Der neue Microsoft-Chef Satya Nadella ist um seinen Job nicht gerade zu beneiden. Als der langgediente Microsoftie im vergangenen Februar nach einer quälend langen Suche endlich die Nachfolge von Steve Ballmer antrat, galt der Konzern vielen als Tech-Dino. Manch einer sagte dem Unternehmen gar das Schicksal der Roten Riesen voraus - ein Gigant, der sich ausdehnt und dann mit einem riesigen Knall in sich zusammenfällt.

Jenseits von Redmond

Die wachsenden Zweifel an seiner Existenzberechtigung hatte sich der Konzern mit Sitz in Redmond im US-Bundesstaat Washington selbst zuzuschreiben. Zwar scheffelten die Amis dank ihrer Quasi-Monopole bei Betriebssystemen und dem Büropaket Office Quartal für Quartal Milliarden. Doch egal ob Smartphones, Tablets oder mobile Betriebssysteme - die wichtigen Innovationen für die Branche fanden meist jenseits von Redmond statt. Stattdessen Microsoft hechelte unter seinem bulligen Vorturner Steve Ballmer stets etwas unbeholfen hinterher.

Doch seit Nadella Basketball-Fan Ballmer abgelöst hat, herrscht Aufbruchstimmung im Riesenreich. Kurz nach seiner Berufung an die Konzernspitze hat Nadella dem Konzern endlich die überfällige Kurskorrektur verordnet. Seither lautet die Devise: Cloud first, mobile first.



Die Strategie geht bislang auf. Im abgelaufenen ersten Quartal des Geschäftsjahrs hat Microsoft den Umsatz um satte 25 Prozent auf 23,2 Milliarden Dollar gesteigert. Analysten hatten gerade 22 Milliarden Dollar erwartet. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn lag bei 65 Cents je Aktie und damit satte zehn Cents oberhalb der Prognosen.



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Lob von der Wall Street

Analysten waren entsprechend beeindruckt: "Das war ein weiterer Schritt in die richtige Richtung", urteilte etwa Daniel Ives von FBR Capital Markets. Nadella richte das Unternehmen konsequent auf die Cloud aus. Dies sei der nächste Wachstumstreiber, lobte Ives.

Tatsächlich läuft das Geschäft in der Datenwolke derzeit prima. Alleine mit der Cloud-Plattform Azure und dem webgestützten Office 365-Abo-Paket ging der Umsatz um satte 50 Prozetn auf 2,41 Milliarden Dollar nach oben. "Wie viele Unternehmen von der Größe Microsofts legen solche Zuwächse hin?", fragte Mark Moerdler, Analyst bei Sanford C. Bernstein denn auch verblüfft.

Natürlich kommt Microsoft derzeit eine Art selbst erzeugte Sonderkonjunktur zugute. Denn den Support für das reichlich betagte konzern-eigene Windows XP hat Microsoft unlängst eingestellt. Das hat die zuletzt sehr schleppende PC-Nachfrage weltweit angekurbelt und beschert dem Unternehmen nun schöne extra Erlöse.

Aber sonst macht der Konzern vieles richtig. Dies gilt auch in der Hardwaresparte. Mit den Smartphones, die nur noch wenige Wochen unter der Marke Nokia laufen werden, toppte Microsoft die Analystenprognosen ebenso wie mit seiner nach dem Start im vergangenen November zunächst darbenden Spielekonsole Xbox One. Auch die neue Version des Surface-Tablets feiert erste kleine Erfolge - wenn auch auf sehr niedrigem Niveau.

Natürlich liegt Microsoft beim Surface noch Lichtjahre hinter Apples iPad zurück. Und der Cloud-Anteil ist immer noch überschaubar im Vergleich zu den Konzern-Erlösen aus dem traditionellen Software-Verkauf. Aber Microsoft scheint endlich das nächste große Wachstumsthema gefunden zu haben. Das ist eine gute Botschaft - für die Mitarbeiter, Satya Nadella und die Aktionäre.



Auf Seite 3: Welche Perspektiven die Aktie bietet

Einschätzung der Redaktion

Die Microsoft-Aktie war lange genauso unsexy wie das Unternehmen. Doch seit Steve Ballmer seinen Abschied angekündigt hat, hoffen Investoren auf Besserung. So wie es aussieht zu Recht. Unter dem neuen Boss Satya Nadella hat der Konzern endlich wieder eine klare Wachstumsstrategie. Der aus dem indischen Hyderabad stammende Software-Ingenieur schreckt dabei auch vor unpopulären Entscheidungen nicht zurück. 18.000 Stellen werden gestrichen. Alleine im abgelaufenen Quartal hat das zu Belastungen von 1,1 Milliarden Dollar geführt.

Operativ kommt Microsoft ohnehin prima voran. Selbst im lange schlingernden Hardware-Geschäft gibt es Anzeichen für eine durchgreifende Verbesserung. Und das wichtige Weihnachtsquartal kommt erst noch. Vor den Feiertagen stehen Konsolen und Smartphones traditionell ganz oben auf den Wunschlisten. Da dürfte es also noch einigen Rückenwind geben. Dazu räumt der Konzern mit Office 365 vor allem bei Unternehmen weiter ordentlich ab. Ein Ende ist hier vorläufig nicht in Sicht.

Auch bei der Kommunikation mit den Kapitalmärkten hat Nadella Lernfähigkeit bewiesen. Statt mit aggressiven Ankündigungen Staub aufzuwirbeln und sich selbst zu stark unter Erfolgsdruck zu setzen, hält Nadella bei seinen Prognosen den Ball lieber flach - um den Ausblick dann zu übertreffen. Der legendäre Apple-Boss Steve Jobs hat dieses Spiel perfekt beherrscht. Nun schlägt Nadella einen ähnlichen Weg ein.

Die Microsoft-Aktie hat im laufenden Jahr bereits 20 Prozent zugelegt. Weitere Kursgewinne sind drin. Denn gemessen an den jüngsten Wachstumsraten ist die Aktie mit einem 2015-er KGV von 16,6 weiter attraktiv bewertet. Dazu läuft das Aktienrückkauf-Programm im Gesamt-Volumen von 40 Milliarden Dollar kontinuierlich weiter. Alleine im ersten Quartal hat der Konzern Papiere im Wert von 4,6 Milliarden Dollar eingesammelt. Das sichert die Aktie nach unten ab.

Auch charttechnisch ist alles im grünen Bereich. Die Aktie befindet sich in einem stabilen Aufwärtstrend. Kurzfristig ist ein Test des jüngsten Hochs bei 47,57 Dollar wahrscheinlich. Sollte das fallen, sind weitere Kursgewinne drin. Wir sehen ein Kursziel von 42 Euro. Stopp: 32 Euro. Kaufen.