Die Euphorie ist zurück. Um fast 1500 Prozent schoss die Aktie des Biotechunternehmens Regeneron in den vergangenen fünf Jahren in die Höhe. Firmenchef Leonard Schleifer gelang, woran viele Konkurrenten scheiterten: Mit Mut, Wissen, Willen und einer Million Dollar Wagniskapital formte der im New Yorker Stadtteil Queens aufgewachsene Neurologe aus einem Forschungsbetrieb einen Riesen der Branche. 34,5 Milliarden Dollar bringt Regeneron an der Börse auf die Waage. Im Nasdaq-100-Index, der die nach Marktkapitalisierung 100 größten an der Technologiebörse Nasdaq notierten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors zusammenfasst, bedeutet das einen Platz in den Top 30.

Unternehmen wie Regeneron hat es der Nasdaq 100 zu verdanken, dass er Kurs auf die alten Höchststände aus dem Jahr 2000 nehmen kann. In der vergangenen Woche sprang der Index erstmals seit 14 Jahren wieder über die Marke von 4000 Punkten. Jetzt rückt das Allzeithoch in greifbare Nähe.

Unter den großen US-Indizes war der Nasdaq 100 in den vergangenen zwölf Monaten der Spitzenreiter. Der Auswahlindex zog um rund ein Drittel an und ließ den breiten Aktienindex S&P 500 hinter sich. Auch der Nasdaq Composite, der über 3000 Firmen überwiegend aus dem Technologiesektor enthält, muss sich da geschlagen geben. "Aus Angst vor einer Straffung der USGeldpolitik haben sich im Frühjahr viele Anleger aus hoch bewerteten Nebenwerten verabschiedet und in sogenannte Large Caps umgeschichtet, die prominent im Nasdaq 100 vertreten sind", sagt Sebastian Werner, Portfoliomanager US- und globale Wachstumswerte bei der Fondsgesellschaft DWS.

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Mit den Kursen steigt die Angst

Mit den anziehenden Notierungen sind auch die Bewertungen vieler Aktien gestiegen. Das schürt die Sorge vor einem Crash wie zur Jahrtausendwende. Damals war es der grenzenlose Optimismus für das Geschäftsmodell Internet, der den Index antrieb. Viele Unternehmen der New Economy hatten hochtrabende Geschäftsmodelle, erzielten aber kaum Umsatz und schrieben obendrein tiefrote Zahlen.

Das ist heute anders. Und auch von einer Überbewertung will kaum jemand sprechen. "Die Fundamentaldaten der Unternehmen haben sich wesentlich verbessert", sagt Werner. Das durchschnittliche Kurs- Gewinn-Verhältnis im Nasdaq 100 für das kommende Jahr liegt bei knapp 20. Als die Dotcom-Blase platzte, betrug diese wichtige Kennziffer über 200.

Gleichzeitig verharren die Leitzinsen in den USA auf einem Rekordtief. Lukrative Alternativen zu Aktien sind also Mangelware und mit einem Zinsschritt der Fed rechnen Experten frühestens Mitte 2015. Zudem haben viele Unternehmen inzwischen ein gefestigtes Geschäftsmodell.

Regeneron etwa hat mit dem Augenmedikament Eylea einen Blockbuster mit einem jährlichen Umsatzvolumen von über einer Milliarde Dollar im Portfolio. Die Amerikaner setzen 2014 voraussichtlich 2,8 Milliarden Dollar um. Noch vor wenigen Jahren stand lediglich ein einstelliger Millionenbetrag in der Bilanz. Auch beim Gewinn gelang Schleifer das scheinbar Unmögliche. In diesem Jahr dürfte der Konzern netto über eine Milliarde Dollar verdienen. Der Kursanstieg geht also mit einem kräftigen Umsatz- und Gewinnzuwachs einher.

Auf Seite 3: Ein Index voller Gewinner

Ein Index voller Gewinner

Ähnliche Erfolgsgeschichten finden sich im Nasdaq 100 recht häufig. So stieg der Aktienkurs der Onlinevideothek Netflix in den vergangenen fünf Jahren um 950 Prozent. Allein seit August 2013 summiert sich das Plus auf gut 70 Prozent. An der Spitze des größten US-Videostreamingdienstes steht mit Reed Hastings einer, der wie Regeneron- Gründer Schleifer von Anfang an volles Risiko ging. Von Hastings und seinem Mitstreiter Marc Randolph mit 2,5 Millionen Dollar Startkapital als Miet-DVD-Versand gegründet, zählt Netflix heute über 50 Millionen Abonnenten. Zudem produziert Netflix, etwa mit der vielfach ausgezeichneten Polit-Thrillerserie "House of Cards", inzwischen selbst erfolgreiche TV-Inhalte. Hastings’ nächstes Projekt ist die Expansion in Europa. In Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden ist Netflix schon vertreten, im September wagt sich das Videoportal auf den deutschen Markt.

Auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page müssen sich nicht verstecken. 1996 als Forschungsprojekt aus der Taufe gehoben, eroberte Google das Internet im Eiltempo. Seit dem Börsengang vor zehn Jahren kletterte der Aktienkurs um rund 1300 Prozent. Die Erlöse des Onlineriesen verzwanzigfachten sich auf fast 67 Milliarden Dollar, die Mitarbeiterzahl stieg von 2300 auf über 52 000. Der Kursanstieg beeindruckt - die operative Entwicklung ebenso.

Zumindest auf Sicht von zwölf Monaten können weder Regeneron oder Netflix noch Google mit der Kursentwicklung des Chipkonzerns Micron mithalten. Auch andere Chipaktien wie Avago, NXP oder Intel waren gesucht. Die Chipindustrie hat die Kapazitäten in den vergangenen Jahren laut DWS-Technologieexperte Werner nicht mehr stur ausgeweitet. Das bremst den Preisverfall. Gleichzeitig werden immer mehr Chips benötigt, etwa in der Industrie, im Automobilbau oder bei der Vernetzung von Alltagsgeräten, dem Internet der Dinge.

Der Vergleich mit der Aktienblase zur Jahrtausendwende ist also nicht angebracht. Viele Unternehmen aus dem Nasdaq 100 erwirtschaften substanzielle Gewinne und sind stärker positioniert als je zuvor. Mit solchen Qualitäten im Gepäck kann das Allzeithoch angegangen werden.

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