Frühere Betriebsräte warnten davor, dass nach einer Fusion vor allem die deutschen Standorte gefährdet seien. "Da werden mit Sicherheit Werke auf der Strecke bleiben, und das werden mit Sicherheit keine französischen Werke sein", sagte Rainer Einenkel, früherer Betriebsratschef des mittlerweile geschlossenen Opelwerks in Bochum, zu Reuters.

Opel beschäftigt europaweit 38.170 Mitarbeiter, davon mehr als 19.000 in Deutschland. Rüsselsheim ist mit rund 15.000 Arbeitnehmern der größte Standort. Kaiserslautern und Eisenach sind kleiner. Regierungssprecher Seibert schloss nicht aus, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Prozess einschalten werde. Zunächst aber seien die zuständigen Minister am Zug. Dazu nahmen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, Arbeitsministerin Andreas Nahles (beide SPD) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bereits Kontakt zu ihren französischen Kollegen auf, wie es weiter hieß.

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass der US-Konzern General Motors sich von seiner europäischen Tochter Opel und deren britischen Schwester Vauxhall trennen und an die Franzosen abtreten will. Einem Insider zufolge ist der Plan schon seit Oktober im Gespräch. Die Regierungen in Berlin und Paris wurden von der Nachricht am Dienstag offenkundig überrascht. Auch Opel-Chef Karl-Thomas Neumann sei erst am Dienstagmorgen eingeweiht worden, berichtete das "Manager Magazin". Da beide Hersteller Experten zufolge in Europa Überkapazitäten haben, treibt Bundes- wie Landesregierungen die Sorge um die Arbeitsplätze in Deutschland um. "Das Bundeskabinett hat heute das Thema Opel intensiv diskutiert", sagte Arbeitsministerin Nahles. Oberste Priorität habe die Sicherung der drei Opel-Standorte Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach.

Ein Sprecher der französischen Regierung äußerte Verständnis für die Sorgen in Deutschland. "Ich verstehe, dass es aus Sicht Deutschlands den Wunsch gibt, einen wichtigen Teil seiner Industrie und Arbeitsplätze zu bewahren", sagte Stephane Le Foll in Paris. Auch der Chef der französischen Peugeot-Gruppe PSA, Carlos Tavares, plant einem Firmensprecher zufolge Treffen auf oberster Ebene. Dies schließe auch die Bundeskanzlerin ein.

GM-Chefin Barra hielt sich am Mittwoch zu Gesprächen in der Opel-Zentrale in Rüsselsheim auf. In einem Brief an die Opel-Mitarbeiter, über den die "Allgemeine Zeitung" berichtete, stellte sie die Vorteile eines Eigentümerwechsels heraus. Beide Autobauer könnten mit sich ergänzenden Stärken ihre Marktposition in Europa verbessern. Die Interessen aller Beteiligten sollten gewahrt werden. Der US-Autobauer will Opel nach jahrelangen Verlusten an Peugeot verkaufen.

JOBVERLUST BEI OPEL BEFÜRCHTET



"Da tun sich zwei zusammen, die das Gleiche produzieren, den gleichen Markt abdecken und wahrscheinlich Überkapazitäten haben", sagte Ex-Betriebsrat Einenkel. Klaus Franz, bis 2011 Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Opel, sieht vor allem die Werke in Eisenach und Kaiserslautern in Gefahr. "Die französischen Gewerkschaften werden sich von ihren deutschen Kollegen nicht in die Suppe spucken lassen." Die Überkapazitäten lägen in Deutschland. "PSA hat in den vergangenen Jahren 10.000 Arbeitsplätze abgebaut und ein großes Werk bei Paris dicht gemacht", gab er im Gespräch mit Reuters zu bedenken.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte im SWR, die drei betroffenen Landesregierungen in Mainz, Erfurt und Wiesbaden stünden in Kontakt. "Wichtig ist uns, dass wir, wie in vielen Krisen von Opel, uns nicht auseinanderdividieren lassen, sondern dass wir im gemeinsamen Schulterschluss dafür kämpfen, dass Opel in Deutschland und die Marke Opel wirklich auch eine Zukunft hat." Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir forderten rasch Klarheit für die Beschäftigten über den Verkaufsplan. Bouffier pochte demnach im Gespräch mit Opel-Chef Neumann und dem Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Schäfer-Klug auf einen Erhalt der Arbeitsplätze.

AUCH LONDON IN SORGE UM VAUXHALL



Zum Europa-Geschäft von GM gehört auch die Opel-Schwestermarke Vauxhall in Großbritannien. Auch die britische Regierung macht sich Sorgen um die rund 4500 Arbeitsplätze in den beiden Werken Liverpool und Luton. Wirtschaftsminister Greg Clark habe das im Gespräch mit GM-Aufsichtsratschef Dan Ammann erklärt, sagte ein Sprecher. Der Chef der britischen Gewerkschaft Unite, Len McCluskey erinnerte GM daran, dass es im vergangenen Jahr nach dem Votum zum Brexit das Versprechen gegeben habe, es komme nicht zu Überraschungen bei den Standorten. Nach einem Treffen mit Clark erklärte der Gewerkschaftschef, er habe die Regierung aufgefordert, mit Peugeot so wie schon mit Nissan Investitionszusagen auszuhandeln.

Opel schreibt seit 1999 Verlust. Zusammen mit Vauxhall belief sich der Fehlbetrag im vergangenen Jahr auf 257 Millionen Euro. Wie das "Manager Magazin" berichtete, sah Opel-Chef Neumann die Gefahr, dass der Autobauer die steigenden Investitionen sowohl in Elektroautos als auch in Verbrennungsmotoren nicht stemmen könnte. Er habe deshalb an einem Plan gearbeitet, Opel komplett auf Elektroautos umzustellen. Ein Opel-Sprecher wollte das nicht kommentieren.