Telefonica Deutschland ("o2") nimmt im Tauziehen mit den EU-Kartellwächtern um die Zustimmung für den geplanten Milliarden-Kauf des Rivalen E-Plus eine große Hürde. Telefonica werde nach der Fusion ein Fünftel der Netzkapazitäten an den Mobilfunkanbieter Drillisch vermieten, teilte die in München ansässige Telefonica am Mittwoch mit. Zudem habe Drillisch das Recht, noch weitere zehn Prozent Kapazität zu erwerben. Die Vereinbarung gilt aber nur, falls die Kommission grünes Licht für die 8,6 Milliarden Euro schwere Übernahme gibt.

Die Chancen dafür stehen gut, da Telefonica durch den Schulterschluss mit Drillisch eine wichtige EU-Auflage erfüllt. Reuters hatte vor einer Woche von zwei mit der Sache vertrauten Personen erfahren, dass die Brüsseler Wettbewerbshüter die Fusion erlauben, wenn das neue Unternehmen 20 Prozent seiner Kapazitäten an Rivalen ohne eigenes Mobilfunknetz abgibt. Drillisch entspricht genau der Vorgabe, da die unter Marken wie "McSim" oder "Simply" bekannte Firma keine eigenen Handy-Funktürme besitzt. Weitere Auflagen dürften nun zusammen mit dem offiziellen Okay aus Brüssel nächste Woche bekannt werden.

Auf Seite 2: INSIDER - DRILLISCH KOMMT ALLEIN ZUM ZUG

INSIDER - DRILLISCH KOMMT ALLEIN ZUM ZUG

Sollte der Zusammenschluss zwischen dem dritt- und viertgrößte Mobilfunkanbieter in Deutschland gelingen, würde der neue Konzern zum Marktführer vor Deutscher Telekom und Vodafone aufsteigen. Die Wettbewerbshüter nehmen das Mitte 2013 angekündigte Vorhaben intensiv unter die Lupe, da sie fürchten, nach der Fusion könnten die Mobilfunkpreise in Deutschland steigen. Telefonica bot deshalb Zugeständnisse an, unter anderem Starthilfe für einen neuen Wettbewerber. Da sich aber wegen der hohen Kosten für den Aufbau eines Netzes voraussichtlich kein Neueinsteiger nach Deutschland wagen wird, setzt die EU darauf, die Stellung von bereits etablierten Anbietern ohne Mobilfunknetz zu stärken. Deshalb habe Telefonica auch mit den Telekom-Firmen Freenet ("Mobilcom Debitel") und United Internet ("1&1") gesprochen, allerdings erfolglos, sagten zwei mit der Sache vertraute Personen Reuters. Letztlich habe Drillisch den Zuschlag exklusiv erhalten. Die Unternehmen wollten sich dazu nicht äußern.

Anleger deckten sich mit Drillisch-Aktien ein: Die im Technologie-Index TecDax gelisteten Papiere schnellten um bis zu vier Prozent nach oben. Die Titel von United Internet hingegen brachen um über sechs Prozent ein, und für Freenet ging es um gut zwei Prozent nach unten.

Auf Seite 3: PREISWETTBEWERB ADE?

PREISWETTBEWERB ADE?

Experten beurteilen die EU-Strategie zur Stärkung der Betreiber ohne Netz kritisch. "Das ist ein ordnungspolitisches Feigenblatt für die Kommission", sagte Torsten Gerpott, Wirtschaftsprofessor an der Universität Duisburg-Essen. Der Preiswettbewerb werde auf einem Markt, auf dem nur noch drei statt vier Mobilfunker aktiv seien, unweigerlich abflauen. Ähnlich sei es etwa in Österreich geschehen, nachdem die Zahl der Anbieter dort zurückgegangen sei. Nach Aussagen von Telefonica haben aber in Deutschland unabhängige Mobilfunkfirmen, die Gesprächsminuten und Datenpakte von den Netzbetreibern einkaufen und unter eigenen Marken weiterverkaufen, eine so bedeutende Position wie in keinem anderen europäischen Land. Auf das Trio von Drillisch, Freenet und United entfielen hierzulande 30 Prozent der SIM-Karten.

Auf Seite 4: WACHSTUMSSCHUB FÜR DRILLISCH

WACHSTUMSSCHUB FÜR DRILLISCH

Ein Ritterschlag ist das Abkommen für Drillisch: Die kleine Firma, die mit Billigangeboten knapp zwei Millionen Handy-Kunden zählt und in der zweiten Branchen-Liga rangiert, steht vor einem Wachstumsschub. Über die Nutzung der neuen Kapazitäten werde zu gegebener Zeit entschieden, sagte ein Unternehmenssprecher. Ob der Deal mit Telefonica auch ein gutes Geschäft für Drillisch sei, müsse sich zeigen, sagte Equinet-Analyst Adrian Pehl. "Die Vereinbarung enthält keine Angaben zu den Konditionen, und 20 Prozent der gemeinsamen Netzkapazität scheint sehr viel zu sein."

Reuters