Während der jüngsten Abwärtswelle an den Weltbörsen wurden fast wahllos die meisten Aktien mit nach unten gezogen. In so einer Phase haben es Stock-Picker schwer. Doch zuletzt hat eine leichte Erholungsbewegung eingesetzt und schon wenn sich die Lage nur beruhigen würde, wären die Ausgangsvoraussetzungen wieder deutlich besser, um mit der gezielten Auswahl von Einzelwerten Performance zu erzielen.

Darauf setzt man auch bei der japanischen Investmentbank Nomura. Die dort beschäftigten mehr als 150 Aktienanalysten haben das gut 1.800 Titel umfassende Anlageuniversum nach jenen Werten durchforstet, denen im neuen Jahr das größte Kurspotenzial zugebilligt wird. In Europa ist dabei die Wahl auf elf Aktien gefallen. Davon stellt Börse Online fünf Aktien mit dem größten Kurspotenzial bei Drucklegung der 92-seitigen Studie auf den nachfolgenden Seiten etwas näher vor. Der Abstand der aktuellen Notierungen zu den Kurszielen bewegt sich dabei derzeit zwischen 32 Prozent und 57 Prozent.

Allgemein heißt es ansonsten von Seiten der Nomura-Analysten mit Blick auf das Börsenjahr 2016, die Börsen in Japan und in Europa seien gegenüber den USA und den asiatischen Schwellenländern zu bevorzugen. Diese Haltung wird erklärt mit der Aussicht auf eine anhaltend expansive Geldpolitik in Europa durch die EZB und den Vorteilen, die ein schwacher Euro für die europäischen Exporteure bringt sowie die über teuer werdende Importe kommenden positiven Impulse beim Versuch, die Inflation anzuschieben.



Europa-2016-Top-Favorit von Nomura, Nummer fünf: TeliaSonera AB (WKN: 938475, 39,25 schwedische Kronen, 4,228 Euro, alle Kurs- und Bewertungsangaben beziehen sich auf den Stand vom 25.01.)



Die Aktie des schwedischen Telekomkonzern TeliaSonera kommt seit April 2015 auf keinen grünen Zweig mehr. Aktuell steht seit dem damals erreichten Zwischenhoch von 55,65 Kronen ein Kursminus von 29,5 Prozent zu Buche und laut Nomura weist der Titel schon seit drei Jahren eine schwächere Entwicklung als der Stoxx Euro 600 Telekommunikations-Index auf.

Charttechnisch sieht es dadurch bei Kursen auf dem niedrigsten Stand seit 2009 alles andere als prickelnd aus. Sicherlich keine Stütze war dabei auch die im September des Vorjahres erfolgte Absage einer geplanten Fusion mit Telenor. Zur Begründung hieß es damals, man habe sich mit der EU-Kommission nicht über die Auflagen des geplanten Zusammenschlusses einigen können.

Auch die Schwierigkeiten bei den geschäftlichen Aktivitäten in Eurasien waren sicherlich keine Hilfe. Aber laut Nomura-Analyst James Britton sind die dortigen Probleme hinlänglich bekannt und auch die Unsicherheiten mit Blick auf die künftige Dividende seien nichts Neues mehr. Selbst wenn die Dividende nur noch zwei Kronen betragen sollte, sei die damit verbundene Dividendenrendite von 5,1 Prozent noch immer attraktiv. Anleger sollten deshalb über die beiden genannten negativen Einflussfaktoren hinausschauen und sich stattdessen auf den bestehenden Bewertungsabschlag sowie die starke Aufstellung des Unternehmens in den als gut bezeichneten skandinavischen Märkten konzentrieren.

Untermauert wird die positive Haltung der Aktie gegenüber auch durch die verstärkte Hinwendung der Kunden auf jene Anbieter, die über ein qualitativ hochwertiges Angebot in der Form eines starken Netzes, guten Kundendienst und innovativen Produkten verfügen. Genau damit könne TeliaSonera aufwarten.

