"Es wäre nur unaufrichtig, wenn wir ihn übertünchen würden. Das werde ich jedenfalls nicht tun", sagte die Kanzlerin. Gleichzeitig mahnte sie, dass die größten Industrieländer ihrer Verantwortung auch für den Rest der Welt gerecht werden müssten.

Vor allem beim Thema Welthandel und Klimaschutz erwartet Merkel schwierige Verhandlungen auf dem kommenden Freitag in Hamburg beginnenden G20-Gipfel. Bei dem Treffen werden etwa die Präsidenten der USA, Chinas, Russlands und anderer großer Wirtschaftsnationen erwartet. Ziel des informellen Treffens müsse es sei, die Herausforderungen der Menschheit gemeinsam anzugehen. "Nur gemeinsam können wir in all diesen Fragen etwas erreichen", mahnte Merkel. Mit nationalen Alleingängen könnten diese nicht mehr gelöst werden. "Wir müssen unsere Weltordnung zukunftsfähig machen", sagte sie. Merkel appellierte an die in Hamburg erwarteten Demonstranten, friedlich zu protestieren.

KLIMA WIRD HAUPTSTREITTHEMA



Besonders deutlich ist der Konflikt mit Trump durch den angekündigten Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen. "Das Pariser Abkommen ist unumkehrbar, und es ist nicht verhandelbar", wies Merkel Forderung aus Washington nach einer Neuverhandlung zurück. Der Klimawandel sei eine der größten und existenziellen Herausforderungen der Menschheit. "Als G20 können wir die Herausforderungen, die mit dem Klimawandel für uns alle in der Welt verbunden ist, nicht ignorieren", sagte Merkel. Sie sei entschlossen, im Hamburg die Beratungen so zu führen, dass sie "Inhalt und Ziel des Pariser Abkommens" dienten.

Außerdem solle vom G20-Treffen ein klares Signal für offene Märkte und gegen Protektionismus ausgehen. Auch hier gilt die neue US-Regierung als Problem. Mit Blick auf die US-Überlegungen für neue Importhürden sagte die Kanzlerin: "Ich bin überzeugt, dass Protektionismus keine Lösung ist." Handelsbeschränkungen führten nicht weiter. Es brauche offene Märkte. Auch Chinas Vize-Finanzminister Zhu Guangyao sprach sich für eine engere Zusammenarbeit der G20-Volkswirtschaften aus. Dies beziehe sich auch auf die Abstimmung über internationale Währungskurse, sagte er in Peking.

Merkel warb zugleich für mehr Freihandelsabkommen der EU. "Mit Freihandelsabkommen kann es gleichzeitig gelingen, uns auch künftig besser vor unfairen Handelspraktiken zu schützen." Merkel empfing am Mittag in Berlin die Regierungschefs der europäischen Staaten, die am G20-Gipfel teilnehmen. Dazu gehören neben den G20-Mitgliedern Frankreich, Großbritannien und Italien auch Spanien, die Niederlande und Norwegen.

In einem Interview mit der "Wirtschaftswoche" erklärte die Kanzlerin, dass es jenseits der Streitthemen "ein breites Feld gemeinsamer Interessen" mit den USA gebe. Dazu gehöre etwa der gemeinsame Kampf gegen Terrorismus. Zwar wies sie amerikanische Vorwürfe gegen den deutschen Handelsüberschuss zurück. Aber Trump sei in den USA demokratisch gewählt worden. "Viele Menschen in den USA haben ganz offensichtlich den Eindruck, dass ihr Land Defizite hat und sie zu kurz gekommen sind. Nach diesen Wählern hat der Präsident seine Programmatik ausgerichtet", fügte sie hinzu. Sie selbst habe aber eine anderen Ansatz für eine internationale Zusammenarbeit als Trump.

OPPOSITION WILL HÄRTE



SPD und Opposition forderten von Merkel eine klare Auseinandersetzung mit Trump. "In Hamburg muss gezeigt werden: Der amerikanische Präsident steht in der Klimaschutzfrage allein", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Notfalls müsse Merkel eine 19:1-Erklärung der G20-Staaten erzwingen. Die Kanzlerin hatte in den vergangenen Tagen betont, dass sie eine solche Konfrontation nicht anstrebe. Nach dem G7-Gipfel hatte Merkel allerdings von einer "sechs zu eins"-Situation in der Debatte über Klimaschutz gesprochen, nachdem Trump das Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen nicht mittragen wollte. Wenige Tage später kündigte er den US-Austritt aus dem Abkommen an.

Weitere Themen beim G20-Gipfel werden der gemeinsame Antiterrorkampf, die bessere Entwicklung Afrikas, eine bessere Vorsorge gegen weltweite Pandemie-Gefahren und neue Initiativen für die Gleichberechtigung von Frauen etwa in Entwicklungsländern sein. An dem Gipfel nehmen auch die Regierungschefs von Vietnam, Senegals, Guineas als Vertreter afrikanischer und asiatischer Regionalorganisationen sowie die Präsidenten der großen multinationalen Organisationen wie UN, WTO, IWF oder Weltbank teil.

rtr