Wer vor zwei Jahren Heineken-Aktien gekauft hat, dürfte einen schweren Kater haben: Der Kurs ist seither nicht vorangekommen, obwohl die europäischen Märkte haussierten. Besser dagegen entwickelte sich die Tochter Heineken Malaysia. Deren Kurs zog in 24 Monaten um gut 30 Prozent an.

Noch deutlicher wird es bei LafargeHolcim. Während die Aktien des Baustoffkonzerns in den vergangenen beiden Jahren stagnierten, stiegen die Titel von Holcim Argentina um das Sechsfache.

Über solche Renditeperlen freut sich Fondsmanager Axel Krohne. Er verwaltet den AvH Emerging Markets Fonds, der gut ein Fünftel seines Portfolios in exotische Töchter von Weltkonzernen investiert. Diese meistens nur regional tätigen, aber separat börsennotierten Konzernteile hätten den Vorteil, "dass sie in Ländern sind, in denen die Bevölkerung und das Bruttosozialprodukt generell stark wachsen", schwärmt er. Krohne hat gut 50 Töchter von internationalen Konzernen identifiziert, die teils Eigenkapitalrenditen von über 100 Prozent aufweisen.



Tatsächlich haben auf lange Sicht die Aktien von Holcim Argentina, Heineken Malaysia, Nestlé Nigeria oder Chevron Lubricants die Titel ihrer mächtigen Mütter an der Börse abgehängt. Nestlé Nigeria schaffte von 2002 bis heute eine jährliche Rendite von 21 Prozent, Nestlé Pakistan gar 29 Prozent. Die Konzernmutter Nestlé kam von 1997 bis 2017 im Schnitt nur auf ein Plus von zwölf Prozent. "Die Töchter gefallen an der Börse besser als die Mütter", sagt auch Fondsmanager Balthasar Meier vom Schweizer Vermögensverwalter WM Partners. Mit seinem WMP Emerging Markets Established Leaders Fund setzt er ausschließlich auf Tochtergesellschaften und lokale Joint Ventures globaler Konzerne in Schwellenländern.

Vor allem in puncto Flexibilität und Dynamik seien die Töchter den Müttern weit voraus. Zudem hätten sie bessere Erfolgsperspektiven, weil sie in Wachstumsmärkten tätig seien - wie eben Malaysia oder Nigeria.

Darüber hinaus bietet die Rückendeckung durch einen globalen Konzern Vorteile. Bei der Planung, beim Einkauf und beim Marketing ergeben sich viele Synergien. Und wenn es schlecht läuft, steht die mächtige Mutter notfalls mit einer Finanzspritze bereit. Pleiten der prominenten Töchter sind nahezu ausgeschlossen.

Gerade Konsumaktien haben eine rosige Zukunft in den Schwellenländern. Je wohlhabender die Menschen dort werden, desto mehr orientieren sie sich am Konsumverhalten in den westlichen Ländern. In Indien etwa wächst der Verbrauch von Zahnpasta und Maggi-Suppen um gut 20 Prozent pro Jahr. Und in China hat sich der Bierabsatz in zwei Jahrzehnten mehr als verfünffacht.

Aber auch in anderen Branchen wie der Zementindustrie, dem Ölgeschäft und bei Banken gibt es Mütter-Töchter-Kombinationen. So hat Lafarge mehrere börsennotierte Ableger in Marokko, Sambia, Simbabwe, Jordanien und Bangladesch. Die Konstruktionen gehen zurück bis in die Kolonialzeit, weiß Fondsmanager Krohne. Damals konnten Konzerne dort nur expandieren, wenn sie einen lokalen Partner hatten.

Eine besonders lange Tradition haben die Emerging-Markets-Töchter der Nahrungsmittelgiganten. Nestlé ist seit 1920 in Indonesien vertreten. Maggi wird dort als indonesische Marke gesehen. Ähnliches gilt für die Knorr-Konkurrenzprodukte von Unilever. Der Konzern ist seit über hundert Jahren in Indien präsent.

