Der teure Umbau der Erstversicherungstochter Ergo verhagelt der Munich Re das ganze Jahr. Der weltgrößte Rückversicherer rechnet mit einem Gewinneinbruch um ein Viertel auf 2,3 Milliarden Euro, obwohl er im Kerngeschäft bisher kaum für Großschäden aufkommen musste. Doch der Stellenabbau bei der Düsseldorfer Ergo und ein Investitionsprogramm verschlingen viel Geld. Wegen der schwachen Aktienmärkte zu Jahresbeginn kann der Konzern das nicht wettmachen. "Die Gewinneinbußen im ersten Quartal dämpfen unseren Optimismus für das Jahresergebnis", sagte Finanzvorstand Jörg Schneider am Dienstag in München. Er hatte bisher für 2016 noch auf einen Gewinn von bis zu 2,8 Milliarden Euro gehofft.

In den ersten drei Monaten brach dieser aber unerwartet stark um 45 Prozent auf 436 Millionen Euro ein. Das machte die Munich Re-Aktie mit einem Minus von zwei Prozent zu einem der wenigen Verlierer im Leitindex Dax. "Ergo ist eine Dauerbaustelle", sagte Marktanalyst Heino Ruland vom Brokerhaus ICF. Sobald der Umbau abgeschlossen sei, werde das Rückversicherungsgeschäft wieder stärker positiv auf die Bilanz durchschlagen.

Die Nummer drei der Branche, Hannover Rück, hielt den Gewinn im ersten Quartal dagegen überraschend mit 271 (279) Millionen Euro fast stabil, obwohl auch bei ihr die Beiträge schrumpften. Die Aktie sprang um 3,7 Prozent, weil das deutlich über den Erwartungen lag. Das Quartal sei ein "guter erster Schritt", um den angepeilten Gewinn von 950 Millionen Euro in diesem Jahr zu erreichen, sagte Finanzvorstand Roland Vogel. Analysten erwarten allerdings erneut einen Milliardengewinn. Branchen-Vize Swiss Re hatte im ersten Quartal einen Gewinnrückgang um 15 Prozent auf 1,23 Milliarden Dollar verbucht.

NICHT MEHR AN DER LANGEN LEINE



Die Munich Re-Tochter Ergo erwartet in diesem Jahr erneut rote Zahlen. Im ersten Quartal schrieb der zweitgrößte deutsche Erstversicherer bereits einen Verlust von 25 (Vorjahr: plus 102) Millionen Euro. Darin sind die Kosten noch gar nicht eingerechnet, die sich aus der Strategie ergeben, die der neue Ergo-Chef Markus Rieß Anfang Juni vorstellen will. Ergo wieder fit zu machen, werde zu einer "sehr erheblichen Ergebnisbelastung führen", warnte Schneider. Bisher hatte er - ohne die Umbau-Kosten - 250 bis 350 Millionen Euro Gewinn von der Tochter einkalkuliert. Ergo war lange Jahre an der langen Leine geführt worden, bis die Muttergesellschaft Rieß nach Düsseldorf schickte.

Der Fehlstart in das Jahr an den Aktienmärkten brockte der Munich Re Einbußen bei den Kapitalanlagen ein. Sie warfen im ersten Quartal nur noch 1,57 (1,82) Milliarden Euro ab. Mit 2,7 Prozent lag die Kapitalanlagerendite unter der Zielmarke von drei Prozent. Schneider hat das Ziel für das Gesamtjahr aber noch nicht abgeschrieben. Hannover Rück kam auf 2,9 Prozent.

Dabei läuft es im Kerngeschäft der Rückversicherer besser als gedacht. Bis April waren kaum Großschäden zu verkraften, bei der Munich Re fielen auch noch Altfälle günstiger aus als gedacht. Doch das Bild hat sich geändert: Das jüngste Erdbeben in Japan dürfte den Branchenführer einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag kosten, die verheerenden Waldbrände in Kanada voraussichtlich sogar mehr als 100 Millionen Euro.

ZWEISCHNEIDIGES SCHWERT



"Jetzt ist Schluss mit der absoluten Ruhe", sagte Schneider. Für die Rückversicherer sind Großschäden ein zweischneidiges Schwert: Einerseits kosten sie Geld, andererseits beleben sie das Geschäft. Seit vier Jahren habe es keine großen Katastrophen gegeben. "Irgendwann verdirbt das die Preise. Da können sie noch so gegenhalten", sagte der Finanzvorstand. Bei den Verhandlungen über Vertragserneuerungen im April - vor allem für Asien - seien die Preise nur noch um 1,5 Prozent gesunken. Hannover Rück und Munich Re zeichneten deutlich mehr Neugeschäft.

An der Ausschüttung will Schneider trotz der eingetrübten Gewinnaussichten keine Abstriche machen. Für 2015 hatte er 2,3 Milliarden Euro in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre ausgezahlt. Selbst wenn der Gewinn in diesem Jahr noch etwas darunter liege, sei eine zumindest stabile Dividende garantiert und der nächste Aktienrückkauf über eine Milliarde Euro nicht in Gefahr. Die Munich Re habe immer noch mehr Kapital als sie für das operative Geschäft brauche.

Reuters