Aktien kaufe, macht kaum einen Unterschied. Wir machen es anders: Wächst der Fonds, sinken die Managementgebühren.

Wie tief können die Kosten denn sinken, falls der Fonds ein Erfolg wird?
Bei 100 und bei 250 Millionen Euro Volumen fällt die Managementgebühr je um fünf Basispunkte. Weiter haben wir nicht geplant. Wir sind ja nicht größenwahnsinnig. Eine Erfolgsgebühr gibt es gar nicht.

Wirklich neu ist nur die Kostenstruktur?
Nein, ich verzichte auch auf Wertpapierleihen. Meistens werden bei solchen Geschäften Aktien aus Fonds an Leerverkäufer verliehen, die auf fallende Kurse setzen. Das drückt die Kurse im Depot. Und im Fall eines Crashs wie bei Lehman Brothers können Leerverkäufer pleitegehen. Zwar müssen sie Sicherheiten hinterlegen, nur das können Bundesanleihen ebenso sein wie italienische Staatsanleihen. Erklären Sie mal einem Anleger, der bewusst Aktien will und keine Schuldpapiere, dass er italienische Bonds im Depot hat.

Auf Seite 4: Weitere Unterschiede und Startkontingent





Was machen Sie noch anders?
Wir wollen Anleger zum Teil dieses Projekts machen. Wir werden online alle Käufe und Verkäufe kommentieren. Zudem wird es etwa alle acht Wochen Onlinekonferenzen mit mir und den Fondsmanagern geben. Und einmal im Jahr werde ich in meiner Heimat bei Schwetzingen ein Treffen mit allen Anlegern veranstalten. Dort soll es Workshops geben und natürlich die Gelegenheit zum Ideenaustausch. Ich gehe mit viel Respekt an die Aufgabe, das Geld meiner Kunden zu betreuen. Ich nehme über die Absicherung im Fonds lieber eine etwas schlechtere Wertentwicklung in Kauf und federe dafür Einbrüche ab. Aber dann muss ich niemandem erklären, warum die Hälfte seines Geldes verloren ist.

Wie wollen Sie Verluste begrenzen?
Wir setzen klassische Optionen ein. Dafür holen wir uns auch externen Sachverstand. Die Aktienquote soll dauerhaft zwischen 80 und 100 Prozent liegen, nur in extremen Lagen können wir bis auf 51 Prozent heruntergehen, um das Pulver trocken zu halten.

Welche Aktien stecken zum Start im Depot?
Im Detail werden wir das nach dem Fondsstart am 17. April sagen- aber mit hoher Wahrscheinlichkeit Bluechips wie der Chipspezialist Qualcomm, Apple, der Insulinhersteller Novo Nordisk, aber auch ein paar unbekanntere Perlen. Lassen Sie sich überraschen. Ziel ist es, 40 Aktien im Depot zu haben.

Auf Seite 5: Management und Prognose





Wie viel Dirk Müller steckt in dem Fonds? Wer managt ihn: Sie oder Focam?
Die Focam AG übernimmt mit vier Mitarbeitern das aktive tägliche Fondsmanagement, ich bin Berater. Ich halte aber nicht nur mein Gesicht in die Kamera. Bei jedem Aktienkauf oder Verkauf wollen Focam und ich gleicher Meinung sein. Ich bin bei allen Investments involviert.

Reden wir über die Aktienmärkte. Würden Sie Privatanlegern raten, auf dem jetzigen Niveau im DAX noch einzusteigen?
Buffett hat gesagt, ignoriere den Markt. Einzig die Firmen müssen gut dastehen. Wenn die Bilanzen und die Aussichten stimmen und dazu noch der Preis, kann der DAX auch bei 15 000 Punkten stehen. Aber selbst gute Aktien können abstürzen, wenn der DAX einbricht. Deshalb ist Absicherung wichtig.

Was könnte den DAX einbrechen lassen?
Das größte Risiko ist, dass der Zins faktisch abgeschafft ist. Der wichtigste Kompass für die Märkte fehlt. Er kann nicht sehen, wo Risiken liegen. Eine zehnjährige italienische Staatsanleihe rentiert mit 1,2 Prozent, eine zehnjährige US-Anleihe mit 1,89 Prozent. Dazwischen liegen mehrere Ratingstufen. Wir befinden uns im Blindflug und bauen in den Bankbilanzen Kreditrisiken auf, denen keine Erträge gegenüberstehen. Wenn es zu großen Ausfällen kommt, haben wir Lehman 2.0.

Sie wollen einen Crash prophezeien?
Nein, darum geht es mir nicht. Es gibt immer Risiken, warum es einen Crash geben kann, und ebenso Gründe für einen Boom. Deshalb sollte man nicht auf eine Richtung wetten, sondern eine Strategie verfolgen, mit der man langfristig gut dasteht, egal was der Markt macht.

Auf Seite 6: Was BÖRSE ONLINE von dem Fonds hält