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Risiko Produktqualität



Allerdings gibt es auch besondere Risiken, denn die Regierungen sehen Konzerntöchter wie Produkte keineswegs immer als einheimisch an. Hier laufen schnell Kampagnen an, wenn ein Unternehmen mit ausländischer Mutter Probleme mit der Produktqualität hat. Nestlé India etwa litt 2015 stark unter der Maggi-Krise. Die beliebten Nudeln der Marke waren wegen angeblicher Belastung mit Schwermetallen - vor allem Blei - für fünf Monate vom Markt genommen worden. Inzwischen ist das jedoch Geschichte. Allein im abgelaufenen Quartal steigerte Nestlé India den Gewinn um 23 Prozent.

Neben der höheren Flexibilität und Dynamik verfügen die exotischen Töchter über einen weiteren Trumpf: die niedrige Bewertung. "Warum soll ich mir Chevron mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)von über 20 kaufen, wenn Chevron Lubricants in Sri Lanka um die Hälfte billiger ist und eine doppelt so hohe Dividende hat", fragt sich Fondsmanager Krohne. Auf der Acatis-Konferenz in Frankfurt stellte der "Value-Extremist" einige beeindruckende Familienvergleiche an. So komme British American Tobacco (BAT) auf ein KGV von über 15 und eine Dividendenrendite von drei Prozent, während die jamaikanische Tochter Carreras ein KGV von zehn und eine Dividendenrendite von zehn Prozent aufweise. Ähnlich sehe es bei Crédit Agricole aus. "Die französische Mutter hat ein KGV von 17, die Tochter in Ägypten gerade mal die Hälfte", sagte Krohne.

Mit den bekannten Konsummarken Nestlé, Unilever oder Heineken könnten sich auch risikoscheue Anleger in Emerging Markets vorwagen. Sie kaufen Namen, die sie kennen und die eine hohe Reputation haben. Das einzige Problem: Die meisten exotischen Töchter sind in Deutschland und Europa schwer handelbar. Die Anzahl der Börsenplätze ist begrenzt, und wegen geringer Umsätze sind die Geld-Brief-Spannen oft unanständig.

Wer in Nestlé India oder Chevron Lubricants investieren will, sollte daher an den Börsen vor Ort handeln können oder gleich auf die entsprechenden Fonds setzen. Deren Performance kann sich sehen lassen. WPM brachte es in den vergangenen fünf Jahren trotz zeitweiliger Verwerfungen in den Schwellenländern auf eine Rendite von 23 Prozent. Der Anfang 2015 aufgelegte AvH Emerging Markets Fonds UI hat ein Plus von rund 25 Prozent eingefahren. "Ich gehe da hin, wo andere Leute nicht hingehen", sagt Manager Krohne. Gerade "ineffiziente Aktienmärkte und niedrige Liquidität eröffnen attraktive Investmentmöglichkeiten".

Man muss freilich nicht nur in den Emerging Markets nach erfolgreichen Töchtern suchen. Auch in Europa entwickeln sich die Töchter besser als die Mütter. So hat sich der Kurs der abgespaltenen Wacker-Chemie-Tochter Siltronic im TecDAX auf Einjahressicht mehr als vervierfacht. Die Titel der Mutter kamen im selben Zeitraum "nur" auf ein Plus von knapp 70 Prozent.

In Griechenland gibt es sogar die bessere Coca-Cola-Aktie: Coca-Cola HBC (das Kürzel steht für Hellenic Bottling Company). Die Titel des hierzulande gut handelbaren Brauseabfüllers gewannen auf Jahressicht gut 55 Prozent und sind mittlerweile recht teuer. Die mächtige Konzernmutter brachte es im selben Zeitraum nur auf ein mickriges Plus von vier Prozent. Manche Töchter können es eben besser als ihre Mütter.