"Es werden sich in Europa einige Gelegenheiten ergeben", sagt Enel-Chef Francesco Starace. Zunächst müssten aber etwa die Wahlen im Mai in Frankreich und im September in Deutschland erst mal gelaufen sein. Es folgt eine Übersicht über mögliche Übernahmen und Fusionen in Deutschland.

ÜBERNAHME VON UNIPER



Der Kraftwerksbetreiber Uniper ist nach Einschätzung von Goldman Sachs ein heißer Übernahmekandidat. Grund hierfür sei die geringe Größe des Betreibers von Kohle- und Gaskraftwerken. Die frühere Tochter von E.ON ist an der Börse 5,2 Milliarden Euro wert. Ab 2018 will sich E.ON von seinen restlichen 47 Prozent trennen. Es gibt Spekulationen, wonach der finnische Versorger Fortum interessiert sein könnte. Fortum-Chef Pekka Lundmark hatte im November erklärt, nach Übernahmezielen Ausschau zu halten. Auch der tschechische Energiekonzern EPH käme als Angreifer infrage. EPH hatte im vergangenen Jahr die deutschen Braunkohlegeschäfte von Vattenfall gekauft. Ein Branchenexperte gab zu bedenken, dass Uniper in Schweden an mehreren Atomkraftwerken beteiligt ist. "Wer will sich das Risiko ans Bein binden?"

ÜBERNAHME VON INNOGY



Innogy betreibt weder Atom- noch Kohlekraftwerke und gilt daher als einziger wirklich grüner deutscher Energiekonzern. Allerdings ist Innogy mit seinen Geschäften aus Ökostrom, Netzen und dem Vertrieb mit einem Börsenwert von 19,2 Milliarden Euro ein schwerer Brocken. Dem französischen Versorger Engie wird ein Interesse nachgesagt. Engie will sein Ökostrom- und Netzgeschäft ausbauen. Vorstandschefin Isabelle Kocher hat erklärt, nicht an einer Minderheitsbeteiligung interessiert zu sein. Der RWE-Konzern, der noch knapp 77 Prozent an Innogy hält, schließt einen Verkauf der Mehrheit nicht aus. "Was bleibt dann von RWE?", meldete ein mit der Versorger-Branche vertrauter Banker Zweifel an. RWE würde bei einem Verkauf von Innogy-Anteilen eine Dividendenquelle fehlen.

ÜBERNAHME VON E.ON



Sollte Engie bei Innogy nicht zum Zuge kommen, könnten sich die Franzosen nach Einschätzung der Experten von Bernstein auch E.ON zuwenden. E.ON sei ähnlich attraktiv - und günstiger zu haben. Der Börsenwert beträgt 15,5 Milliarden Euro. Nachteil: Der Konzern mit seinen Geschäften Ökostrom, Netze und Vertrieb muss noch Milliardensummen für den Abriss seiner deutschen Atomkraftwerke stemmen. Zudem drücken E.ON Schulden von 26 Milliarden Euro. Interessant könnte für Investoren ein Teilverkauf, etwa der Stromnetze, sein. Vorstandschef Johannes Teyssen zählt diese aber zum Kerngeschäft. Einem Branchenkenner zufolge könnten Finanzinvestoren E.ON ins Visier nehmen. "Es gibt im Moment gute Gelegenheiten, da einzusteigen und die Schwäche bei E.ON zu nutzen. Für große Player Cinven und CVC sind solche Situationen super."

ÜBERNAHME VON RWE



RWE kämpft seit Jahren mit Einbußen im Kraftwerksgeschäft. Zudem drücken den Versorger Schulden von fast 23 Milliarden Euro. Hinzu kommen hohe Belastungen durch die Beseitigung der Schäden aus dem Braunkohletagebau und für die Verschrottung der Kernkraftwerke. Attraktiv ist hingegen die Beteiligung von knapp 77 Prozent an Innogy. Ein Angreifer auf RWE müsste an den kommunalen Aktionäre vorbeiziehen, die rund 23 Prozent an dem Versorger halten. 2011 hatten RWE und der spanische Versorger Iberdrola eine Fusion ausgelotet, zu der es aber nicht kam. Medienberichten zufolge hatte vor Jahren auch der französische Energieriese EdF ein Auge auf RWE geworfen. Ohne Zustimmung der Bundesregierung könnte wohl kein deutscher Energieriese von einem ausländischen Rivalen geschluckt werden - schon gar keiner mit Atomkraftwerken in seinem Bestand.

FUSION RWE/UNIPER



RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hatte diese Idee jüngst befeuert. "Wir prüfen alle Optionen. Und alle heißt alle", entgegnete der Manager auf Nachfragen. "Ein Zusammenschluss von RWE und Uniper könnte Synergien bei der Kraftwerksführung ermöglichen", sagte Union Investment-Portfoliomanager Thomas Deser. Es müssten allerdings Kartellhürden überwunden werden. Diese könnten aber niedriger ausfallen, wenn die Politik geordnet die Kohleverstromung runterfahren und den Abbau der Arbeitsplätze abfedern wollte. Generell hätten die deutschen Versorger in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung verloren. "Sie sind von Sprintern zu Fußlahmen geworden."

FUSION E.ON/INNOGY



Durch eine solche Fusion entstünde ein neuer deutscher Energie-Champion mit einem rein rechnerisch gemeinsamen Börsenwert von fast 35 Milliarden Euro, mehr als 50 Millionen Kunden und über 80.000 Mitarbeitern. Wegen gemeinsamer Märkte dürften die Kartellauflagen hoch sein. Dies würde vor allem das Vertriebsgeschäft betreffen und weniger die staatlich regulierten Netze, sagte ein Branchenexperte. Ein großer Jobabbau wäre wahrscheinlich und würde auf den Widerstand der Arbeitnehmervertreter treffen. Auch die Führungsfrage wäre schwierig. Innogy-Boss Peter Terium und E.ON-Chef Teyssen mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Ein Zusammenschluss von E.ON und Innogy wäre wohl eher ein Modell für die 2020er-Jahre, sagt Union Investment-Experte Deser. "Bis dahin wird E.ON noch Atomkraftwerke betreiben. Innogy ist ja bewusst frei von Kernkraftwerken."

rtr