Am 23. Oktober rutschte die Rendite zweijähriger italienischer Staatsanleihen zum ersten Mal in den negativen Bereich. Es ist nicht lange her, da wäre eine solche Meldung dem Reich der Fabel zugeordnet worden. Ende 2011 musste das südeuropäische Land für dieselbe Laufzeit noch einen Zinssatz von sieben Prozent berappen. Die Rückkehr in die Gunst der Kapitalgeber verdankt das einstige Sorgenkind der Eurozone nicht nur dem Reformkurs von Regierungschef Matteo Renzi. Landsmann Mario Draghi hat einen ähnlich großen Anteil. Bekanntlich setzt der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) alles daran, um die Wirtschaft gerade in den strauchelnden Mitgliedsländern der Währungsunion in Gang zu bringen. Die Implosion der Anleiherenditen geht mit einer neuen Lust auf italienische Aktien einher. Einen frischen Beleg dafür liefert der Börsengang von Poste Italiane. Ende Oktober nahm die Regierung mit dem Verkauf eines 38,2-Prozent-Anteils 3,4 Milliarden Euro ein - der größte Privatisierungsschritt des Landes seit 16 Jahren.

Gefragt waren italienische Standardwerte schon vor dem Debüt der Post: In den ersten zehn Monaten 2015 legte der FTSE MIB um 18 Prozent zu. Damit schnitt der mit den 40 Schwergewichten der Börse in Mailand bestückte Index doppelt so stark ab wie der breite europäische Aktienmarkt. Geht es nach den Strategen von JP Morgan Cazenove, ist die Rally noch längst nicht vorbei. "Italienische Aktien bringen weiterhin ein signifikantes Aufwärtspotenzial mit", schreiben sie in einem Ausblick. Trotz der jüngsten Outperformance sei Italien der mit Abstand günstigste Markt innerhalb der entwickelten Industrieländer. Die Experten verweisen auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis. In der Tat zeigt der MIB hier aktuell einen Abschlag von knapp einem Drittel gegenüber dem DAX.

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Dominante Banken



Als weiteres Argument für das Gütesiegel "Eurozone Top Pick" nennt JP Morgan Cazenove den positiven Kreditzyklus. Eine Entwicklung, die vor allem den im Leitindex stark vertretenen Banken in die Hän- de spielt. Beispiel Intesa Sanpaolo: Per Ende September steuerte das Turiner Institut knapp 13 Prozent zum FTSE MIB bei. Zwar könnte die Großbank am 3. November (nach Redaktionsschluss) weniger dynamische Quartalszahlen als noch zum Halbjahr präsentieren, gleichwohl dürfte der operative Erholungstrend voll intakt sein.

Die Zahlen von Fiat Chrysler liegen schon vor. Hohe Aufwendungen für den Rückruf von Fahrzeugen bescherten dem Autobauer im dritten Quartal einen unerwarteten Verlust. Abgesehen von diesem Sondereffekt machte das Unternehmen jedoch Fortschritte. Für Aufsehen sorgte Fiat Chrysler zuletzt mit dem Börsengang der Tochter Ferrari. Knapp 900 Millionen Euro spülte das erfolgreiche Wall-Street-Debüt des Sportwagenbauers dem Konzern in die Kasse. Auch der im Dezember anstehende Marktstart der Kompaktlimousine Tipo spricht dafür, dass Fiat Chrysler die Drehzahl weiter erhöht und der Bluechip den jüngsten Abwärtstrend hinter sich lässt.

Ein durchaus vergleichbares Chartbild zeigt Yoox Net-A-Porter - wobei es diese Aktie streng genommen erst seit wenigen Wochen gibt. Anfang Oktober vollzog der italienische Online-Modehändler Yoox die Fusion mit Net-A-Porter, der Webtochter des Luxuskonzerns Richemont. Durch den Zusammenschluss entsteht ein Unternehmen mit mehr als zwei Millionen zahlungskräftigen Kunden und einem Jahresumsatz von zuletzt 1,3 Milliarden Euro. JP Morgan traut dem E-Commerce-Spezialisten bis 2018 mehr als das Doppelte und obendrein eine prozentual zweistellige operative Marge zu. Wir heben das Kursziel für den MIB-Titel ein weiteres Mal an und ziehen gleichzeitig den Stoppkurs nach.

Während dieses Investment stark an die globale Kauflaune der Reichen und Superreichen gekoppelt ist, können Anleger mit der Atlantia-Aktie die "Italien-Karte" spielen. Neben dem Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia ist der Flughafen Rom das zweite Standbein des Unternehmens. Wobei 2014 mehr als 70 Prozent der Umsätze auf die im Heimatmarkt generierten Mauteinnahmen entfielen. Derzeit versucht die Atlantia-Aktie, einen Widerstand im Bereich von 25 Euro zu überwinden. Den dazu nötigen Impuls könnten die am 6. November anstehenden Quartalszahlen bringen. KeplerCheuvreux geht jedenfalls davon aus, dass der Konzern ein Gewinnwachstum von 38 Prozent meldet.

Anleger können sich den FTSE MIB auch einfach und kostengünstig als Ganzes ins Depot legen. Ein Exchange Traded Fund von db X-trackers bildet die diversifizierte Benchmark passiv ab.

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