"Wir sehen das keinesfalls als feindlich", sagte Kuka -Chef Till Reuter am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Er sei von der Offerte nicht überrascht, weil beide Konzerne seit Wochen darüber sprächen, wie sie gemeinsam bei Logistik- und Service-Robotern punkten und das Geschäft in China ankurbeln können. Wenn die Pläne von Midea aufgehen, wäre dies in Deutschland die größte Übernahme, die Chinesen gestemmt haben. Wichtig sind für Reuter die Zusagen von Midea: "Kuka bleibt deutsch."

Die Chinesen wollen Reuter weitgehend freie Hand lassen und würden sich auch mit einer Beteiligung von 30 Prozent begnügen. "Wir wollen die Identität von Kuka als deutsches Unternehmen erhalten", versuchte Midea-Manager Andy Gu Ängste vor einem Ausverkauf von Technologie zu zerstreuen. Laut Reuter haben die Chinesen ein klares Bekenntnis zum Standort Augsburg und den Arbeitsplätzen bei Kuka gegeben. Kuka beschäftigt rund 12.300 Menschen, davon rund 4500 in Deutschland. "Helfen können wir Kuka vor allem in China", sagte Gu zu Reuters.

Die Übernahmeofferte aus Guangdong ist so hoch, dass viele Kuka-Aktionäre einschlagen dürften. Mit 115 Euro je Aktie bietet Midea 35 Prozent mehr als der Schlusskurs vom Dienstag. An der Börse schoss das Papier um 26 Prozent auf 106,45 Euro nach oben. "Wir halten unser Angebot für sehr attraktiv, aber wir freuen uns über jeden Aktionär, der in Kuka investiert bleibt", sagte Gu, der bei Midea für das internationale Geschäft verantwortlich ist. Kuka solle börsennotiert bleiben, ein Beherrschungsvertrag sei nicht geplant.

Das Angebot gilt nur, wenn die Chinesen über 30 Prozent kommen. Midea hält schon 13,5 Prozent an Kuka. Seit der Konzern mit mehr als 100.000 Mitarbeitern im Februar eine weitere Aufstockung ankündigte, hat die Kuka-Aktie 60 Prozent zugelegt. Am Wochenende wurden Midea-Vertreter Insidern zufolge mit ihren Übernahmeplänen bei Kuka vorstellig. Chinesische Konzerne haben es seit einigen Jahren verstärkt auf deutsche Technologie abgesehen, in ihrem Visier sind vor allem der Maschinenbau und die Umwelttechnik.

ROBOTER AUCH IN CHINA AUF DEM VORMARSCH



Kuka gilt als Vorreiter, wenn es um die unter dem Schlagwort "Industrie 4.0" bekannte Automatisierung und Digitalisierung aller Produktionsprozesse geht. Politik und Verbände schreckt die chinesische Einkaufstour dennoch nicht. Wichtig sei aber, dass auch deutsche Unternehmen bei Investitionen in China fair behandelt würden, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, zu Reuters. Die Bundesregierung will sich nicht einmischen.

Bei den Plänen des schwäbischen Unternehmens, den Umsatz bis 2020 auf bis zu 4,5 (2015: 3,0) Milliarden Euro auszubauen, spielt China eine große Rolle. Der Markt allein soll 2020 eine Milliarde Euro zum Umsatz beisteuern, gut doppelt so viel wie jetzt. "China wird für die Robotik entscheidend sein", sagte Reuter. Midea passt das gut ins Konzept. Auch in China stiegen die Arbeitskosten, erläuterte Gu. "Das heißt, dass Effizienz für wachsende Unternehmen wie uns und die ganze Wirtschaft in China wichtiger wird." Auf dem größten Robotermarkt der Welt ist der Automatisierungsgrad bisher vergleichsweise gering.

Doch die Einsatzmöglichkeiten von Kuka-Robotern erschöpfen sich nicht in den Logistikzentren von Midea, mit 18,7 Milliarden Euro Umsatz einer der weltweit führenden Hausgeräte-Hersteller. Auch Serviceroboter in vernetzten Häusern, in der Medizin oder der Altenpflege seien denkbar. Kuka, bisher als Lieferant für Produktionsroboter oder Fertigungsstraßen für Autobauer wie VW, BMW, Daimler und Ford bekannt, will die Abhängigkeit von der Branche reduzieren und mehr Geschäft mit der Luftfahrt, mit Herstellern von Computern oder Telefonen zu machen. In China arbeiten rund acht Millionen Menschen an der Produktion von Tablets oder Smartphones, rund ein Drittel ihrer Arbeit könnten auch Roboter übernehmen.

CHINESEN STATT KAESER



Größter Kuka-Aktionär ist der Anlagenbauer Voith mit 25,1 Prozent. Das kapitalschwache Familienunternehmen aus Heidenheim hatte mit dem Einstieg vor eineinhalb Jahren die Hoffnung auf mehr Schwung für seine "Industrie 4.0"-Strategie verbunden. Von der Midea-Offerte wurde Voith überrascht. Finanziell wäre ein Verkauf lukrativ: Der Aktienkurs von Kuka hat sich seit November 2014 mehr als verdoppelt, Voith könnte sein Paket für mehr als 1,1 Milliarden Euro losschlagen. Der hessische Unternehmer Friedhelm Loh hält zehn Prozent an Kuka. "Ich würde begrüßen, wenn alle drei großen Aktionäre an Bord blieben", sagte Kuka-Chef Reuter.

In der Vergangenheit wurde Siemens immer wieder Interesse an Kuka nachgesagt. Die Münchner arbeiten bei Fabrikausstattungen oft mit den Schwaben zusammen und liefern Systemsteuerungen für die Anlagen, etwa für große Autofabriken. Siemens wollte sich zu dem Angebot nicht äußern. Vorstandschef Joe Kaeser hatte aber in der Vergangenheit gezeigt, dass er vor einem Bieterwettstreit nicht zurückschreckt.