Erst vor einem Jahr hatte Microsoft-Boss Nadella angekündigt, weltweit rund 18.000 Stellen zu streichen. Es war der bislang größte Jobabbau in der Konzerngeschichte. Gestern packte Nadella erneut die Sense aus. Dies Mal trifft es vor rund zwei Jahren von Nokia übernommene Handy-Sparte. Nach den Plänen sollen in den nächsten Monaten weitere 7800 Stellen bei den Smartphones wegfallen. Und weil Nadella schon dabei ist, wird die umstrittene Übernahme gleich komplett abgeschrieben. 7,6 Milliarden Dollar sind damit futsch.

Nun setzt der aus dem indischen Hightech-Mekka Hyderabad stammende Nadella das nächste Zeichen. Seit heute Abend schickt Microsoft für Office-365-Kunden sein neues Office-Paket um Word, Excel und Co. zum Download an den Start - zuerst für den Mac, nicht für die hauseigene Windows-Plattform.

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Der lange Windows-Schatten



Der Schritt markiert eine weitere Zeitenwende. In den vergangenen gut 20 Jahren hat der größte Softwarekonzern der Welt sein Büropaket regelmäßig erst für die Windows-Plattform veröffentlicht. Gut 12 bis 15 Monate später folgte dann die Mac-Version. Nur ein einziges Mal war es umgekehrt - zur Premiere 1989. Office 1.0 kam damals zunächst für den Mac, 1990 dann für Windows. Danach waren die Prioritäten klar: Windows first, dann erst der Mac.

Aber mit dem Wechsel an der Konzernspitze vom bulligen Marketing-Mann Steve Ballmer zum leisen Elektro-Ingenieur Satya Nadella weht nun ein neuer Wind in der Zentrale in Redmond bei Seattle. "Wir bringen die Software dann auf den Markt, wenn sie fertig ist", sagt der für das Office-Geschäft in Deutschland zuständige Microsoft-Manager Thorsten Hübschen.

Tatsächlich hat sich der Konzern für die neueste Mac-Version dies Mal ordentlich Zeit gelassen. Die bislang aktuelle Version Office für Mac 2011 kam im Oktober 2010 auf den Markt. Das aktuelle Office-Paket für Windows feierte 2013 Premiere. Die wichtigste Erweiterung damals: Die komplette Integration von Microsofts konzern-eigenem Cloud-Dienst OneDrive. Mac-User mussten dagegen erst mal ohne die volle Cloud-Integration auskommen, was viele in die Arme neuer Anbieter wie Dropbox trieb.

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Wichtige Neuerungen in Office 2016



Die lästige Cloud-Konkurrenz soll nun endgültig überflüssig werden. Denn mit Office 2016 für Mac werden OneDrive und die Profiversion OneDrive for Business sowie die Anbindung an die Kollaborationslösung SharePoint nun auch direkt in der Mac-Version verankert.

Aber das ist noch nicht alles. Während die Office-Versionen für Mac und Windows in den vergangenen Jahrzehnten stets ihr Eigenleben führten, samt unterschiedlicher Menüs und damit die Nerven vieler Windows- (Büro) und Mac- (zu Hause) User unnötig strapazierten, soll nun alles besser werden. Die Software-Basis beider Plattformen sei "fast identisch", die Bediener-Oberfläche ebenso und auch die Shortcuts, also nützliche Tastaturbefehle für wiederkehrende Funktionen, seien nun endlich einheitlich, versichert Microsoft-Manager Hübschen. Microsoft habe "Office 2016 für Mac komplett neu erfunden und eine integrierte und vernetzte Produktivitätslösung entwickelt, die die Zusammenarbeit in Teams und das mobile Arbeiten deutlich besser unterstützt als bislang."

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Der De-facto-Standard



Schön wär’s. Immerhin ist Office der De-facto-Standard bei Büroanwendungen. Marktforschern zufolge arbeiten hierzulande neun von zehn Beschäftigten mit Microsoft Office. Inzwischen dürfte es alleine in Deutschland rund 20 Millionen Installationen des Büropakets geben. Cloud-Alternativen wie Google Docs fristen dagegen ein Nischendasein.

Während bei Konzernen nahezu ausschließlich die PC-Version von Office im Einsatz ist, setzen viele Mittelständler wie Ärzte, Architekten oder Werbeagenturen auf MacOffice. Auch unter Studenten ist die Suite stark verbreitet.

Neben Word (Textverarbeitung), Excel (Tabellenkalkulation), Powerpoint (Präsentationen) und Outlook (Kalender, Mail) liefert Microsoft Office 2016 für Mac nun standardmäßig auch mit der Notizbuch-Software OneNote aus. Sie war bislang als separate Anwendung für Mac, iPhone oder iPad erhältlich. Zum Start haben nur Kunden von Office 365 Zugriff auf das neue Angebot. Die Kaufversion soll im September folgen. Die Windows-Version von Office 2016 ist für das laufende Jahr geplant. Einen konkreten Starttermin gibt es dazu allerdings noch nicht.

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Warum Office für den Konzern so wichtig ist



Für Microsoft markiert das laufende Jahr einen wichtigen Einschnitt. Neben Office bringt der Konzern Ende Juli auch noch Windows 10 auf den Markt. Beide Produkte stehen für gut drei Viertel des Konzern-Umsatzes und für 90 Prozent des Gewinns.

Ein Selbstläufer werden die neuen Versionen aber nicht. Denn die PC-Nachfrage geht nach einem Zwischenhoch im Vorjahr weltweit wieder zurück. Den Trend zu mobilen Endgeräten haben die Amis fast komplett verschlafen und hecheln dem Boom bei Tablets und Smartphones jetzt hinterher. Mit den neuen Versionen und deutlich erhöhter Sicherheitsfeatures vor allem in Windows liefert Microsoft nun neue Kaufanreize - und Entwicklern einen Grund mehr, wieder für Windows zu programmieren. Schließlich sollen mit Windows 10 alle Anwendungen erstmals plattform-übergreifend laufen - vom PC über das Tablet bis hin zum Smartphone. Das klingt verlockend.

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Unser erster Eindruck



Microsoft hat seit April eine kontinuierlich verbesserte Preview-Version des neuen Office 2016-Pakets zum Download bereitgestellt. Wir haben die jeweiligen Versionen auf einem MacBook installiert und waren durchaus angetan. Die Suite sieht schicker aus und lädt gefühlt auch schneller als die Vorgänger-Version. Neben der Cloud-Anbindung gibt es weitere erkennbare Verbesserungen, wie einen Vorschau-Modus in Powerpoint oder neue Chartformate.

Einziger Wermutstropfen für uns bislang: Das neue Outlook, das Microsoft schon vor dem Review-Start als Einzelversion zum Download-Test angeboten hatte, setzt mindestens Exchange Server 2010 voraus. Da müssen wir leider passen.


Zum Autor:

Thomas Schmidtutz ist Chefredakteur von www.boerse-online.de. Der Wirtschaftsjournalist schreibt seit der Jahrtausendwende über die neuesten Trends in der IT-Szene, und dabei vor allem über SAP, Microsoft und Co. Außerdem kümmert sich der gebürtige Hesse schwerpunktmäßig um die deutschen Autobauer, Konjunkturthemen - und derzeit besonders intensiv um die Hellas-Krise.