Wie geht es weiter mit den vor allem in Deutschland umstrittenen Käufen? Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Euro-Wächter der Europäischen Zentralbank dieses Mal nichts verändern. Sie erhoffen sich von EZB-Chef Mario Draghi aber Hinweise auf mögliche Schritte im Dezember. An den Leitzinsen, die seit März auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegen, dürften die Währungshüter ebenfalls nicht rütteln.

"Das Treffen sollte für einen großen Durchbruch noch zu früh sein", sagt ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. "Dennoch, rechnen wir damit, dass EZB-Präsident Draghi den Schleier etwas lüftet und die Tür für eine Verlängerung der Anleihenkäufe über den März 2017 hinaus öffnet." Die meisten Experten halten dann im Dezember einen Beschluss für möglich. Denn dann werden dem EZB-Rat auch neue Wachstums- und Inflationsprognosen der hauseigenen Volkswirte vorliegen. Die italienische Großbank UniCredit hält eine sechs- bis neunmonatige Verlängerung für ein realistisches Szenario, die Schweizer UBS spricht von sechs Monaten.

Die Wertpapierkäufe sind momentan auf 1,74 Billionen Euro angelegt. Sie sollen helfen, die maue Konjunktur anzuschieben und für mehr Inflation zu sorgen. Der größte Teil der Transaktionen entfällt auf Staatsanleihen der Euro-Länder.

Momentan werden Wertpapiere im Volumen von monatlich rund 80 Milliarden Euro erworben. Allerdings drohen der Zentralbank nach Experteneinschätzung bald die kauffähigen Anleihen auszugehen. So rentierten zuletzt viele Bundesanleihen bereits unterhalb des sogenannten Einlagenzinses von minus 0,4 Prozent. Solche Papiere dürfen derzeit nicht übernommen werden. Die Notenbank hat aber eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie soll prüfen, wie sich sicherstellen lässt, dass die Euro-Wächter auch in Zukunft ihre monatlichen Käufe im gewünschten Umfang fortsetzen können.

Notenbanker hatten unlängst der Nachrichtenagentur Reuters mehrere Vorschläge skizziert, wie das Kaufprogramm nachjustiert werden könnte. Dazu gehört eine zeitweilige Aufweichung des Kapitalschlüssels. Dieses Grundgerüst sorgt dafür, dass mehr Anleihen jener Länder erworben werden, die der EZB mehr Eigenkapital zur Verfügung stellen. Auch der Erwerb von bestimmten Schuldtiteln mit Renditen unterhalb des Einlagenzinses wurde genannt wie auch eine Erhöhung des Kauflimits pro Emission in Richtung 50 Prozent bei manchen Anleihen. Aktuell liegt die Grenze bei 33 Prozent.

Manche Experten bezweifeln allerdings, dass Draghi am Donnerstag bei diesen Thema schon Klarheit schafft: "Konkrete Hinweise, welche Modifikationen die Notenbank zur Dezember-Sitzung beschließen könnte, sind von Seiten Draghis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl nicht zu erwarten", urteilt der DZ-Bank-Zinsstratege Christian Reicherter.

Draghi wird auf der Pressekonferenz am Donnerstag wahrscheinlich auch auf die jüngsten Spekulationen über ein allmähliches Abschmelzen der Käufe angesprochen werden. Die EZB hatte zwar einen entsprechenden Agenturbericht zurückgewiesen. Dennoch blieben die Börsen danach nervös. Die lockere Geldpolitik hat vor allem die Aktienmärkte in den vergangenen Jahren gestützt.

"Wir gehen nicht davon aus, dass die europäischen Währungshüter derzeit bereits ernsthaft eine Verminderung der Anleihenkäufe erwägen", schätzt Ökonom Reicherter. Denn die Inflation lag im September gerade einmal bei 0,4 Prozent - als idealen Wert für die Wirtschaft peilt die EZB aber knapp zwei Prozent an. Erst unlängst hatte Draghi betont, die Notenbank werde das sehr erhebliche Ausmaß der geldpolitischen Unterstützung bewahren, was nötig sei, um die Teuerung in Richtung der EZB-Zielmarke anzuschieben.

rtr