Im April sah es noch so aus als ob die Aktie der Novartis AG (WKN: 904278, 79,70 Schweizer Franken) die Jagd auf den aus dem Jahr 2006 stammenden Rekord von rund 77 Franken abblasen müsste. Denn die am 24. April vorgelegten Zahlen für das erste Quartal waren maximal durchschnittlich ausgefallen und die Notiz reagierte darauf mit leichten Abschlägen. Unter dem Strich wies der Schweizer Pharmakonzern zwar ein Gewinnplus von 23 Prozent auf 2,94 Milliarden Dollar aus, doch darin enthalten war ein Vorsteuerertrag von 900 Millionen Dollar aus dem Verkauf der Sparte für Bluttransfusionsdiagnostik an Grifols. Außerdem hatten Analysten mit 3,05 Milliarden Dollar gerechnet und beim Umsatz mit 14,22 Milliarden Dollar. Der Nettoumsatz kam aber nur leicht um ein Prozent auf 14 Milliarden Dollar voran. Somit wurden auch beim Umsatz die Prognosen leicht verfehlt. Belastet wurde die Entwicklung dabei von negativen Währungseffekten und der Konkurrenz durch Generikaprodukte.

Doch die Enttäuschung darüber war schnell verflogen und inzwischen hat die Notiz sogar neue Rekordhöhen erklommen. Für positiven Rückenwind sorgte das im Pharmasektor grassierende Fusionsfieber, das auch von Novartis selbst mit angeheizt wird. Denn die Gesellschaft will seine Tierfuttersparte an Eli Lilly und den Impfstoffbereich an GlaxoSmithKline abgeben, dafür im Gegenzug von GlaxoSmithKline das Krebsmedikamentengeschäft übernehmen. Außerdem gründen Novartis und GSK ein Joint Venture für rezeptfreie Medikamente.

Alles zusammen genommen haben diese Transaktionen ein Volumen von mehr als 25 Milliarden Dollar. Die Maßnahmen sind vor dem Hintergrund eines ebenfalls angekündigten tiefgreifenden Konzernumbaus zu sehen. Das seit rund einen Jahr verfolgte Ziel des Unternehmens ist es, sich auf die hauseigenen Stärken zu konzentrieren und sich in Zukunft auf die drei Kernbereiche mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, Augenheilkunde und Generika zu fokussieren. Die Geschäfte mit Impfstoffen, Tiermedikamenten und freiverkäuflichen Arzneimitteln sollen deshalb entweder verkauft oder ausgelagert werden.

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Börse setzt auf höhere Margen und höhere Dividenden

An der Börse kommt das auch deshalb an, weil Novartis mit der neuen Ausrichtung künftig höhere Margen zugetraut werden. Daran glaubt auch Vorstandschef Joe Jimenez, der für die nächsten fünf Jahren kontinuierlich steigende Gewinnspannen in Aussicht stellt. Weil man breiter als Roche aufgestellt sei, werde man aber nicht so hohen Margen erreichen wie der Wettbewerber. Die Marktteilnehmer setzen außerdem auf langfristig weiter steigende Ausschüttungen. Das spricht für die Fortsetzung einer aus Anlegersicht schönen Tradition. Denn Novartis hat schon von 1987 bis 2012 die Dividende im Schnitt um 11,8 Prozent p.a. erhöht. Auch aktuell wirft der Titel trotz Rekordkurse immerhin noch eine Rendite von gut drei Prozent ab.

Einige Analysten haben vor diesem Hintergrund jüngst ihre Kursziele erhöht. So hält Jefferies jetzt Kurse von 87 Franken nach bisher 78 Franken für vertretbar, Société-Générale hat die Vorgabe von 86 Franken auf 90 Franken angehoben. 90 Franken lautet auch die Zielvorgabe bei JP Morgan und die UBS hat das Kursziel sogar von 80 Franken auf 95 Franken erhöht. Die zuständige Analystin Alexandra Hauber schraubte auch ihre Schätzungen für den Kerngewinn 2018 um 15 Prozent nach oben und verwies zur Begründung neben den Portfolio-Veränderungen auch auf positive Studiendaten für das Mittel LCZ 696 zur Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz. Denn beides zusammen dürfte den neben Roche größten europäischen Pharmakonzern zum am schnellsten wachsenden europäischen Branchenvertreter neben Novo Nodisk machen.

Auf Seite 3: Gute Wachstumsaussichten und viel versprechendes Chartbild

Gute Wachstumsaussichten und viel versprechendes Chartbild

Allerdings haben die jüngsten Nachrichten auch nicht alle Analysten zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Reserviert bleiben mit Kurszielen von 77,00 Franken und 77,50 Franken Goldman Sachs und die Deutsche Bank. Morgan Stanley hält sogar nur 74,00 Franken für gerechtfertigt und Analystin Amy Walker begründet dies mit der Annahme, dass nun schon viel Gutes in den Kursen steckt und zunächst nicht mit weiteren Katalysatoren zu rechnen sei. Damit spielt Walker indirekt auch auf die Bewertung des Unternehmens an. Auf Basis des für 2014 laut Börse Online-Datenbank erwarteten Gewinns je Aktie von 4,19 Franken errechnet sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19,0. Wenn wie ebenfalls erwartet das Ergebnis je Aktie im kommenden Jahr auf 5,68 Franken steigt, würde sich diese Kennziffer auf 14,00 verringern.

Letztlich ist die Bewertung damit als durchschnittlich einzustufen. Wie die Rekordkurse zeigen, finden viele Anleger aber noch immer Gefallen an dem Unternehmen. Das Interesse wird auch von Aussagen von Jimenez geschürt, nach denen der Firmenboss seine Gesellschaft nun gut aufgestellt sieht, um über die nächsten zehn Jahre Wachstum zu garantieren. In diesem Jahr soll dabei ein Umsatzwachstum im tiefen bis mittleren einstelligen Prozentbereich herausspringen und der operative Gewinn über dieser Rate zulegen. Außerdem verdient die Novartis-Aktie nach seiner Einschätzung dank der guten Aufstellung einen Bewertungsaufschlag gegenüber dem Branchenschnitt von rund 20 Prozent.

Auf Seite 4: Fazit

Fazit: Als Vorstandschef muss Jimenez natürlich die Werbetrommel rühren, aber mit der Einschätzung, dass es sich bei Novartis um einen Qualitätstitel handelt, hat er Recht. Langfristig orientierte Investoren sind mit dem Wert gut bedient, sofern sie keine Wunderdinge erwarten sondern mit einer jährlichen Rendite von knapp zehn Prozent inklusive Dividenden zufrieden sind. Neben einer fundamental guten Verfassung spricht auch das prozyklische charttechnische Kaufsignal, welche die Aktie mit den neuen Rekordkursen in den vergangenen Tagen erst ausgelöst hat.