"Die jüngsten Schwankungen beim Wechselkurs sind eine Quelle der Unsicherheit", sagte EZB-Präsident Mario Draghi in ungewohnt deutlicher Form. Die Notenbank müsse die Bewegungen im Blick halten und den Einfluss auf die Preisstabilität beobachten.

An den Finanzmärkten wird nun auf den Oktober als Monat der Entscheidungen gesetzt. Die Gemeinschaftswährung stieg in Erwartung eines baldiges Kurswechsels zeitweise um mehr als ein Prozent auf 1,2059 Dollar.

"Es bleibt dabei: Die EZB nimmt sich viel Zeit beim Ausstieg aus der super-expansiven Geldpolitik", kommentierte Volkswirt Holger Sandte von der Bank Nordea. Im Oktober werde sie wohl eine Verlängerung der Anleihenkäufe mit geringerem monatlichem Volumen beschließen. Kritisch äußerte sich die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel: "Ein gradueller Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik wird immer schwieriger, und damit steigen die Risiken für die Finanzstabilität."

Seit Jahresbeginn hat der Euro zum Dollar um mehr als 14 Prozent zugelegt. Dadurch verteuern sich Produkte aus der Euro-Zone auf dem Weltmarkt. Zudem verbilligen sich Importwaren, was die Inflationsentwicklung bremsen könnte. Für die EZB würde es so noch schwerer, ihr Ziel von knapp zwei Prozent Teuerung zu erreichen. Im August lag sie nur bei 1,5 Prozent. "Ein sehr substanzielles Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung ist weiterhin nötig", bekräftigte Draghi und verwies dabei auf die verhaltene Inflationsdynamik.

Die EZB will nun im Herbst ihre Instrumente auf den Prüfstand stellen. "Wahrscheinlich wird der Großteil der Entscheidungen im Oktober getroffen", kündigte Draghi an. Die EZB könne diese aber auch noch verschieben, sollte sie noch nicht so weit sein. Die Fachleute der Notenbank sollten zunächst Vorschläge für mögliche Optionen machen. Auf der jetzigen Ratssitzung sei bereits über die Dauer der Anleihenkäufe und den monatlichen Umfang gesprochen worden. Die Debatte sei aber noch in einem sehr frühen Stadium. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Notenbank beschließen wird, die Transaktionen ab Januar schrittweise herunterzufahren.

Die Wertpapierkäufe im Umfang von aktuell 60 Milliarden Euro pro Monat laufen zum Jahresende aus. Dann werden sie ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreicht haben. Doch inzwischen greift die Wirtschaftserholung im Euro-Raum immer mehr um sich, was auch die EZB zuversichtlich stimmt. So legte im zweiten Quartal das Bruttoinlandsprodukt mit 0,6 Prozent sogar etwas kräftiger zu als zu Jahresbeginn. Die EZB-Volkswirte schraubten ihre Wachstumsprognose für 2017 auf 2,2 von bislang 1,9 Prozent nach oben. "Die wirtschaftliche Expansion, die sich im ersten Halbjahr mehr als erwartet beschleunigt hat, ist weiter solide und breitgefächert über Länder und Sektoren hinweg", sagte Draghi.

Den Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld beließen die Währungshüter auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Auf diesem Niveau liegt er bereits seit März 2016. Der sogenannte Einlagensatz steht weiterhin bei minus 0,4 Prozent. Banken müssen also Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der Notenbank parken.

rtr