Mit Nestlé-Aktien verhält es sich genauso wie Nestlé-Produkten: Es kann nie schaden, wenn man ein paar von ihnen auf Lager hat. Ein Wertpapier im Depot erfüllt den gleichen Zweck wie eine Flasche Wasser im Kühlschrank: Es dient als sinnvolle Beimischung. Das verspricht zwar keine große Überraschungen, aber eben auch keine großen Enttäuschungen. Man weiß, worauf man sich einlässt.

Wer die Nestlé-Aktie kauft, sollte eher mit moderaten Kursgewinnen statt mit rasanten Wachstumssprüngen rechnen. Das ist aber kein Drama, denn die Dividendenrendite liegt bei ordentlichen 3,3 Prozent. Das kann ein wenig für die unauffällige Performance entschädigen. Wegen der hohen Ausschüttungsquote und der niedrigen Volatilität sehen viele Experten in Nestlé ein Basisinvestment, das sich vor allem für Langfristanleger eignet.

Zuletzt geriet das Papier allerdings heftig ins Taumeln. Mitte Januar hatte die Schweizer Nationalbank (SNB) überraschend angekündigt, den vor mehr als drei Jahren eingeführten Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufzuheben. Die Entscheidung sorgte für heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten. Der Schweizer Leitindex SMI stürzte innerhalb von zwei Tagen von 9.259,19 auf 7.899,5 Punkte ab - ein Verlust von 14,7 Prozent. Im Sog der Ereignisse brach auch die Nestlé-Aktie ein und fiel von 74,50 auf 64,80 Franken - ein Minus von 13 Prozent. In Euro dagegen legte der Kurs von 61,95 auf 65,33 Euro zu - ein Plus von 5,5 Prozent.

Inzwischen ist wieder ein wenig Ruhe eingekehrt. Das ist allerdings nicht nur der Erholung des Franken zu verdanken, sondern auch den Aussagen von Experten. Nach Einschätzung von Max Otte, zum Beispiel, sollten sich Anleger nicht zu viele Sorgen wegen des SNB-Entscheids machen. Die Freigabe des Franken sei zwar "schlecht für die exportierenden Produzenten", weil die inländischen Kosten steigen dürften, dennoch hätten viele Unternehmen globale Produktionsketten und dürften in der Lage sein, den Kostenschock "ganz gut abzufedern". Das trifft definitiv auch auf den Nestlé-Konzern zu, der kaum direkt aus der Schweiz heraus exportiert und fast 98 Prozent seiner Umsätze im Ausland erzielt.

Insgesamt sieht Otte "keine großen negativen Auswirkungen auf die großen globalen schweizerischen Standardtitel". Vielmehr könnten sich Anleger ein Beispiel am Pensionsfonds Norwegens nehmen. Der mit einem verwalteten Vermögen von fast einer Billion Dollar größte Staatsfonds der Welt sei neben Apple und Royal Dutch Shell vor allem in die Schweizer Riesen Novartis, Roche und Nestlé investiert - und habe mit seiner Strategie in den vergangenen Jahrzehnten stetige Wertzuwächse erzielt.

Im Falle von Nestlé liest sich das wie folgt: In den vergangenen fünf Jahren belief sich das Kursplus der Aktie auf Euro-Basis auf 92 Prozent. Damit wurde der Schweizer Leitindex SMI, der im gleichen Zeitraum 33 Prozent zulegte, locker geschlagen.

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Womit Analysten rechnen

Ob das Papier künftig eine ebenso gute Performance erzielt, bleibt fraglich. Einen Vorgeschmack könnte die Jahresbilanzpressekonferenz am 19. Februar liefern. Es ist gut möglich, dass die Zahlen für das Geschäftsjahr 2014 enttäuschend ausfallen werden und das Management die Prognose kappt.

Von Reuters befragte Analysten rechnen mit einer Umsatzsteigerung von 5,9 Prozent auf 25,206 Milliarden Franken im vierten Quartal 2014. Für das Gesamtjahr erwarten die Experten einen Erlösrückgang von 0,8 Prozent auf 91,430 Milliarden Franken und ein Gewinnplus von 3,3 Prozent auf 10,345 Milliarden Franken. Der verwässerte Gewinn je Aktie soll von 3,12 auf 3,25 Franken zulegen und die Dividende je Aktie von 2,15 auf 2,25 Franken erhöht werden.