Beim Umsatz rechnet Britton von 2014 bis 2017 mit einer stetigen Zunahme von 101,06 Milliarden Kronen auf 110,11 Milliarden Kronen. Beim Gewinn je Aktie wird in dieser Zeit ebenfalls mit einer Verbesserung von 3,72 auf 4,26 Kronen gerechnet. Für 2017 ergibt sich damit ein KGV von 9,2. Das Kursziel beziffert Britton auf 52 Kronen, woraus sich ein Kurspotenzial von 32,5 Prozent errechnet.



Europa-2016-Top-Favorit von Nomura, Nummer vier: LVMH SE (WKN: 853292, 143,90 Euro)



Der französische Luxuskonzern LVMH, der unlängst beim italienischen Edeljuwelier Repossi eingestiegen ist, leidet wie alle anderen Luxusmarkenanbieter unter den unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft, den wirtschaftlichen Unwägbarkeiten in China sowie den negativen Folgen, welche die niedrigen Ölpreise für die reiche Kundschaft aus den ölproduzierenden Ländern nach sich zieht. Immerhin hält sich hier der Aktienkurs aber noch in einem charttechnischen Seitwärtstrend, auch wenn sich die Notiz aktuell um rund 18 Prozent unter dem im Vorjahr bei 175,60 Euro aufgestellten Rekordhoch bewegt.

Für Nomura-Analyst Christopher Walker handelt es sich bei dem Unternehmen aber um einen Vorzeigewert aus dem Luxusgütersektor was die Tiefe des Marken- und Produktportfolios angehe. Allerdings glaubt er auch, dass diese Vorzüge derzeit am Markt noch nicht richtig verstanden und gewürdigt werden. Auf Basis des Wertes aller Konzerneinzelteile kommt er auf einen Wert von 200 Euro je Aktie, doch der Blick dafür werde durch die bestehende Konzernstruktur nicht offengelegt. Aber er geht auch davon aus, dass gerade schwierige Zeiten dabei helfen werden, den Wert der gesamten Konzerneinheiten besser offenzulegen.

Noch werde der Aktienkurs vor allem von der Marke Luis Vuitton getrieben, doch in Wahrheit ruhten Umsatz und Gewinn vor Steuern und Zinsen auf fünf Geschäftssäulen. Die damit verbundene Diversifikation sein ein wichtiger Investmentgrund für die Aktie, weil diese Aufstellung im Branchenvergleich zu einer besseren Absicherung bei Schwierigkeiten im Umfeld verhelfe.

Zur Bewertung heißt es ansonsten noch, die Nettoverschuldung gemessen am geschätzten EBITDA für 2016 sei mit dem 0,3-fachen niedrig und die konsistente Generierung von freiem Cashflow erlaube höhere Dividendenzahlungen. Zukäufe seien ebenfalls denkbar, wobei Walker aber organische Investitionen für wahrscheinlicher hält. Die jüngsten Terroranschläge in Paris könnte kurzfristig auch die Geschäftsentwicklung bei LVMH bremsen, langfristig bezeichnet er die Investmentgeschichte aber als solide.

Beim Gewinn je Aktie geht er von 2014 bis 2017 von einer Verbesserung von 6,49 auf 9,46 Euro aus. Für das kommende Jahr würde das ein geschätztes KGV von 15,2 bedeuten. Die als Kursziel genannten 200 Euro stellen bei Erreichen dieser Vorgabe ein Aufwärtspotenzial von rund 39,0 Prozent dar.



Europa-2016-Top-Favorit von Nomura, Nummer drei: International Consolidated Airlines Group S.A. (WKN: A1H6AJ, 7,387 Euro)



Unter den Nomura-Europa-Favoriten mit dem größten Kurspotenzial sieht die Aktie der International Airlines Group charttechnisch noch am besten aus. Was hier hilft sind sicherlich die stark gesunkenen Energiepreise, welche den bei Fluggesellschaften so wichtigen Treibstoff-Kostenfaktor senkt. Trotz dieses enormen Vorteils ist es aber interessant zu beobachten, dass der Aktienkurs trotzdem lediglich auf dem Stand von Anfang 2015 notiert.

