Mit einem einfachen Blick ganze Maschinenhallen steuern, durch Augenkontakt mit Spielfiguren in Videogames eintauchen oder selbstfahrende Automobilität voranbringen? Alles das wird durch die nächste Generation des Eye-Tracking, der computergesteuerten Blickerfassung, umsetzbar.

Mit atemberaubender Blick-Technologie kann behinderten Menschen ein besseres Leben ermöglicht oder neue Erkenntnisse über Konsumverhalten gewonnen werden. Eye-Tracking ist eine Schlüsseltechnologie der digitalen Gesellschaft von morgen und somit auch ein margenträchtiger Zukunftsmarkt.

Wie Eye-Tracking funktioniert



Mit hoher Präzision analysieren Minikameras und Sensoren der "Eye-Tracker" das Betrachtungsfeld einer Person. Die Position der Augen wird bestimmt und das Blickfeld des Nutzers mithilfe eines Algorithmus berechnet.

Die Technologie basiert auf dem Prinzip des "Corneal-Reflection Tracking": Mehrere (für den Menschen unsichtbare) Infrarotstrahlen erzeugen Reflexionsmuster auf der Hornhaut des Auges. Die Bildsensoren erkennen und registrieren das Bild der Augen. Durch Bildverarbeitung wird anschließend die exakte Position der Pupille oder der Iris ermittelt und die Reflexion der Strahlen berechnet. Dann wird ein Algorithmus benutzt, um das Blickfeld der Person zu erfassen. Eye-Tracking hat sich in den vergangenen zehn Jahren vor allem auf zwei Gebieten etabliert.

Zum einen stellt es eine technische Neuerung dar, die in der Marktforschung zum Einsatz kommt und es gestattet, kleinste Augen- und Körperbewegungen von Konsumenten zu messen. Mit Eye-Tracking, darauf schwören viele Marketingexperten, lassen sich die geheimsten Wünsche und Bedürfnisse herausfinden, die bei Befragungen immer unter den Tisch fallen.

Eye-Tracking kennen wir auch aus den Zukunftsgebieten der virtuellen Realität (Virtual Reality; VR) und der erweiterten Realität (Augmented Reality; AR), bei der virtuelle Dinge in reale Welten eingeblendet werden. Besonders für die Perfektionierung der Datenbrillen von Google oder Oculus spielen Eye-Tracking-Innovationen eine entscheidende Rolle. Irgendwann sollen Gamingfreaks mit der Datenbrille komplett in ihren Spielewelten verschwinden können.

Die Marktforscher von IDC haben in ihrem "Worldwide Semiannual Augmented and Virtual Reality Spending Guide" errechnet, dass VR- und AR-Anwendungen zwischen 2016 und 2020 jährlich um 181 Prozent von 5,2 Milliarden US-Dollar auf 162 Milliarden US-Dollar anwachsen werden. Das hat auch damit zu tun, dass die virtuellen Welten in den kommenden Jahren immer stärker in andere Branchen und Funktionsbereiche hineinwachsen.

Sie werden Chirurgen bei ihrer Arbeit unterstützen, sie werden beim Bau und der Instandhaltung von Gebäuden eine wichtige Rolle spielen und ermöglichen gigantische Simulationen, beispielsweise in der Geologie und Meteorologie.

Selbstfahrende Autos beispielsweise werden sich um 2025 allmählich als ernst zu nehmender Massenmarkt etablieren - ohne Eye-Tracking-Systeme würde das indes nicht stattfinden.



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Die Pioniere



In einen Zukunftstrend zu investieren bedeutet auch, Risiken auf sich zu nehmen, da noch nicht vollends absehbar ist, wie sich eine Branche entwickelt. Während die Technologie die Kernaufgabe des schwedischen Unternehmens Tobii Technology ist, stellt sie beim IT-Giganten Microsoft nur einen Teilbereich dar. Man kann also voll und ganz darauf setzen, dass sich Eye-Tracking durchsetzt, oder den sichereren Weg gehen und beispielsweise mit Microsoft daran partizipieren. Da ist man dann auch abgesichert, wenn es nicht ganz so stark vorangeht.

Während Microsofts Geschäftsmodell hinlänglich bekannt ist, bedarf Tobii Technology der näheren Vorstellung. Es handelt sich um ein schwedisches Hightechunternehmen, das Produkte für die Blickerfassung ("Eye-Tracking") und Blicksteuerung ("Eye Control") entwickelt.

Tobii hat Produkte in verschiedenen Marktsegmenten: Menschen mit Kommunikationsbarrieren nutzen die technischen Geräte und Sprachinstrumente der schwedischen Firma, um zu kommunizieren. Sie werden im akademischen Umfeld bei der Durchführung von Usability-Studien und zur Marktforschung eingesetzt.

Tobii arbeitet mit mehreren Partnern zusammen, um die Verwendung von Eye-Control und Blickerfassung in verschiedene Sektoren und Branchen zu integrieren, beispielsweise Fahrerassistenzsysteme, Consumer Computing oder Gaming. 2011 wurde das erste Videospiel, das nur mit den Augen gesteuert wird, in New York vorgestellt.

Auf der Consumer Electronics Show im Januar 2012 wurde "Tobii Gaze" an einem Windows-8-Computer vorgeführt, dessen Kontaktfläche es dem Nutzer gestattet, ausschließlich seine Augen zu benutzen, um mit einem herkömmlichen Computer zu interagieren.

Tobii hat den Hauptsitz in Stockholm und verfügt über Standorte in den USA, Japan, China, Deutschland und Norwegen. Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr 2016 einen Umsatz von 110,8 Millionen Euro.