"Die absehbare Eintrübung der Konjunktur und wettbewerbsbedingt sinkende Durchschnittserlöse im Passagiergeschäft werden unsere Rahmenbedingungen im kommenden Jahr prägen", begründete Finanzchefin Simone Menne den Schritt. Die Lufthansa rechnet statt mit zwei Milliarden Euro operativen Gewinn nun für 2015 nur noch mit einem Ergebnis "deutlich über dem diesjährigen". An dem Ziel von einer Milliarde Euro operativen Gewinn für 2014 hält Menne fest. Sie räumte jedoch ein, sollten die Piloten in diesem Jahr nochmals streiken, dann hätte das Einfluss auf die Prognose.

An der Börse reagierten die Anleger verschnupft. Die Aktien des Dax-Konzerns verloren vier Prozent. Für Dirk Schlamp, Luftfahrt-Experte bei der DZ Bank, stimmt der neue Ausblick für das kommende Jahr nun eher mit den Markterwartungen überein. Analysten hatten den Zielen bereits vorher keinen Glauben mehr geschenkt und im Schnitt ein Betriebsergebnis von 1,5 Milliarden Euro für 2015 erwartet.

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PROGNOSE FÜR FLUGBENZIN BLEIBT UNVERÄNDERT

Für die Lufthansa laufen die Geschäfte in diesem Jahr bislang rund. In den ersten drei Quartalen stieg der operative Gewinn um 28 Prozent auf 849 Millionen Euro. Marktexperten hatten mit 823 Millionen Euro gerechnet. Das Ergebnis wäre noch höher ausgefallen, wenn die Piloten nicht gestreikt hätten. Die Arbeitsniederlegungen der Flugzeugführer verursachten direkt und durch Buchungsausfälle bislang Schäden von 160 Millionen Euro. Zusammen mit anderen Streiks summieren sich die Belastungen auf 170 Millionen Euro. Die Piloten bestreiken die Lufthansa seit April und haben seitdem acht Mal die Arbeit niedergelegt. Eine Lösung des Tarifkonflikts mit der Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit ist bislang nicht in Sicht. "Die Vereinigung Cockpit wird früher oder später verstehen, dass ihr Verhalten viel Schaden anrichtet", sagte Vorstandschef Carsten Spohr. Auch Rivale Air France-KLM litt im vorigen Quartal unter Arbeitsniederlegungen der Piloten. Der Schaden bei Europas zweitgrößter Airline beläuft sich auf eine halbe Milliarde Euro.

Noch keine großen Auswirkungen haben die gesunkenen Preise für Flugbenzin - einer der größten Kostenposten. Konzernweit erwartet die Lufthansa für dieses Jahr wie gehabt eine Tankrechnung von 6,7 Milliarden Euro. Noch im Juni kostete ein Barrel Öl 116 Dollar - seitdem purzelte der Preis auf zwischenzeitlich gut 82 Dollar, ein Minus von 30 Prozent. Allerdings hat die Lufthansa die Preise für einen Großteil ihres Kerosinbedarfs durch Hedging-Geschäfte abgesichert.

Aufholen will die Lufthansa nun mit neuen Billigablegern unter der Marke "Wings" im Kurz- und Langstreckenverkehr. Mit der Strategie will der neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr schnell wachsenden Rivalen wie Ryanair in Europa Paroli bieten. Auch auf der Langstrecke plant die Lufthansa eine neue Günstig-Airline.

Reuters

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Einschätzung der Redaktion

Die gute Nachricht zuerst: Die Lufthansa hat die Streikwelle im Konzern besser überstanden als von vielen Börsianern befürchtet. Trotz Sonderbelastungen in Höhe 170 Millionen Euro hat die Airline ihren operativen Gewinn in den ersten neun Monaten des Jahres um 28 Prozent auf 849 Millionen Euro gesteigert - Analysten hatten lediglich mit 823 Millionen gerechnet. Für das Gesamtjahr peilt der Vorstand einen operativen Gewinn von rund einer Milliarde an - unter der Voraussetzung, dass das Geschäft nicht erneut durch Streiks gestört wird.

Streiks sind aber nicht das einzige Problem der Airline: Die "absehbare Eintrübung der Konjunktur und wettbewerbsbedingt sinkende Durchschnittserlöse im Passagiergeschäft werden unsere Rahmenbedingungen im kommenden Jahr prägen", warnt Finanzchefin Simone Menne. Entsprechend hat sich die Lufthansa von ihrem Gewinnziel für 2015 verabschiedet. Ursprünglich hatte der Konzern einen operativen Gewinn von zwei Milliarden Euro eingeplant - jetzt rechne man "mit einem Ergebnis deutlich über dem diesjährigen". Das schließt theoretisch die alte Prognose nicht aus, realistisch ist ein deutlich niedrigerer Betrag.

Analysten hatten den Glauben an die alte Prognose schon lange verloren. Die Konsensschätzung hatte zuletzt einen operativen Gewinn von knapp 1,6 Milliarden Euro für 2015 ergeben. Die neuen Aussagen des Konzerns dürften die Schätzungen nochmal drücken. Die Investmentbank Jefferies kalkuliert, dass die Analystenerwartung um nochmal 20 Prozent sinken könnte.

Die grundsätzliche Ausgangslage für Aktionäre hat sich mit den neuen Geschäftszahlen und Prognosen nicht wesentlich verändert. Die Lufthansa-Aktie ist auf Basis des Kurs/Gewinnverhältnis billig. Dem stehen die großen Risiken der Branche entgegen. Der Wettbewerb unter den Airlines ist hart, die Margen sind selbst in guten Phasen niedrig. Sollte sich die Weltkonjunktur eintrüben, würde das die Lufthansa hart treffen. Anleger sollten die Aktie weiter meiden.