Es wird spannend sein zu verfolgen, ob die niedrigen Kerosinpreise nicht vielleicht doch noch irgendwann mehr Kurskraft entfalten können oder ob die vielen Ängste der Anleger dem Sektor gegenüber weiterhin mindestens genauso schwer wiegen. Aufwind winkt den europäischen Branchenvertretern aber dann, wenn es wie von den Fluggesellschaften geplant gelingt, die Flughafengebühren zu senken.

Bei der International Consolidated Airlines Group selbst sind Aktivitäten an der Fusionsfront auch zur Beurteilung der Aktie stets ein wichtiges Thema. Die aus der Fusion von British Airways und Iberia entstandene Gesellschaft, die auch die Billig-Airline Vueling umfasst, hat jüngst die irische Aer Lingus in ihr Portfolio integriert. Der Vorstand hat aber eingeräumt, Interesse an weiteren Zukäufen zu haben. Nomura-Analyst James Hollins hält die Verantwortlichen für im Branchenvergleich überdurchschnittlich fähig und er setzt auf Erfolge beim Versuch, Kosten einzusparen. Als Pluspunkt stuft er außerdem die starke Stellung ein, welche das Unternehmen an etlichen europäischen Flughafen verfügt.

Beim Gewinn je Aktie setzt Nomura von 2015 bis 2018 auf eine jährliche durchschnittliche Wachstumsrate von 18 Prozent. Für 2017 wird konkret mit 1,11 Euro je Anteilsschein gerechnet, woraus sich ein KGV von 6,65 ergibt. Das Verschuldungsniveau wird als vorteilhaft bezeichnet. Bei einem Kursziel von acht Pfund errechnet sich gegenüber der aktuellen Notiz in London von 5,62 Pfund ein Kurspotenzial von 42,3 Prozent.



Europa-2016-Top-Favorit von Nomura, Nummer zwei: Aviva Plc. (WKN: 854013, 4,64 britische Pfund, 6,242 Euro)



Mit einer Seitwärtstendenz hat sich der Aktienkurs von Aviva in den vergangenen beiden Jahren besser gehalten als der britische Leitindex FTSE 100, in dem der Titel enthalten ist. Das ist auch deshalb beachtenswert, weil andere Finanzinstitute auf der Insel, die sich ebenso wie Aviva stärker in Asien engagiert haben, gleichzeitig unterdurchschnittlich abgeschnitten haben.

Damit die Anteilsscheine des zu weltweit größten Versicherungen zählenden Unternehmens nachhaltig anziehen können, setzt Nomura-Analyst Fahad Changazi als Katalysator auf die nächsten Unternehmensnachrichten. Mit Blick auf das abgelaufene Geschäftszahlen 2015 rechnet er allerdings nicht mit allzu positiven Impulsen. Allerdings hofft er daraus, dass die Angaben zu den aus der Integration von Friends Life erwarteten Synergien von 225 Millionen Pfund auf 300 Millionen Pfund nach oben geschraubt werden können. Für das restliche Geschäft setzt er auf auch künftig anhaltendes Momentum, außerdem baut er auf Fortschritte beim Erfüllen der Solvency II-Kapitalvorschriften.

