Es klingt schon unglaublich: Anleger, die im Oktober 2008 Mut bewiesen und Aktien von Dialog Semiconductor zu rund 0,41 Euro kauften, können sich heute über Buchgewinne von rund 6000 Prozent freuen. Trotz dieser enormen Zuwächse bleibt die Aktie auf der Überholspur und zählt mit Kursgewinnen von gut 56 Prozent seit Jahresbeginn zu den Werten mit der höchsten Relativen Stärke.

Die rasante Kursentwicklung ist Spiegelbild der florierenden Geschäfte. Dialog hat sich auf Lösungen zur Energieeffizienz von Chips in Hightechgeräten konzentriert und beliefert namhafte Kunden wie Sony, Samsung und Apple. Auslöser für die bravurösen vergangenen Monate waren auf der einen Seite erneut sehr starke Zahlen für das Auftaktquartal. Die Umsätze kletterten gegenüber dem Vorjahr um fast ein Viertel auf 221 Mio. Dollar, mehr als Analysten erwartet hatten. Dank steigender Gewinnspannen legte der Überschuss noch deutlicher um 43 Prozent auf 14,1 Mio. Dollar zu. Nach dem exzellenten Beginn dürfte 2014 ein weiteres gutes Wachstumsjahr werden. Der anhaltende Trend hin zu immer mehr mobilen Geräten und eine hohe Anzahl an neuen Produkten lassen vor allem für die kommenden Monate eine starke Geschäftsentwicklung des Branchenprimus erwarten. Bisher liegt die ausgegebene Messlatte für das zweite Quartal bei einem Umsatz zwischen 195 bis 210 Mio. Dollar. Mit Blick auf das Gesamtjahr rechnet das Management mit einer Verbesserung der Bruttomarge gegenüber dem Vorjahr.

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Apple-Prognosen sorgen für Fantasie

Wesentlich Treiber für den Erfolg ist die Geschäftsentwicklung von Apple. Schätzungen des Bankhaus Lampe zufolge steuern die Amerikaner rund 70 Prozent zum Umsatz bei. Die hohe Abhängigkeit ist durchaus als ein Risikofaktor zu berücksichtigen, zumal eine größere Kundendiversifikation noch nicht geglückt ist. Bisher gibt es nur Spekulationen, dass Dialog in der zweiten Jahreshälfte einen bedeutenden asiatischen Smartphone-Hersteller als Neukunden bekanntgeben könnte. Grundsätzlich besteht somit die Gefahr, dass Apple die Abhängigkeit künftig verstärkt ausnutzt und Preisdruck ausübt. Analysten gehen aber nach wie vor davon aus, dass Dialog auch bei neuen Apple-Produkten als Zulieferer auftreten wird. Sollten in den Geräten allerdings keine Chips des TecDAX-Konzerns verwendet werden, drohen kräftige Kursverluste.

Derzeit gibt es aber keine Signale für solches ein Szenario. Im Gegenteil, der schwäbisch-britische Halbleiterhersteller dürfte auch beim nächsten "großen Wurf" von Apple mit von der Partie sein. Fantasie entfacht besonders die iWatch. Anders als Kassenschlager wie das iPhone und iPad handelt es sich bei der iWatch um Geräte, die am Körper getragen werden, sogenannte Wearables. Dialog-Chef Jalal Bagherli hat sich früh in diesem Segment etabliert und setzt "große Hoffnungen in den Bereich. Das ist ein neuer Markt mit enormem Potenzial." Zu Recht, denn die iWatch könnte einen ähnlichen Erfolg hinlegen wie die anderen Apple-Produkte. Die Kalifornier rechnen mit 30 Mio. verkaufter Produkte in 2013 und 100 Mio. im kommenden Jahr. Auch wenn die Stückzahlen wohl etwas zu hoch gegriffen sind, ist der Trend klar aufwärts gerichtet. Das Bankhaus Lampe erwartet zehn Mio. verkaufte Einheiten im laufenden Jahr und 30 Mio. in 2015. Bei einem Verkaufspreis für die Power Management Chips von einen Dollar würde dies die Geschäfte von Dialog deutlich antreiben.

