"Es wird in den kommenden Tagen keine weiteren Gespräche geben, nicht in der Eurogruppe und auch nicht zwischen der griechischen Seite und den Institutionen über Vorschläge oder finanzielle Vereinbarungen", sagte Dijsselbloem am Mittwochabend nach einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister.

Als Grund nannte er die politische Situation, ausgelöst durch die griechische Ablehnung der Reformvorschläge der Institutionen von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB), das Ansetzen des Referendums und die Empfehlung der Athener Regierung, mit "Nein" zu stimmen. Die jüngsten Reformvorschläge der griechischen Seite habe man zur Kenntnis genommen, sagte Dijsselbloem knapp.

Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk empfahl per Kurznachrichtendienst Twitter, das Referendum abzuwarten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schloss sich der Meinung bei einem Vortrag in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) laut Teilnehmern an. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte möglichen Bemühungen um eine Lösung des Reformstreits vor der Volksbefragung bereits im Bundestag eine Absage erteilt: "Vor dem Referendum kann über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden". Lediglich Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sagte, er hoffe auf eine Einigung nach Möglichkeit noch vor dem Referendum. Griechenland im Euro zu halten, sei die Pflicht der Griechen, aber auch aller anderen.

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NUR EZB HÄLT GELDHAHN RICHTUNG GRIECHENLAND NOCH OFFEN



Seit Mittwoch 00.00 Uhr steht das seit 2010 vom Kapitalmarkt abgeschnittene Land ohne Geldquellen da. Nach dem Auslaufen des Hilfsprogramms besteht keine rechtliche Basis mehr für neue Milliardenhilfen. Weil Athen außerdem als erstes Industrieland überhaupt eine Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) von 1,6 Milliarden Euro nicht zurückzahlte, kann auch der Fonds nichts mehr überweisen. Allein die Europäische Zentralbank (EZB) hält jetzt noch die griechischen Banken am Leben - kippen sie, würde die griechische Wirtschaft zusammenbrechen.

Die Lage sei "tottraurig", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Die Schuld gab er allein der griechischen Regierung. Seit ihrem Amtsantritt Ende Januar sei die wirtschaftliche Lage jeden Tag schlechter geworden. Was sie wolle, sei unklar. Die von Links- und Rechtspopulisten getragene Regierung in Athen will am Sonntag das Volk über eine Fortsetzung der Reformpolitik entscheiden lassen. Von einem ablehnenden Votum erhofft sie sich Rückendeckung für neue Verhandlungen mit den Gläubigern. Ein "Nein" eröffnet nach Darstellung des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis die Aussicht auf Schuldenerleichterungen. Die Verhandlungen mit den internationalen Gläubigern seien gescheitert, weil diese eine Reduzierung der "unbezahlbaren" Schulden abgelehnt und darauf beständen hätten, dass die Schulden von den Schwächsten der Gesellschaft beglichen werden müssten, schrieb Varoufakis in einem Blog-Eintrag.

Kanzlerin Merkel gab sich vor dem Bundestag indes gelassen: "Es sind turbulente Tage, es geht auch tatsächlich um viel, die Welt schaut auf uns", sagte sie: "Aber die Zukunft Europas steht nicht auf dem Spiel." Die anderen 18 Eurostaaten müssten keine Katastrophe mehr fürchten.

Weil das zweite Hellas-Hilfsprogramm ausgelaufen ist, käme aus Sicht der Bundesregierung nur ein drittes Hilfsprogramm in Frage - unter den scharfen Regeln des Euro-Stabilisierungsfonds ESM und nach umfangreichen Verhandlungen.

Um die Banken vor einem Zusammenbruch zu bewahren, hatte die Regierung in Athen am Montag Auszahlungsbeschränkungen erlassen. Papst Franziskus mahnte die Regierungen zu verantwortungsvollem Handeln. Die Menschenwürde müsse im Zentrum stehen. EZB-Chef Mario Draghi zufolge war soziale Fairness das leitende Ziel der Reformvorschläge.

Tsipras hatte den Verhandlern von EU-Kommission, IWF und EZB einen weiteren Brief mit Sparvorschlägen übermittelt. Schäuble monierte, der Inhalt sorge nicht für mehr Klarheit. Tsipras bot in dem Schreiben an, die Verteidigungsausgaben 2016 um 200 Millionen und 2017 um 400 Millionen Euro zu kürzen. Dagegen teilte sein Büro mit, es habe nie Pläne für derartige Kürzungen gegeben und es werde sie auch nicht geben. Die Mitteilung des Büros war offenbar eine Reaktion auf griechische Medienberichte, wonach der kleinere Koalitionspartner von Tsipras' Syriza-Bewegung unter Verteidigungsminister Panos Kammenos verärgert auf die in Aussicht gestellten Streichungen reagiert habe.

Reuters