Börse Online: Sie agieren auf den Geschäftsfeldern Leasing, Bauträgerzwischenfinanzierung, Firmen- und Privatkunden. Wo sehen Sie derzeit das größte Wachstumspotenzial?
Marcus Lingel: Bei der Bauträgerzwischenfinanzierung lag unser Neugeschäftsvolumen vergangenes Geschäftsjahr bei 660 Millionen Euro - eine Steigerung um 140 Millionen Euro, durch die wir eine beachtliche Größe im Markt erreicht haben. Auch das Leasing-Geschäft legte um 12, 8 Prozent auf 118 Millionen Euro zu. Und in unserem Privatkundengeschäft, in dem wir das größte Wachstumspotenzial sehen, wuchs das Depotvolumens um 30 Prozent auf 178 Millionen Euro. Im laufenden Geschäftsjahr wollen wir in diesen drei Geschäftsfeldern weiter wachsen.

Börse Online: Und das Firmenkundengeschäft?
Marcus Lingel: Hier hat sich die zurückhaltende Investitionsbereitschaft im deutschen Mittelstand bemerkbar gemacht - das Neugeschäft ging um sechs auf 46 Millionen Euro zurück. Wir haben dabei aber bewusst auf Kreditgeschäfte mit hohem Risikopotenzial verzichtet. Bei der jetzigen Marktlage mit einer zunehmenden Wettbewerbsintensität, durch die oft das Kreditrisiko nicht mehr adäquat verzinst wird, geht man nicht jedes Geschäft um jeden Preis ein, sondern muss auch eine ruhige Hand haben.

Börse Online: Die Merkur-Bank-Aktie bietet Anlegern eine attraktive Dividendenrendite von derzeit rund 3 Prozent. Können Anleger nach der Hauptversammlung Mitte Juni mit einer Ausschüttung auf Vorjahresniveau rechnen?
Lingel: Zusammen mit dem Aufsichtsrat haben wir für 2015 wiederum eine Dividende von 0,20 EUR vorgeschlagen, und ich gehe davon aus, dass diese auch von der Hauptversammlung genehmigt wird. Darüber hinaus haben wir in Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat unsere Dividendenpolitik verstetigt und streben künftig an, unsere Ausschüttungsquote auf bis zu 50 Prozent zu erhöhen, insofern die von der Regulatorik erforderlichen Eigenmittel vorhanden sind. Mit diesem Schritt möchten wir ein klares Signal für die Zuverlässigkeit unseres Hauses im Kapitalmarkt geben.

Börse Online: Ihr Filialnetz ist mit acht Geschäftsstellen überschaubar. Planen Sie, künftig weitere Filialen zu eröffnen?
Lingel: In unseren jetzigen Marktgebieten, in denen wir vertreten sind, haben wir noch ein großes Wachstumspotenzial. Unsere Personalausstattung ist auf dieses Wachstum ausgerichtet, weshalb wir uns vorwiegend auf die bestehenden Kernmärkte konzentrieren und dort die Marktanteile erhöhen möchten. Deshalb planen wir nicht, weitere Filialen zu eröffnen.

Börse Online: Macht eine Börsennotierung bei einer Bilanzsumme von weniger als einer Milliarde Euro und einer derzeitigen Marktkapitalisierung von 32,5 Millionen Euro Sinn - oder sind die Kosten dafür unverhältnismäßig hoch?
Lingel: Für uns macht es Sinn. Aus unseren Ergebnissen lässt sich ablesen, dass die Kosten vertretbar sind. Und über die Börsenfunktion sind wir nicht nur für Aktionäre, sondern vor allem auch für unsere Kunden transparent, so dass sie die Leistungsfähigkeit der MERKUR BANK selbst beurteilen können. Ich würde diesen Schritt wieder gehen, auch wenn aus unserer Sicht die aktuelle Börsennotierung nicht der Leistungsfähigkeit unseres Hauses entspricht.

Börse Online: Der Freefloat der Merkur-Bank-Aktie liegt zwischen 30 und 40 Prozent, das Papier ist dennoch oft illiquide oder es werden nur geringe Stückzahlen gehandelt. Was kann man tun, um die Börsenhandelsumsätze zu erhöhen?
Lingel: Wir versuchen ständig, unsere Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern, sind aber ein Nebenwert und notieren deshalb grundsätzlich auch an einem liquiditätsärmeren Markt. Aufgrund unserer Rendite und unserer Geschäftsausrichtung können wir aber sicher einen Teil kompensieren.

Börse Online: Wollen Sie grundsätzlich eigenständig bleiben oder kann eine Fusion mit einem anderen Kreditinstitut langfristig denkbar sein?
Lingel: Wir sind ein echtes, inhabergeführtes Familienunternehmen. Das zeichnet uns aus, denn wir leben die Werte eines Familienunternehmens - Vertrauen, Verlässlichkeit, Kontinuität und ein auf Langfristigkeit ausgerichtetes Wachstum. Aufgrund dieser Werte, die wir auch zukünftig fortführen werden, wird sich an unserer Gesellschafterstruktur auch in Zukunft nichts ändern.