Ähnlich sieht die Lage für das iPhone 6 aus. Nahezu täglich gibt es inzwischen neue Gerüchte über technische Details, Aussehen und Markteinführung. Zuletzt wurde als Release-Datum der 19. September gehandelt, möglicherweise könnte der neue Hoffnungsträger auch zusammen mit der Hightech-Uhr im Oktober erstmals über die Ladentheke gehen. Apple glaubt jedenfalls an einen großen Erfolg und gab an seine Zulieferer Rekord-Prognosen über knapp 90 Mio. Stück für 2014 weiter. Natürlich melden die Amerikaner lieber zu hohe Zahlen, um für eine starke Nachfrage gerüstet zu sein. Die Konsensschätzungen liegen bei rund 50 Mio. iPhone-Auslieferungen im vierten Quartal. Entscheidend für Dialog sind zudem die technischen Details. Sollte das neue iPhone über ein größeres Display sowie stärkere Prozessoren verfügen, klettert auch der durchschnittliche Verkaufspreis für die Dialog-Chips. Zudem bestehen weiterhin Chancen, dass die Kirchheimer künftig auch die Notebook-Produktserie beliefern.

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Schneller, höher, weiter - und dennoch günstig

Nach Einschätzung vom Bankhaus Lampe wird derzeit noch das Potenzial des Bereichs Fast Charging unterschätzt. Mit den Chips des im Sommer 2013 übernommenen US-Unternehmens iWatt kann die Ladezeit für Smartphones und Tablets deutlich reduziert werden. Lampe-Analyst Iltgen rechnet bei den Ladegeräten mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis der Chips von 0,40 bis 0,50 Dollar und einen Marktanteil für Dialog von 20 Prozent. Das jährliche Umsatzpotenzial liegt dann bei rund 100 Mio. US-Dollar. Noch größer sind die möglichen Erlöse, wenn auch die Smartphones und Tablets mit Fast Charging ausgestattet werden. Hier dürften gut 200 Mio. Dollar pro Jahr durch die Bücher gehen. Bereits im zweiten Halbjahr könnten die ersten Geräte mit der neuen Ladetechnologie verfügbar sein.

Als ob die Faktoren nicht schon für genügend Kursfantasie sorgen, kochen seit wenigen Tagen verstärkte Übernahmefantasien auf. Dialog bestätigte inzwischen Fusionsgespräche mit der österreichischen AMS. Beide Unternehmen sind mit einem Börsenwert von rund 1,8 Mrd. Euro ungefähr gleich groß, es wäre eine "Fusion unter Gleichen". Gelingt der Deal, könnte ein Halbleiteranbieter mit einem Marktwert von rund 3,7 Mrd. Euro entstehen. Besonders die Hoffnungen auf Synergieeffekte beschleunigten zuletzt die Rally bei Dialog. Gerüchten zufolge soll das Listing des TecDAX-Unternehmens aufgegeben werden, die Schwaben würden also unter das Dach von AMS schlüpfen. Die Österreicher haben nach britischen Börsenregeln bis zum 24. Juli Zeit, ein Angebot für Dialog vorzulegen oder die Fusion abzusagen. Bis ein offizielles Übernahmeangebot vorliegt oder Neuigkeiten von Apple bekannt werden, dürften einige Analysten ihre Kursziele überarbeiten.

Dialog zählt bereits jetzt zu den Gewinnmaschinen auf dem deutschen Kurszettel. Da der Konzern in US-Dollar bilanziert, erfolgen die Schätzungen auch auf Dollar-Basis. Nach 0,92 Dollar in 2013 rechnet das Bankhaus Lampe im laufenden Jahr mit 1,55 Dollar und 2,12 Dollar in 2015. Trotz der jüngsten Rally lässt das 2015er-KGV von 15,6 noch genügend Spielraum nach oben. Alternativ bietet es sich an, eine erste Teilposition zu eröffnen und sukzessive den Bestand zu erhöhen. Spätestens Ende Juli, wenn auch die Quartalszahlen erwartet werden, sind weitere Impulse in Sicht.