Insgesamt fallen die Meinungen der Experten zur Aktie sehr gemischt aus. Laut Bloomberg stimmen 35,1 Prozent für "Buy", 45,9 Prozent für "Hold" und 18,9 Prozent für "Sell". Das durchschnittliche Konsensrating der Einschätzungen der vergangenen 12 Monate beläuft sich auf 3,38, was einem "Hold" entspricht.

Zu den Skeptikern gehört Goldman Sachs. Die US-Großbank rät dazu, die Aktie zu verkaufen, weil die Konsumgüterhersteller unter schwachem Wachstum in den Schwellenländern und einer Stagnation in den Industrieländern litten. Zudem lägen die Bewertungen nur knapp unter ihren Rekordhochs.

Weniger skeptisch äußert sich Independent Research. Die Analysten attestieren Nestlé zwar ebenfalls eine relativ hohe Bewertung und daher nur begrenztes Aufwärtspotenzial. Allerdings sehen sie auch Vorteile durch die "attraktive" Dividendenrendite und die Aktienrückkäufe, die den Kurs ihrer Einschätzung nach "nach unten absichern" sollten. Daher empfehlen sie das Papier als Halteposition.

Überwiegend positiv dagegen beurteilt JPMorgan die Aktie. Die US-Großbank hat nach der Franken-Freigabe zwar ihre Schätzung für das Ergebnis je Aktien in 2015 um 14 Prozent gesenkt, dennoch ist sie der Meinung, Nestlé dürfe sich weiterhin "überdurchschnittlich" entwickeln - im Gegensatz zur Branche, deren Wachstum "schwierig" bleibe. Die Empfehlung lautet daher "Overweight".

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Was BÖRSE ONLINE empfiehlt

Wer sich unsicher ist, ob sich ein Investment in Nestlé lohnen könnte, sollte einen Blick auf den Aktienkurs werfen. So stieg das Papier des Lebensmittelherstellers von 1990 bis heute um 730 Prozent. Pro Jahr macht das ein Plus von 8,8 Prozent. Hätten Anleger die ausgeschüttete Dividende regelmäßig wieder in die Aktie investiert, läge die Rendite im Schnitt sogar bei 11,4 Prozent.

Sicher, die Aktie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21,5 für das Geschäftsjahr 2015 kein Schnäppchen. Dennoch wiegen hier die Vorteile der hohen Dividendenrendite und die Aktienrückkäufe schwerer. Beide Faktoren dürften dafür sorgen, dass der Kurs mindestens stabil bleibt.

Zudem ist Nestlé als Weltmarktführer exzellent aufgestellt. In den entwickelten Märkten punktet der Konzern mit solidem Brot- und Buttergeschäft, in den Schwellenländern ist das Unternehmen ebenfalls stark präsent. 2013 wurde 36,3 Prozent des Umsatzes durch Fertiggerichte und Produkte für die Küche erzielt, 26,9 Prozent durch Getränke, 18,5 Prozent durch Milch-, Diätetikprodukte und Speiseeis, 8,9 Prozent durch Schokoladen und Süßwaren und 7,8 Prozent durch Tiernahrung. Künftig dürften auch neue Schlankheitsprodukte ihre Umsatzanteil ausbauen.

Die Freigabe des Franken durch die SNB könnte zwar die inländischen Produktionskosten für Nestlé in die Höhe treiben. Auf der anderer Seite kann das Unternehmen im Ausland günstiger einkaufen.

Unterm Strich bestätigt BÖRSE ONLINE seine Kaufempfehlung. Das Risiko eines Investment dürfte moderat bleiben. Für Anleger, die auf der Suche nach einem stabilen, dividendenstarken Titel sind, ist Nestlé genau das richtige.

Kursziel: 80,00 Euro

Stoppkurs: 53,50 Euro