Vor allem aber hofft Changazi auf Neuigkeiten zur Dividendenpolitik. Derzeit rechnet er von 2015 bis 2017 mit erheblichen Dividendenerhöhungen. Konkret sagt er für 2015 die Zahlung von 22 Pence voraus, für 2016 von 25,4 Pence und für 2017 von 30,0 Pence. Daraus ergeben sich Dividendenrenditen von 4,74 Prozent, 5,47 Prozent und 6,47 Prozent, was ansehnlich ist. Auf Basis des für 2016 erwarteten Gewinns je Aktie von 50,9 Pence ergibt sich ein geschätztes KGV von 9,1. Das sei im britischen Branchenvergleich ein ungerechtfertigt hoher Bewertungsabschlag, schließlich offeriere man die zweithöchste Dividendenrendite. Fassen die Anleger wieder mehr Vertrauen, sollte sich der Abschlag verringern.

Das Kursziel wird von Changazi mit 6,70 Pfund angegeben, was einem Aufwärtspotenzial von 44,4 Prozent entspricht. Interessante Notiz am Rand: Auch die Société Générale zählte die Aktie zu ihren Europa-Top-Picks für 2016, das Kursziel beträgt hier 7,00 Pfund. Zudem bezeichnet Barclays den Wert als Top-Pick im europäischen Versicherungssektor, wobei in diesem Fall das Kursziel auf 6,63 Pfund veranschlagt wird.



Europa-2016-Top-Favorit von Nomura, Nummer eins: Société Générale S.A. (WKN: 873403, 34,91 Euro)



Steil bergab geht es im neuen Jahr bisher mit den Aktien der Société Générale. Das ist nicht alleine ein unternehmensspezifisches Problem, vielmehr müssen Bankaktien aus Südeuropa durch die Bank herbe Verluste hinnehmen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich am Markt langsam aber sicher wieder die Angst vor einer neuerlichen EU-Krise und damit auch im Bankensektor breit macht.

Nicht einfacher wird die Ausgangslage für die Banken aus Europa auch durch die Verpflichtung zu höheren Kapitalanforderungen. Zumal in Europa nicht sicher ist, über wie viel Kapital die Institute verfügen müssen. Auch abgesehen davon ist das Geschäftsumfeld nicht einfach. Dafür sorgen das Niedrigzinsniveau und die wachsende Konkurrenz durch Fintech-Firmen. Die Société Générale hat darauf im Vorjahr unter anderem mit der Ankündigung reagiert, jede fünfte Filiale in Frankreich zu schließen und in den kommenden fünf Jahren 2.000 Stellen zu streichen. Dagegen soll die Zahl der Kunden der Internetfiliale Boursorama in den kommenden fünf Jahren von 700.000 auf zwei Millionen gebracht werden, wofür 1,5 Milliarden Euro investiert werden.

Nomura-Analyst Jon Peace baut auf den Titel, weil er die Aktie in Europa zu den am günstigsten bewerteten Vertretern in der Euro-Zone zählt. Weil von sich verbessernden Bilanzrelationen auszugehen sei, sollte sich die Bewertung aus seiner Sicht aber dem Branchenschnitt annähern. Hinzu komme ein überdurchschnittliches Gewinn-Momentum, da sowohl von Entwicklungen auf dem heimischen, dem internationalen Markt und im Derivate-Geschäft gestützt werde. Unter anderem wird intern für 2017 mit einer Rückkehr zur Profitabilität bei den Russland-Aktivitäten gehofft.

Was die Bewertung angeht, beziffert Peace das Verhältnis von Kurs zu dem um immaterielle Vermögensgegenstände bereinigten Buchwert auf 0,8, der Durchschnittswert für die Branchenvertreter in Europa wird aber mit 1,0 angegeben. Ein Niveau, das aus seiner Sicht auch der Société Générale zugestanden werden sollte. Bei der Dividende werde vom Analystenkonsens eine Ausschüttungsquote von 43-46 Prozent unterstellt (geschätzte Dividendenrendite von 6,2 Prozent), obwohl das Unternehmen selbst 50 Prozent in Aussicht gestellt habe. So oder so sei die Dividendenrendite aber als attraktiv einzustufen. Das Nomura-Kursziel beträgt 55 Euro, was einem Potenzial von 57,5 Prozent entspricht.